Plastik ist leicht, hygienisch, günstig in der Herstellung, universell verwendbar, es hat unser Leben enorm vereinfacht — und es ist praktisch überall in der Natur rund um den Globus zu finden. Ein europäisches Forscherteam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von der Universität Utrecht, der Universität Kopenhagen und der Freien Universität Brüssel fand im Rahmen einer aktuellen Studie nun erstmals Nanoplastik im Eis der Polargebiete. Sie konnten die winzig kleinen Partikel, die kleiner sind als ein Tausendstel Millimeter, in einem Eiskern vom grönländischen Eisschild, der bis in die 1960er Jahre zurückreicht, und im antarktischen Festeis nachweisen.
Als Mitte des letzten Jahrhunderts der Siegeszug der Kunststoffe begann, dachte wohl kaum jemand daran, welche negativen Folgen diese praktischen, universell einsetzbaren Materialien einmal auf Tiere und Ökosysteme haben würden. Und heute, gut 70 Jahre und mehr als zehn Milliarden Tonnen produzierte Kunststoffe später, finden wir es als Makro-, Mikro- und Nanoplastik in jedem Winkel unseres Planeten. Nachdem Nanoplastik bereits auf Berggipfeln der Alpen, im Meerwasser und in Flüssen gefunden wurde, wiesen Forscher die winzigen Partikel nun also auch im Eis von Grönland und der Antarktis nach. Somit kann man davon ausgehen, dass Nanoplastik überall auf der Erde in der Atmosphäre, in den Böden, in Gletschern, in sämtlichen Gewässern und Ozeanen vorhanden ist.
Die Quellen und die Transportwege von Nanoplastikpartikel sind noch nicht so gut verstanden wie die von Mikroplastik. Die ersten Studien zu Nanoplastik in der Umwelt legen jedoch nahe, dass die Partikel durch natürliche Erosion — durch physikalische, chemische und biologische Prozesse — entstehen und mit Wind und Wasser bis in entlegene Regionen wie Arktis und Antarktis transportiert werden.
«Unsere Daten legen nahe, dass die Verschmutzung durch Nanokunststoffe kein neues Problem ist. Wir werden uns dessen erst jetzt bewusst, weil wir erst kürzlich die richtige Methode zur Messung entwickelt haben. Im grönländischen Kern sehen wir eine Verschmutzung durch Nanokunststoffe, die bis in die 1960er Jahre zurückreicht. Die Organismen in dieser Region, und wahrscheinlich auf der ganzen Welt, sind also schon seit geraumer Zeit damit belastet.»
Dr. Dušan Materić, Institut für Meeres- und Atmosphärenforschung Utrecht (IMAU) und Hauptautor der Studie
Für die aktuelle Studie entnahmen die Wissenschaftler einerseits einen 14 Meter langen Eiskern aus dem grönländischen Eisschild, der die Ablagerungen aus den Jahren von 2015 bis 1965 abbildet. Die durchschnittliche Konzentration von Nanoplastik im Eis beträgt 13,2 Nanogramm pro Milliliter, wobei die Konzentration bereits in den späten 1960er Jahren mit etwa 40 Nanogramm pro Milliliter überdurchschnittlich hoch war. Fast die Hälfte der Partikel konnten die Wissenschaftler Polyethylen zuordnen, das zu den am meisten verwendeten Polymertypen gehört, typischerweise in Form von Einwegverpackungen, Folien und anderen. Partikel, die aus Reifen stammen, und PET-Fragmente waren ebenfalls mit größeren Anteilen nachweisbar.
Andererseits untersuchten die Forscher einen Eiskern aus dem Festeis im McMurdo Sound in der Ostantarktis, der mit durchschnittlich 52,3 Nanogramm pro Milliliter sogar eine noch höhere Konzentration an Nanoplastik enthielt. Hier fanden sie allerdings nur drei Polymertypen, Polyethylen, PET und Polypropylen, wobei PE mit über 50 Prozent den größten Anteil ausmachte. Reifenpartikel fanden sie hingegen keine.
Das Forscherteam zeigte sich angesichts der Mengen von Nanoplastik im Eis überrascht. «Jetzt wissen wir, dass Nanoplastik in diesen Mengen bis in diese Ecken der Erde transportiert wird. Dies deutet darauf hin, dass Nanoplastik tatsächlich ein größeres Verschmutzungsproblem darstellen, als wir dachten», so Dr. Materić.
Die Auswirkungen von Nanoplastik auf Organismen sind aufgrund der schwierigen Nachweisbarkeit der winzigen Partikel noch nicht gut erforscht. Frühere Studien haben konnten jedoch bereits zeigen, dass Nanopartikel toxische Wirkungen hervorrufen und das Wachstum und die Entwicklung behindern sowie zu Fehlbildungen bei der Larvenentwicklung und zur Bildung von Sauerstoffradikalen führen kann. Beim Menschen kann Nanoplastik, Zellen schädigen, Entzündungen auslösen und ebenfalls vermehrt Sauerstoffradikale bilden.
Julia Hager, PolarJournal