Neue Suche nach Shackleton’s «Endurance» startet bald | Polarjournal
Sir Ernest Shackleton’s «Endurance» wurde während des Versuchs, den Rand des Filchner-Ronne-Schelfeises zu erreichen, vom Packeis zerdrückt und sank im November 1915. Die bevorstehende «Endurance22»-Expedition soll das Wrack lokalisieren, untersuchen und filmen. Foto: Frank Hurley

«Endurance22» — unter diesem Titel startet Anfang Februar die erneute Suche nach dem Wrack der «Endurance», dem in der Antarktis verschollenen Schiff des berühmten Polarforschers Sir Ernest Shackleton. Die Expedition, die vom Falklands Maritime Heritage Trust durchgeführt wird, soll das im November 1915 gesunkene Schiff im Weddellmeer lokalisieren, vermessen und filmen — 100 Jahre nach Shackletons Tod. 

Shackleton war bereits ein angesehener, vielfach geehrter Polarforscher als er 1914 in einem erneuten Anlauf in Richtung Südpol aufbrach. Im Dezember stach er mit seiner Mannschaft von Südgeorgien aus mit der «Endurance» in See zur Vahsel-Bucht im Weddellmeer, von wo aus die Durchquerung der Antarktis beginnen sollte. Die Meereisbedingungen machten das Erreichen der Bucht jedoch unmöglich, sodass Shackleton entschied, an Bord zu überwintern. Im Oktober 1915 musste die Mannschaft das Schiff aufgeben, weil das Eis begann, das Schiff zu zerdrücken. Es sank am 21. November 1915. Der Erfahrung, dem Durchhaltevermögen und dem eisernen Willen von Shackleton und seinen 27 Männern ist es zu verdanken, dass sie ihre eigene Rettungsmission über die folgenden Monate überlebten und am 30. August 1916 schließlich alle in Sicherheit waren. 

Nachdem über einhundert Jahre später, im Jahr 2019, eine erste Expedition auf der Suche nach der «Endurance» erfolglos blieb, soll nun eine neue Expedition das verschollene Schiff finden und untersuchen. Fast alle Vorbereitungen und Testläufe wurden erfolgreich abgeschlossen, sodass sich am 5. Februar 2022 der südafrikanische Eisbrecher «Agulhas II» von Kapstadt aus erneut auf den Weg ins Weddellmeer machen wird. 

Der südafrikanische Forschungseisbrecher «Agulhas II» wird das Expeditionsteam ins Weddellmeer bringen, wo neben der Suche nach dem Wrack auch Klimaforschung im Fokus steht. Foto: Webseite «Endurance22»

«Wir freuen uns, bestätigen zu können, dass alles für den am 5. Februar geplanten Beginn der Expedition von Kapstadt aus nach Plan läuft. Das gesamte Team hat seit Juli unermüdlich gearbeitet. Die Probefahrten auf See boten eine hervorragende Gelegenheit, die Suchtechnologie gründlich zu testen und ihre Leistungsfähigkeit zu bestätigen. Außerdem hatten die Ingenieure und Techniker die Möglichkeit, unter günstigen Bedingungen zu trainieren und wertvolle Erfahrungen zu sammeln, bevor sie ihre Fähigkeit testen konnten, durch das Eis zu starten.  Auch wenn es keine Erfolgsgarantie gibt, sind wir nun bestens vorbereitet und bereit für diese erstaunliche Erkundungsmission», sagt Polarforscher und Expeditionsleiter, Dr. John Shears.

Das Wrack soll mittels mehrerer Hybrid-Unterwasserfahrzeuge lokalisiert werden, die auch zur Untersuchung und zum Filmen der «Endurance» eingesetzt werden sollen. Die «SAAB Sabertooth» vereinen die Eigenschaften von autonomen Unterwasserfahrzeugen (AUVs), die einem vorprogrammierten Kurs folgen können, und ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen (ROVs), die digitale Signale über ein Glasfaserkabel in Echtzeit an die Oberfläche senden. 

