Wissenschaftler entdecken grosse Polynya | Polarjournal
Im Mai 2020 wurde erstmals eine 3.000 Quadratkilometer große Polynya nördlich von Ellesmere Island beobachtet. Der Riss bildete sich in der ‘Last Ice Area’, die voraussichtlich die letzte Bastion des Meereises in der sich erwärmenden Arktis sein wird. (Foto: NASA EOSDIS Worldview)

Im Mai 2020 öffnete sich für zwei Wochen ein 3.000 Quadratkilometer grosses Loch in der ‘Last Ice Area’, einem Millionen Quadratkilometer großen Meereisfläche nördlich von Grönland und Ellesmere Island, eine sogenannte Polynya. Dies sind natürliche Öffnungen, die sich an Orten bilden, die normalerweise mit Eis bedeckt sind. Diese Polynya wurde aber in einer Region nördlich von Kanadas Ellesmere Island gesichtet bei dem bis heute angenommen wurde, dass dieser Ort immun gegen solche Ereignisse ist.

Die Bildung dieser Polynya war aufgrund ihrer Lage vor der Küste von Ellesmere Island ungewöhnlich, da das Eis bis zu fünf Meter dick ist. Auf seinem Höhepunkt war die Polynya 100 Kilometer lang und 30 Kilometer breit. Wie der neue Bericht hervorhebt bildete sich die Polynya während einer Episode extremer Winde. 

Laut der neuen Studie, welche in Geophysical Research Letters veröffentlicht wurde, handelt es sich um „voraussichtlich die letzte Region, die ihr mehrjähriges Eis verliert“. Die ‘Last Ice Area’ beherbergt das dickste und älteste Eis der Arktis, das an einigen Stellen über 5 Meter dick werden kann. Es steht in starkem Kontrast zum Rest der Arktis, wo altes, dickes Meereis durch wärmere Temperaturen fast vollständig ausgelöscht wurde.

Nördlich von Grönland und Ellesmere Island ist das Eis bis 5 Meter dick. Noch nie zuvor wurden in dieser Gegend Polynyas registriert. (Grafik: Google Earth/Heiner Kubny)

Die neue Studie zeigt zudem, dass die Region nördlich von Ellesmere Island möglicherweise nicht so widerstandsfähig gegenüber dem Klimawandel ist, wie bisher angenommen.

Es wird befürchtet, dass dies ein wiederkehrendes Ereignis wird. Regelmässige Polynyas in der ‘Last Ice Area’ könnten eine Rückkopplungsschleife in Gang setzen, in der das Vorhandensein von dünnerem Eis es den Polynyas zunehmend erleichtert, sich zu bilden und mit der Zeit größer zu werden. 

Polynyas entstehen hauptsächlich auf zwei Wegen: Das Eis wird entweder aus der Region geblasen oder schmilzt und bildet das Loch. Sie neigen dazu, sich Jahr für Jahr an denselben Orten zu bilden und wachsen typischerweise in der Nähe der Küste, wo die Landschaft Winde entlang der Küste kanalisieren kann und stetig an derselben Stelle weht.

In der ‘Last Ice Area’ über der kanadischen Insel Ellesmere wächst eine Polynya. Die Eislücke war im Mai 2020 aufgrund starker, antizyklonaler Winde in der Arktis für rund zwei Wochen geöffnet. (Video: NASA EOSDIS Worldview)

„Die Sache mit dünner werdendem Eis ist, dass es einfacher ist, es zu bewegen. Wenn das Eis dünner wird, ist es einfacher, diese Polynyen mit weniger extremen Kräften zu erzeugen. Es gibt also Hinweise darauf, dass diese Polynyen häufiger oder größer werden als sie in der Vergangenheit waren“, sagte Moore, Arktisforscher an der University of Toronto und Hauptautor der Studie. Und wärmere Temperasturen bedeuten, dass verlorenes Eis wahrscheinlich nicht ersetzt werden kann.

Moore und seine Kollegen verwendeten Echtfarben-Satellitenbilder von MODIS, Radarsatellitenbilder von RADARSAT-1 und hochauflösende Satellitenbilder von Sentinel-1 um die Polynya zu entdecken. Die Lücke war vom 14. Mai bis 28. Mai 2020 geöffnet.

Bemerkenswert ist, dass Polynyas nicht unbedingt schlecht sind und sogar ökologische Vorteile haben können. Diese gelegentlichen Lücken im Eis ermöglichen die Photosynthese, die die Nahrungsproduktion im Wasser erhöht. Die Öffnungen in der Eisdecke ziehen zudem alle Arten von Wildtieren an, darunter Seevögel, Eisbären und Robben. 

Aber der kurzfristige Schub für das lokale Ökosystem wiegt die langfristigen und irreversiblen Schäden durch den Meereisverlust jedoch nicht auf.

Heiner Kubny, PolarJournal       

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