Überwachung von Massenstrandungen von Walen per Satellit | Polarjournal
Eine Gruppe Kleiner Schwertwale (Pseudorca crassidens), die in Westaustralien strandete.  Foto: Wikimedia Commons/Bahnfrend, CC BY-SA 3.0

Weltweit kommt es immer wieder zu Massenstrandungen von Walen, die jedes Jahr für Tausende Tiere den Tod bedeuten. Nur in Regionen, wo es ein Netzwerk von entsprechenden Experten gibt, können manchmal immerhin ein paar Wale gerettet werden. Massenstrandungen kommen vor allem bei sehr sozialen Arten wie Pilotwalen vor, die aufgrund ihres starken Herdentriebs dem Leittier auch ins Flachwasser folgen. Als weitere Ursachen für die Massenstrandungen werden unter anderem  Lärmverschmutzung und die Vergiftung mit Schadstoffen verantwortlich gemacht, wobei hier noch mehr Forschung nötig ist. Ein internationales Team von Wissenschaftlern unter der Leitung des British Antarctic Survey hat jetzt Forschungsergebnisse über den Einsatz einer neuen Technologie zur Untersuchung von Massenstrandungen von Walen aus dem Weltraum veröffentlicht und erläutert, wie diese zum Schutz der Populationen beitragen könnte.

Die in der Fachzeitschrift Frontiers in Marine Science veröffentlichte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Auswertung hochauflösender Satellitenbilder dazu beitragen könnte, langfristige Programme zur Überwachung von Strandungen von Walen (d. h. von Walen, Delfinen und Schweinswalen) in entlegenen Regionen und weltweiten Strandungsnetzwerken aufzubauen. Das Team hinter der Studie besteht aus Wissenschaftlern des British Antarctic Survey, des CEAZA (Center for Advanced Research in Arid Zones), von Oceanswell und der University of Massey.

Walstrandungen werden zu einem kritischen Problem für die Gesundheit der Meere und es ist dringend erforderlich, die Kapazitäten zur Überwachung und zum Verständnis von Strandungen zu erhöhen. Die Weltgesundheitsorganisation hat vor kurzem ihren „One Health“-Ansatz bekannt gegeben, der anerkennt, dass die Meeresbedingungen, die sich auf die Wale auswirken, oft auch das Meeresökosystem beeinträchtigen, was sich möglicherweise auch auf die menschliche Gesundheit auswirkt.  Führende Meeressäugerexperten haben die Bekämpfung von Walstrandungen zu einem der drei Hauptziele der Weltmeeressäugerkonferenz 2019 erklärt.

Massenstrandungen von Walen kommen weltweit vor. Die gelben Punkte markieren Massenstrandungen von Zahnwalen mit zehn oder mehr Individuen; die blauen Dreiecke und Linien markieren Massenstrandungen von Bartenwalen. Karte: Clarke et al. 2021

Die Forscher erörtern, wie Satelliten zu einem praktikablen langfristigen Überwachungsinstrument gemacht werden können, insbesondere an Orten, an denen die Kapazitäten für die Reaktion auf Strandungen sehr begrenzt sind und an denen nur selten Erhebungen stattfinden. In abgelegenen Regionen könnten Satelliten ein „Frühwarnsystem“ darstellen, das die Verantwortlichen auf ein Problem aufmerksam macht und eine angemessene Reaktion ermöglicht, was die Wahrscheinlichkeit erhöhen könnte, nützliche diagnostische Proben zu erhalten, um die genaue Ursache dieser Ereignisse zu verstehen.

«Diese Studie zeigt, dass wir die Überwachung von Massenstrandungen auf der ganzen Welt verstärken müssen, um die Walpopulationen und ihre Bedrohungen besser zu verstehen und die Auswirkungen künftiger Veränderungen zu bewerten. Dies ist besonders wichtig in abgelegenen Regionen, in denen es keine Netzwerke zur Überwachung von Strandungen gibt, wo Satelliten die Möglichkeit bieten, grundlegende Daten in diesen Regionen zu sammeln», so Penny Clarke, Hauptautorin der Studie und Doktorandin am British Antarctic Survey.

Dr. Jennifer Jackson, Walbiologin beim British Antarctic Survey, fügt hinzu: «Da sich die Walpopulationen vom Walfang erholen und zunehmend unter den Auswirkungen des Menschen und des Klimawandels leiden, brauchen wir neue Instrumente zur Überwachung dieser Auswirkungen, insbesondere in abgelegenen Gebieten. Satelliten sind vielversprechend, wenn es darum geht, diese Strandungen in großen Gebieten zu überwachen und die lokalen Meeresbedingungen zu untersuchen, um die Ursachen schneller zu ermitteln und die richtigen Empfehlungen für den Schutz und die Bewirtschaftung der Meere zu geben.»

