«Polar Preet» — Erste Solo-Antarktis-Expedition einer farbigen Frau | Polarjournal
Captain Harpreet Chandi, eine junge Britin, ist die erste Frau mit indischen Wurzeln, die ohne Unterstützung von außen eine Expedition zum Südpol unternimmt. Heute ist sie gestartet. Foto: Harpreet Chandi

Die Antarktis übt auf viele Menschen weltweit eine enorme Anziehungskraft aus. Die meisten von ihnen sind überglücklich, wenn sie den weißen Kontinent einmal in ihrem Leben betreten, seine Gewaltigkeit aber auch die Stille und seine Verletzlichkeit einmal spüren und, nicht zuletzt, seinen Bewohnern begegnen können. Doch einige Menschen suchen nach mehr — nach der Herausforderung eigene Grenzen zu überwinden, den unerbittlichen Elementen standzuhalten und auf sich allein gestellt über sich hinaus zu wachsen. Zu diesen Menschen zählt auch Harpreet Chandi, Physiotherapeutin und Captain in der British Army. Die Britin mit indischen Wurzeln startete heute ihre Solo – Antarktisexpedition zum Südpol.

Für die kommenden 45 bis 47 Tage wird Harpreet Chandi ganz auf sich allein gestellt über mehr als 1.100 Kilometer ihre Pulka mit 87 Kilogramm Ausrüstung und Verpflegung über Schnee und Eis hinter sich herziehen, bei Temperaturen bis minus 50 Grad Celsius und Windgeschwindigkeiten bis 100 Kilometer pro Stunde. Chandi ist die erste farbige Frau, die eine solche Expedition unternimmt.

Nach der Landung beim Union Glacier flog Harpreet Chandi weiter zu ihrem Ausgangspunkt und ist seit heute unterwegs in Richtung Südpol. Karte: Julia Hager/Google Earth; Foto: Harpreet Chandi

Vor etwa zweieinhalb Jahren kam Chandi auf die Idee, allein den Südpol zu erreichen. Sie möchte mit ihrem Projekt, das unter dem Titel «Polar Preet» bekannt ist, einerseits Vielfalt in die antarktische Expeditionsgeschichte bringen, in der bisher nur wenige Frauen vorkommen und schon gar keine «Woman of Color». Andererseits hofft sie, durch ihre Expedition, die sie weit jenseits ihrer Komfortzone bringt, andere zu inspirieren auch ihre Grenzen zu erweitern. Wie sie auf ihrer Webseite schreibt, «soll diese Reise künftige Generationen dazu inspirieren, alles zu erreichen, was sie sich wünschen, und Grenzen zu überschreiten. Indem ich diese Herausforderung fördere und vollende, kann ich jungen Menschen, Frauen und Menschen mit ethnischem Hintergrund ein Vorbild sein.» 

«Ich hatte schon immer die Vorstellung, dass ich etwas Großes erreichen kann, etwas, das es mir ermöglicht, ein Vorbild zu sein. Ich möchte, dass meine 8-jährige Nichte ohne Grenzen aufwächst und weiß, dass die Möglichkeiten, was man im Leben erreichen kann, endlos sind.»


Captain Harpreet Chandi

Als Vorbereitung auf ihre Expedition absolvierte Chandi mehrere Marathons, darunter einer der härtesten Ultramarathons, weitere sportliche Herausforderungen und natürlich zahlreiche Trainings: Ski-Training, Gletscherspalten-Training, Grönland-Durchquerung, Solo-Trekkingtraining in Island, und regelmäßiges Lauftraining über zwei Jahre, bei dem sie erst einen, dann zwei große Autoreifen hinter sich herzog, um das Gewicht der Pulka zu simulieren. Fast nebenbei absolvierte sie noch ihr Studium der Physiotherapie mit dem Master of Science mit Auszeichnung.

Zur Vorbereitung auf die Expedition absolvierte Harpreet Chandi ein umfangreiches Trainingsprogramm, wobei das Ziehen der 87 Kilogramm schweren Pulka besonders wichtig war. Fotos: Harpreet Chandi

Die Logistik rundum ihre Expedition übernimmt Antarctic Logistics and Expeditions, Anbieter von touristischen Antarktis-Expeditionen und logistischen Dienstleistungen zur Unterstützung eines verantwortungsvollen Tourismus in der Antarktis. Nach dem Flug von Punta Arenas, Chile, zum Union Glacier in der Antarktis wurde Chandi an Bord einer Twin Otter zu ihrem Ausgangspunkt im Hercules Inlet geflogen. Von hier ist sie heute mit ihrer  vollgepackten Pulka in Richtung Südpol gestartet. Mit zwei Satellitentelefonen, GPS inklusive gespeicherten Wegpunkten, Karte, Kompass und Verpflegung für 48 Tage ist sie bestens ausgestattet und sollte im Idealfall am 7. Januar 2022 am Pol ankommen.

Während ihrer militärischen Laufbahn als Clinical Training Officer (Offizier für klinische Ausbildung) nahm sie an Einsätzen in Nepal, Kenia und dem Südsudan teil, und unternahm Wander- und Klettertouren in Marokko, Mexiko, den Alpen, Bolivien, Peru, Island und Nepal. Der ehemalige Army Captain Louis Rudd, der erste Brite, der 2018 die Antarktis durchquert hat, ist Chandis Expeditionsleiter und half ihr beim Training.

Die Expedition wird vom British Forces Broadcasting Services (BFBS) und weiteren Sponsoren finanziell unterstützt.

Vor Harpreet Chandi haben bereits mehrere «Women of Color» mit Unterstützung den Südpol erreicht, wie beispielsweise Barbara Hillary, die 2011 im Alter von 79 Jahren am Pol stand, oder auch die Frauen der Kaspersky Commonwealth Antarctic Expedition im Jahr 2009.

Julia Hager, PolarJournal

Link zur Webseite «Polar Preet»: https://polarpreet.com/  

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