Swiss Polar Institute und Grönlands NIS stärken Forschung zu Naturgefahren | Polarjournal
Die grönländische Landschaft (links) weist viele Parallelen mit der Schweiz (rechts) auf. Auch bei Naturgefahren wie Erdrutsche, Lawinen und Überflutungen, wie sie in der Schweiz immer wieder vorkommen, bestehen Ähnlichkeiten. Forschungszusammenarbeit soll hier die Risiken erfassen und reduzieren. Bild: Michael Wenger

Die Schweiz hat in Grönland schon seit über hundert Jahren Forschung zu den verschiedensten Themen betrieben. Sei es Gletscherforschung, Klima, Geologie, die Schweiz weist viele Ähnlichkeiten zur grössten Insel der Welt auf. Dies hatte auch Konrad «Koni» Steffen erkannt, der jahrzehntelang mitten auf dem grönländischen Eisschild Forschung betrieben hatte und letztes Jahr dort ums Leben gekommen ist. Nun haben das Schweizer Polarforschungsinstitut SPI und die grönländische Research Council NIS eine Idee von Konrad Steffen aufgegriffen und wollen diese mit dem «Konrad-Steffen-Grant» teilfinanzieren.

Das Ziel der finanziellen Förderung (engl. Grant) ist es, maximal zwei Forschungsarbeiten von Schweizer und grönländischen Forschenden im Bereich der Naturgefahren in Grönland zu unterstützen. Dazu stehen insgesamt CHF 50’000 zur Verfügung, die in erster Linie für Feldarbeiten, Besuche und Verbrauchsmaterialien verwendet werden sollen. Das SPI und auch die NIS weisen beide darauf hin, dass es sich bei der Unterstützung um ein Startkapital handelt, nicht um eine volle Finanzierung von Projekten. Zwingend für den Erhalt des Betrages ist es, dass die Projekte in einer schweizerisch-grönländischen Kooperation in Grönland durchgeführt werden und im Bereich der Naturgefahrenforschung liegen. Als Anfangsthemen zählen das SPI und die NIS Erdrutsche und Bergstürze, Lawinen und Überflutungen durch plötzliche Risse in Gletschern, die «Glacial Outburst Floods» oder GLOFs, auf. Doch auch die Auswirkungen von Tsunamis, die entweder durch Hangrutsche oder das plötzliche Umkippen von riesigen Eisbergen nahe an Ufern entstehen, können miteingerechnet werden.

Konrad Steffen, der letztes Jahr in Grönland umgekommene wissenschaftliche Direktor des SPI, hatte bereits vor Jahren die Idee, dass die Schweiz und Grönland in Sachen Naturgefahrenmanagement verstärkt zusammenarbeiten könnten. Der nun eingerichtete Forschungszuschuss ehrt den renommierten und beliebten Forscher und führt sein Erbe weiter. Bild: WSL

An einem gemeinsam durchgeführten Onlinemeeting stellten das SPI und das NIS den «Konrad-Steffen-Grant» und die Idee dahinter vor. Die neue wissenschaftliche Direktorin des SPI, Professorin Gabriela Schaepman-Strub erklärte am Treffen, dass der neue Zuschuss in Erinnerung an Konrad «Koni» Steffen eingerichtet worden ist. Der im letzten Jahr in Grönland ums Leben gekommene Schweizer Forscher hatte bereits einige Jahre zuvor die Idee, dass in Sachen Naturgefahren die Schweiz und Grönland gemeinsam enger forschen und zusammenarbeiten sollten. Daher sei der Schwerpunkt nicht willkürlich gewählt worden, sondern stehe im Zentrum von Konis Erbe.

«In Sachen Naturgefahren und deren Management wird viel in der Schweiz gemacht, von dem Grönland profitieren kann.»

Dr. Jospehine Nymand, Leiterin Greenland Research Council

Ausserdem wurde auf die grosse Forschungstätigkeit und Zusammenarbeit der Schweiz in Grönland, die bereits seit langer Zeit stattfindet, hingewiesen. Nach Angaben des SPI sind rund 30 Prozent der vom Institut geförderten Forschungsprojekte Schweiz-Grönland-bezogene Kollaborationen. Auch Dr. Josephine Nymand, die Leiterin des NIS, meinte: «In Sachen Naturgefahren und deren Management wird viel in der Schweiz gemacht, von dem Grönland profitieren kann.» Und Eva Mätzler, Geologin und Beraterin bei der grönländischen Regierung, erklärte, dass bei einigen Themen im Bereich Umweltgefahren zwar Konsultationsverfahren in der grönländischen Regierung am Laufen seien. «Für Erdrutsche und Bergstürze existiert gegenwärtig noch kein Managementplan. Auch für Lawinen ist dies noch nicht erstellt worden.» Man ist sich jedoch einig, dass gerade im Angesicht der Auswirkungen des Klimawandels auf Grönland verstärkt das Thema «Naturgefahren und Management» angegangen werden muss.

Grönländische Ortschaften liegen praktisch alle an der Küste und damit auch im Einflussgebiet von Eisbergen. Diese bilden auch ein Gefahrenpotential für plötzlich auftretende Tsunamis, die entstehen, wenn die Eisberge auseinanderbrechen oder umkippen. Bild: Michael Wenger

Im Rahmen des Onlinetreffens wurde auch der weitere Ablauf vorgestellt, wie sich interessierte Forschende für den Zuschuss bewerben können. Dabei wird ein Zwei-Schritte-System angewendet, bei dem zuerst an einem direkten Treffen in Nuuk im nächsten März Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus der Schweiz und Grönland die Themen und Projekte konkretisieren sollen. Danach können die Projekte zur Begutachtung und Entscheidung eingereicht werden. Ausgewählt werden maximal zwei Projekte die jeweils mit der Hälfte des Förderbetrages teilfinanziert werden. Das Ziel ist es, bereits im 2022 starten zu können und während maximal 18 Monaten die Forschungsarbeiten in Grönland durchzuführen. Der Zuschuss ist gegenwärtig als einmaliges Projekt geplant. Doch Danièle Rod, die Geschäftsführerin des SPI hofft, dass die Initiative eine Kettenreaktion auslöst und einerseits auch in den kommenden Jahren wieder entsprechend finanziert wird. Ausserdem hofft sie, dass ähnliche Initiativen von anderen Forschungsinstitutionen und Ländern gestartet würden. «Der Konrad-Steffen-Grant ist eine grossartige Initiative für zukünftige Kollaborationsprojekte», erklärt Professorin Schaepman-Strub. Angesichts der immer stärkeren globalen Fokussierung auf Grönland könnte der Wunsch des SPI durchaus in Erfüllung gehen.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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