Bei uns sind Kormorane keine gerne gesehenen Vögel. Ihre Populationen haben zugenommen und man sagt ihnen massive Schäden für die Fischerei nach. Ganz anders ist die Situation auf den subantarktischen Inseln Südgeorgien und Signy Island. Die dort beheimateten Südgeorgien-Kormorane werden seit rund 30 Jahren immer weniger.
Ein Forschungsteam der British Antarctic Survey (BAS) und Amanda Lynnes von der International Associaction of Antarctic Tour Operators (IAATO) kam zu dem Schluss in einer neu veröffentlichten Studie, die in der Fachzeitschrift Polar Biology erschienen ist. Gemäss dem Team nahm die Zahl von Brutpaaren auf Signy Island, einer der Südorkneys, innert 43 Jahren um 40.9 Prozent ab und auf Bird Island, welche zu Südgeorgien gehört, sogar um 58.3 Prozent innert 33 Jahren. Der Rückgang der für diesen Bereich der Subantarktis endemischen Vogelart lässt bei den Forschern die Alarmglocken schlagen. Der Hauptautor der Studie, Dr. Mike Dunn von der BAS erklärt: « Diese abnehmenden Populationsentwicklungen sind essentiell für den effektiven zukünftigen Schutz dieser Art. Die Mehrheit der globalen Population von Südgeorgien-Kormoranen liegen auf den Südorkneys und Südgeorgien. Dadurch wird ein weiterer Rückgang, der in dieser Studie gezeigt wurde, von grosser Bedeutung für den Naturschutz haben.»
Die gesamte Populationsgrösse der Südgeorgien-Kormorane war bisher nicht genau bekannt. Doch man weiss, dass die Tiere lediglich auf Südgeorgien und den umliegenden Felsen und Inseln, auf den Südorkneys, die weiter südöstlich liegen, und einige auf den Südsandwichinseln vorkommen. Gegenwärtig werden die Südgeorgien-Kormorane als „Least Concern“ (Nicht gefährdet) auf der Roten Liste der IUCN geführt. Die Art ist verwandt mit den noch weiter südlich lebenden Antarktiskormoranen und bildet mit diesen die Gruppe der Blauaugenkormorane.
Sowohl auf den Südorkneys wie auch auf Südgeorgien existieren zwar Langzeitprogramme zur Überwachung und es waren auch Zahlen zur Populationsgrösse veröffentlicht worden. Doch die Forschungsgruppe der neuen Studie warnten davor, diese Zahlen als absolut zu betrachten. Die unterschiedlichen Beobachtungsmethoden über die Jahre und die schwierigen Bedingungen aufgrund der Lage der Nester gaben sie als Gründe an. Doch mit den entsprechenden Analysemethoden und genaueren Zählmethoden durch den Einsatz von Drohnen gelang es den Forscherinnen und Forschern, eine Annäherung der Populationsgrössen zu erreichen. So konnten sie erkennen, dass auf Signy Island zwar in den 1980er Jahren die Kormoranpopulation angestiegen war. Doch ab der 1990er Jahre zeigte die Kurve fluktuierend abwärts.
In ihrer Arbeit betrachteten die Forscherinnen und Forscher sowohl die Nestbesetzung wie auch den Bruterfolg. Dabei zeigte sich, dass zwar der Bruterfolg massiv variierte, doch nicht wirklich mit den Rückgängen korrelierte. Dagegen war die Nestbesetzung der Erwachsenen einem klaren Rückgang unterworfen. Zwischen 2000 und 2021 verzeichnete man einen Rückgang um 36 Prozent auf Signy Island. Für Südgeorgien waren die Zahlen noch höher, nämlich beinahe 60 Prozent zwischen 1990 und 2021.
Interessanterweise fand das Forschungsteam für die beiden einzigen Brutkolonien von Kormoranen unterschiedliche Veränderungen. Einerseits verzeichnete die grössere der Kolonien einen massiven Rückgang. Doch die zu Beginn des Untersuchungszeitraumes rund 10-mal kleinere Kolonie florierte im Laufe der Zeit, jedoch nicht genug um den Gesamtrückgang aufzufangen. Auf Südgeorgien und den umliegenden Inseln war der Trend jedoch viel ersichtlicher, nämlich nur abwärts. Gründe für den Rückgang könnten die zurückgehenden Zahlen von Beutefischen und der Klimawandel sein, erklärt das Wissenschaftsteam in ihrer Studie. Doch erst eine genauere Betrachtung der Einflussfaktoren der Populationen und deren Veränderungen geben genaueren Aufschluss darüber. Es bleibt zu hoffen, dass bis dahin die schwarzweissen Vögel mit ihren blauen Augenringen nicht noch weiter verschwinden werden.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal