Menschliche prähistorische Spuren auf den Falklandinseln gefunden | Polarjournal
Die Falklandinseln im Südatlantik wurden nach neuesten Belegen bereits Jahrhunderte vor den Europäern von südamerikanischen Ureinwohnern besucht, die Holzkohle und Knochen ihrer Beutetiere hinterließen. Foto: Julia Hager

Die Falklandinseln im Südatlantik wurden von europäischen Entdeckern erstmals im 16. Jahrhundert gesichtet. Soweit sind sich die Historiker einig. Und bislang sind sie davon ausgegangen, dass die ersten menschlichen Aktivitäten auf den Inseln ebenfalls auf Europäer zurückgehen. Doch Funde eines US-amerikanischen Forscherteams belegen nun, dass bereits Jahrhunderte zuvor Menschen auf den Inseln gewesen sein müssen. 

Die neue Studie, die in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht wurde, ist die erste wissenschaftliche Untersuchung der prähistorischen menschlichen Präsenz auf den Falklandinseln überhaupt. Kit Hamley, Doktorandin am Climate Change Institute der University of Maine und Leiterin des Projekts, und ihr Team untersuchten gesammelte Tierknochen, Holzkohle und andere Funde mittels Radiokarbondatierung auf Hinweise menschlicher Aktivitäten. 

B — Das Forscherteam untersuchte Torfkerne von den Inseln New Island, Bleaker Island und vom Mount Usborne auf East Falkland Island (rote Sterne). C — Auf New Island suchten sie zudem den Boden auf Knochen und weitere Werkzeuge ab. Mehrere Knochenhaufen fanden sie im Norden der Insel. Abbildung: Hamley et al. 2021

Die Untersuchungen erfolgten auf New Island, Bleaker Island und am Mount Usborne auf East Falkland Island, wo sie Sedimentkerne aus dem Torfboden entnahmen.  Auf New Island untersuchten sie zudem die Bodenoberfläche nach Spuren, unweit der Stelle, wo im Jahr 1979 ein Landbesitzer eine steinerne Pfeilspitze gefunden hat. Laut der Forscher passt die Steinspitze zu der Technologie, die die indigenen Südamerikaner in den letzten 1.000 Jahren verwendet haben. Direkt oberhalb deren Fundstelle stießen die Forscher auf sieben ungeordnete Ablagerungen von Knochen von Felsenpinguinen (Eudyptes chrysocome) und Südamerikanischen Seelöwen (Otaria flavescens). Die Knochen wurden zu einzelnen Haufen aufgeschichtet und laut Hamley deuten Lage, Menge und Art der Knochen darauf hin, dass sie wahrscheinlich von Menschen errichtet wurden.

Besonders bemerkenswert sind die Holzkohlefunde aus dem Torfkern von New Island. Den Forschern zufolge zeigten die Funde Anzeichen für einen deutlichen Anstieg der Feueraktivität im Jahr 150 unserer Zeitrechnung, dann abrupte und signifikante Spitzen in den Jahren 1410 und 1770, wobei letzteres mit der ersten europäischen Besiedlung übereinstimmt.

Die sieben Knochenhaufen liegen allesamt unweit der Stelle (A), wo im Jahr 1979 ein Landbesitzer die Steinspitze fand (B). Die Knochenhaufen waren von einer Schicht Torf bedeckt, wobei die gesamte Fläche stark erodiert ist und einzelnes Knochenmaterial um die Haufen verstreut lag (C). Abbildung: Hamley et al. 2021

Laut der Studie deuten die gesammelten Beweise darauf hin, dass die südamerikanischen Ureinwohner wahrscheinlich zwischen 1275 und 1420 unserer Zeitrechnung auf die Falklandinseln kamen. Eine Ankunft vor 1275 schließen die Wissenschaftler jedoch nicht aus, da einige Beweise noch früher datiert sind. So fand das Team beispielsweise einen Zahn eines ausgestorbenen Fuchses der Falklandinseln, des Warrah (Dusicyon australis), mit einem Radiokarbondatum von 3450 vor unserer Zeitrechnung, dem ältesten für diese Art. Unabhängig davon deuten alle Funde des Teams darauf hin, dass bereits vor dem britischen Seefahrer John Strong, der 1690 als erster Europäer den Archipel betrat, Menschen auf der Inselgruppe landeten. 

Die Ureinwohner, die möglicherweise dem Volk der Yaghan angehörten, kamen den Forschern zufolge eher für mehrere kurze Aufenthalte. Für eine langfristige Besiedlung gibt es zu wenig hinterlassenes Material auf den Inseln, so die Autoren.

«Diese Ergebnisse erweitern unser Verständnis der Bewegungen und Aktivitäten der Ureinwohner im abgelegenen und rauen Südatlantik», sagt Hamley. «Das ist wirklich aufregend, denn es öffnet neue Türen für die Zusammenarbeit mit den indigenen Gemeinschaften, um unser Verständnis der vergangenen ökologischen Veränderungen in der Region zu verbessern. Es wird seit langem darüber spekuliert, dass indigene Südamerikaner die Falklandinseln erreicht haben könnten, daher ist es wirklich spannend, dazu beizutragen, diesen Teil der Vergangenheit auf den Inseln zum Leben zu erwecken.»

Jacquelin Gill, Professorin für Paläoökologie und Pflanzenökologie am Cllimate Change Institute der University of Maine und Hamley’s Betreuerin, fügt hinzu: «Während sich die Welt erwärmt, hoffen wir, dass unser wachsendes Verständnis der vorkolonialen Geschichte der Falklandinseln den Entscheidungsträgern helfen wird, die Bedürfnisse der Tierwelt und der Menschen, die auf Ökotourismus, Fischerei und andere Industrien angewiesen sind, in Einklang zu bringen. Wir fangen gerade erst an zu verstehen, welche Rolle die Menschen vor der europäischen Besiedlung auf den Falklandinseln gespielt haben. Aufgrund des jahrhundertelangen Kolonialismus auf dem Festland ist ein Großteil des mündlich überlieferten Wissens über diese Zeit verloren gegangen. Die westliche Wissenschaft muss auf den neuesten Stand gebracht werden, und wir hoffen, dass künftige Arbeiten in Zusammenarbeit mit den heutigen Ureinwohnern der Region durchgeführt werden; ihre Vorfahren waren die ersten Experten hier.»

Julia Hager, PolarJournal / Originaltext: University of Maine / Marcus Wolf

Link zur Studie: Kit M. Hamley, Jacquelyn L. Gill, Kathryn E. Krasinski, Dulcinea V. Groff, Brenda L. Hall, Daniel H. Sandweiss, John R. Southon, Paul Brickle, Thomas V. Lowell. Evidence of prehistoric human activity in the Falkland Islands. Science Advances, 2021; 7 (44) DOI: 10.1126/sciadv.abh3803

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