eSports und virtuelle Welten-Zentrum in Nordnorwegen geplant | Polarjournal
Die Insel Andøya ist die grösste im Vesterålen-Archipel, weit im Norden Norwegens. Wie an viele Orte in der Arktis, sucht man auch hier nach Möglichkeiten für neue Arbeitsplätze. Dienstleistungsbetriebe spielen dabei eine immer wichtigere Rolle. Bild: Stefan Leimer

Das norwegische Inselarchipel Vesterålen bietet allen, die die spektakuläre Natur mit ihren majestätischen Berge, den unberührten Landschaften und dem rauen Nordmeer lieben, abwechslungsreiche Outdoorerlebnisse. Ein Schritt vor die Haustür genügt und man spürt den Wind in den Haaren, riecht die See und lässt sich vom magischen Licht verzaubern. Ausgerechnet hier soll ein weltweit einzigartiges Entwicklungs- und Schulungszentrum für virtuelle Welten entstehen. Ein Zentrum, in dem u.a. Computersimulationen des realen Lebens designed und programmiert werden.

Anja Fagerli, Chief Operation Officer (COO) der Firma Myreze empfängt in ihrem neu erworbenen Haus auf Andøya. Sie und ihr Partner Bjørn Myreze (CEO Myreze) haben sich bei einer Reise durch Norwegen mit dem Wohnmobil in die abgeschiedene Landschaft Andøyas verliebt und sind Anfang Jahr nach Andenes gezogen.

Im Wohnzimmer hängt ein Flachbildschirm in einer Grösse, von der ich bisher gar nicht wusste, dass er existiert. Aber wirklich überraschend ist das nicht. Myreze ist eines der branchenführenden Unternehmen, das virtuelle Produktionsdienste für zukünftige Generationen der Kommunikation- und Fernsehproduktionen erstellt. Zu den Partnern gehören die chinesische Raumfahrtagentur, Epic Games oder der Nachrichtensender Al Arabyia. Zusammen mit dem Unternehmen Epic Games haben die beiden nun grosse Pläne. Epic Games ist mit Computer Spielen wie Fortnite, Gears of War, Shadow Complex oder der Infinity Blade-Reihe äusserst erfolgreich. Allein das Spiel Fortnite hat über 350 Millionen registrierte Spieler weltweit, die im Monat über 3 Milliarden Spielstunden (3.000.000.000 Std) an der Spielkonsole verbringen. Das entspricht, nebenbei bemerkt, einer Zeitspanne von umgerechnet 365’000 Jahren! Die – bezeichnenderweise – Unreal Engine genannte Technologie von Epic soll dabei interaktive Erfahrungen mit hoher Wiedergabetreue auf unterschiedlichsten Spielplattformen ermöglichen.

An einer Präsentation in Andenes haben die beiden Initianten ihr Projekt für das zu entstehende Zentrum vorgestellt. Bild: Stefan Leimer

Hier in Andenes, 300 Kilometer nördlich des Polarkreises, soll also Europas grösstes E-Sport Zentrum errichtet werden. Junge Menschen aus der Region aber auch aus der ganzen Welt, werden in Zukunft die Möglichkeit haben, sich in den Bereichen eSport, Grafik und Film auszubilden bzw. sich weiterzuentwickeln. Aber auch eSport-Turniere mit internationaler Ausrichtung können hier veranstaltet werden. Im eSport (elektronische Sport) geht es um den sportlichen Wettkampf in Computerspielen. Meistens geht es darum, in Multiplayer Games einen Gegner zu besiegen. In vielen Ländern wie zum Beispiel Korea, China, Schweden, Niederlande, Bulgarien und Großbritannien gilt eSport inzwischen als anerkannter professioneller Sport und einige eSportler können sogar davon leben. Prominentes Beispiel ist der Spieler Lee “Faker” Sang Hyeok (26) aus Südkorea.

Längst haben große Konzerne das Potential der eSport Bewegung erkannt und investieren mittlerweile hohe Millionenbeträge in Liegen oder Preisgelder bei Turnieren. Die Welt ist inzwischen so klein geworden, dass Menschen in kurzer Zeit überall hinreisen können- Warum also nicht auch nach Andøya. Allerdings ist es nicht einfach vorherzusagen, wie sich die Branche entwickeln wird und wer am Ende die Gewinner oder Verlierer sein wird. Marktforscher prognostizieren aber für das Jahr 2024 ein weltweites Marktvolumen im Bereich eSports von rund 1,6 Milliarden US-Dollar.

Viele der Jugendlichen, mit denen ich bisher auf den Vesterålen gesprochen habe, zieht es in die norwegischen Grossstädte Tromsø, Trondheim oder Bergen bzw. Oslo. Nicht alle können sich ein Leben in der Abgeschiedenheit oder als Fischer auf dem Meer vorstellen. Sie bevorzugen die Möglichkeiten, die Ihnen eine Stadt in den Bereichen Kultur, Sozialleben bzw. Beruf bietet. Mit Ihrem Projekt wollen Anja und Bjørn zumindest einigen von ihnen eine zusätzliche Perspektive geben, langfristig auf den Vesterålen zu bleiben.

Mitten in Andenes, dem Hauptort auf der nordnorwegischen Insel Andøya, entsteht das grösste Zentrum für eSports und virtuelle Welten, zwei boomende Wirtschaftszweige. Bild: Stefan Leimer

Aber noch steckt das Projekt in den Kinderschuhen. Am 18. Januar 2022 wurde das Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt. Aktuell ist Anja daran, Investoren zu akquirieren. Der Projektplan sieht vor, dass bis Anfang Februar die Finanzierung gesichert ist. Denn bereits im Frühsommer möchten Anja und Bjørn mit den ersten Ausbildungen beginnen. Unter anderem müssen noch geeignete Räumlichkeiten gefunden werden. Ihr Wunschtraum ist es, einen Hangar vom lokalen Militärflughafen zu übernehmen und entsprechend aus- und umzubauen. Bis dahin gibt es aber noch viel zu tun.

Link zur Webseite von Myreze

Print Friendly, PDF & Email
error: Content is protected !!
Share This