Die «SAAB Sabertooth»-Unterwasserfahrzeuge verfügen über eine schwenkbare Kamera, Laserscanner und mehrere Sonare, die die Daten in Echtzeit an die Oberfläche senden, und können bis in 4.000 Meter Wassertiefe eingesetzt werden. Foto: Webseite Falklands Maritime Heritage Trust

«Es ist ein einzigartiges Privileg für den Trust, die Elemente dieser Expedition zusammenstellen zu können. Shackleton stellte sich den Herausforderungen des Eises und des Krieges. Das Eis bleibt unsere größte Herausforderung, aber COVID war während unserer gesamten Planung und Vorbereitung eine Bedrohung. Der Kapitän, der Eislotse und die Besatzung des südafrikanischen Schiffes Agulhas II sind erfahren und haben 2019 bewiesen, dass sie in der Lage sind, zum Wrack vorzudringen. Wir sind in der Lage, die neueste Technologie einzusetzen, und wir haben ein erfahrenes Team von Meeresarchäologen, Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern, die ihr Wissen bei der Ortung und Vermessung des Wracks einsetzen können. Die Wissenschaftler werden uns mehr über die einzigartige Umwelt des Weddellmeeres erzählen und erklären. Und unser Team aus Pädagogen, Filmemachern und Programmautoren wird einem jungen, weltweiten Publikum Geschichten von Heldentum, Herausforderung und Entschlossenheit erzählen, die uns alle inspirieren sollten», erklärt Donald Lamont, Vorsitzender des Falklands Maritime Heritage Trust.

Das Team der «Endurance22»-Expedition, das aus führenden Polarforschern besteht, legt den Fokus allerdings nicht nur auf die Suche nach dem Wrack, sondern wird auch eine Reihe von Studien über das Eis und den Klimawandel durchführen. Unter anderem soll anhand der Messung und Aufzeichnung der Meereisbedingungen ein System entwickelt werden, das mit der Zeit kontinuierliche und automatische Daten über die Meereisbedingungen in der Antarktis liefern wird, über die derzeit nur sehr wenige Informationen vorliegen.

Shackletons missglückte «Imperial Trans-Antarctic Expedition» endete als Reise mit dem Eis durch das Weddellmeer. Das Expeditionsteam der «Agulhas II» wird versuchen, die Stelle zu erreichen, an der die «Endurance» am 21. November 1915 gesunken ist. Karte: Encyclopædia Britannica

Neben der Forschung ist es dem Expeditionsteam besonders wichtig, die Geschichte von Shackleton, seinem Schiff und den Mitgliedern seiner Mannschaft einem neuen und jüngeren Publikum nahezubringen. Zu diesem Zweck arbeitet der Falklands Maritime Heritage Trust mit der Medienplattform History Hit und der Agentur Little Dot Studios zusammen. Ein Filmteam wird von Bord in Echtzeit dokumentieren und das Material auf verschiedenen digitalen Kanälen und sozialen Medienplattformen veröffentlichen.

Auch sollen Schüler über die in den USA ansässige Bildungsorganisation Reach the World direkt angesprochen werden. Vom Klassenzimmer aus sollen sie mit den Forschern in Kontakt treten können. Zudem stellt die Royal Geographical Society Lehr- und Lernmittel für den Einsatz im Unterricht zur Verfügung, anhand derer sich die Schüler mit den Veränderungen in der Polarforschung und den verschiedenen Beweggründen für den Besuch der Antarktis sowie mit der einzigartigen gefrorenen Umwelt dieses Kontinents auseinandersetzen können.

Bleibt zu hoffen, dass die Eisbedingungen es der Expedition erlauben, bis zu der Stelle vorzudringen, an der die «Endurance» laut der Aufzeichnungen von Kapitän Frank Worsley damals gesunken ist. Nicht zuletzt wollen Fragen beantwortet werden wie «Was ist mit den Einmachgläsern passiert und was war darin, und ist das Mikroskop noch da?» oder «Was ist mit dem Tagebuch von Alexander Macklin passiert?», die sich Explorationsdirektor Mensun Bound stellt.

Julia Hager, PolarJournal

Link zur «Endurance22»-Expedition: https://endurance22.org/  

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