An vielen Küstenabschnitten gibt es bereits Strandungsnetzwerke mit Experten, die schnell auf die Strandungen reagieren können. In vielen Regionen fehlen solche jedoch noch. Karte: Clarke et al. 2021

Das Team analysierte Satellitenbilder, die 2019 im Golfo de Penas in Chile gesammelt wurden, einem Gebiet mit jährlich wiederkehrenden Massenstrandungen und dem Ort der ursprünglich größten bekannten Massenstrandung von Bartenwalen im Jahr 2015. Die Ergebnisse zeigen, dass Satelliten in der Lage sind, die Zeitpunkte von Ereignissen zu bestimmen, was für langfristige Überwachungsprogramme von entscheidender Bedeutung sein könnte.

Dr. Asha de Vos, Gründerin und Geschäftsführerin von Oceanswell in Sri Lanka, erklärt: «Strandungen kommen an allen unseren Küsten vor, aber nicht alle von uns sind in der Lage, diese Ereignisse zu überwachen oder zu dokumentieren. Satelliten bieten uns die einzigartige Möglichkeit, auch die entlegensten Orte zu überwachen, aber das Wichtigste ist, den Zugang zu verbessern. Wenn wir unseren Planeten wirklich verstehen und schützen wollen, müssen wir für einen gleichberechtigten Zugang zu den Instrumenten sorgen, die uns helfen können, unsere größten Herausforderungen gemeinsam zu lösen.»

Das internationale Team hofft, die derzeitige Ungleichheit bei der Überwachung von Strandungen durch den Einsatz von Satelliten zu überwinden. Sie fordern außerdem Partnerschaften zwischen Satellitenanbietern und den Regierungen und Nichtregierungsorganisationen, die Strandungsnetzwerke betreiben, um einen gleichberechtigten Zugang zu Satellitenbildern zu erhalten. Diese Empfehlung wurde vom wissenschaftlichen Ausschuss der Internationalen Walfangkommission unterstützt.

Links: Die Infografik erklärt, wie Satelliten bei Massenstrandungen helfen können: 1. Von einer Massenstrandung spricht man, wenn zwei oder mehr Wale derselben Art – nicht Walmütter mit ihren Kälbern – stranden in einer Umgebung, in der sie nicht überleben können. 2. Es ist wichtig, Massenstrandungen zu untersuchen, um grundlegende Informationen über lebende Populationen zu erhalten und weil sie auf Veränderungen aufmerksam machen. 3. Die Überwachung von Massenstrandungen ist herausfordernd, weil sie die Erreichbarkeit der Strände, geschulte Fachkräfte und Ressourcen erfordert. 4. Satelliten können dabei helfen, indem sie die Überwachung von Massenstrandungen in abgelegenen Regionen ermöglichen. Grafik: Penny Clarke. Rechts: Beispiele für die Sichtung von gestrandeten Walen auf Satellitenbildern. Bild: Maxar Technologies

Die Forschung unterstreicht die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fachbereichen der Fernerkundung, um zu ermitteln, ob Satelliten zum Verständnis der Umweltbedingungen und der vom Menschen verursachten Bedingungen vor, während und nach einer Massenstrandung beitragen können. Andere Fernerkundungsdaten könnten dazu beitragen, Veränderungen in der Meeresumwelt aufzuzeigen und ein Frühwarnsystem einzurichten, um Massenstrandungen zu minimieren und besser informierte, sachkundige und schnell reagierende Strandungsnetzwerke zu entwickeln.

Im weiteren Verlauf plant das Team, die Robustheit dieser Technologie zu testen, indem es mit bestehenden und effizienten Strandungsnetzen in Hotspot-Gebieten wie Neuseeland zusammenarbeitet, um Arbeitsprotokolle und automatische Erkennungsverfahren zu entwickeln. Danach werden sie sich auf abgelegene Schwerpunktgebiete konzentrieren, wie z. B. die chilenische Patagonienregion, große Teile der West- und Ostküste Afrikas, die Polarregionen und Küsten in politisch turbulenten Regionen wie dem Nordwestindischen Ozean.

Pressemitteilung British Antarctic Survey

Link zur Studie: Penny J. Clarke,  Hannah C. Cubaynes,  Karen A. Stockin,  Carlos Olavarria, Asha de Vos,  Peter T. Fretwell and  Jennifer A. Jackson. Cetacean strandings from space: Challenges and opportunities of very high resolution satellites for the remote monitoring of cetacean mass strandings. Front. Mar. Sci. 8:650735. doi: 10.3389/fmars.2021.650735

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