Walross – Der sanfte Koloss | Polarjournal
Walrosse ernähren sich fast nur von kleinen Muscheln. Wie bringen sie die aus dem Boden? Mit ihren Stosszähnen, vermutete man bisher. Das stimmt nicht. (Foto: Heiner Kubny)

Von Peter Balwin

Rund um den Nordpol lebt ein Tier, das es dem Menschen schon immer angetan hat – im gutem wie im schlechten Sinne. Dabei kennen wir Mitteleuropäer dieses arktische Charaktertier seit erst fünfhundert Jahren. Vielen, denen es vergönnt war, diesem Tier wenigstens einmal im Leben gegenüber zu stehen, begegnen ihm heute noch mit einer undefinierbaren Mischung aus Neugierde, Abneigung, Faszination und einem kleinen bisschen widerwilligem Schaudern vielleicht: das Walross!

Die grösste Robbe der nördlichen Halbkugel erhielt von Anbeginn ihrer Kontakte zu europäischen Seefahrern des 16. Jahrhunderts keine löblichen Attribute zugesprochen. Der erste Eindruck von einem Walross sei „kein günstiger“, wusste Alfred Brehm selbst noch in den 1870-er Jahren in seinem berühmten „Thierleben“ zu berichten. Das „ozeanische Monsterschwein“ oder die „Meereskuh“ trug „stachlige Bürsten rund um sein Ochsenmaul“ (1671) und regte die Phantasie der damaligen Entdecker regelrecht an. Das „Seepferd mit zwei langen, abstehenden Zähnen“ (Holland, 1578) „klettert mit seinen Zähnen auf die Gipfel der Felsen, von wo es sich wieder zurück ins Meer wälzt – falls es nicht an den Felsen hängen bleibt, vom Schlafe überrascht,“ (Olaus Magnus, 1539).

Walrosse in Spitzbergen – etwa 20.000 bis 30.000 Individuen des Atlantischen Walrosses (Odobenus rosmarus rosmarus) beheimaten die zentrale kanadische Arktis über Grönland und Spitzbergen bis zur russischen Karasee östlich von Nowaja Semlja. (Foto: Heiner Kubny)

Bis zum ausgehenden 16. Jahrhundert hatte noch kaum jemand bei uns ein echtes Walross gesehen – oder als solches erkannt. Die markanten Stosszähne dieser riesigen Robbe hingegen waren seit dem 9. Jahrhundert begehrte Handelsobjekte. So etwa zahlte das Bistum der Wikinger auf Grönland 1282 seinen Zehnten an Rom in Ochsenhäuten, Robbenfellen und – Walrosszähnen. Im Jahre 1520 wollte ein Bischof im norwegischen Trondheim wohl besonders gut dastehen, indem er nicht nur die Zähne des Walrosses nach Rom lieferte, sondern gleich den ganzen eingesalzenen Kopf an Papst Leo X. spedierte. Jener Walrosskopf, unterwegs in die Heilige Stadt, wurde via Strassburg befördert, wo ihn Albrecht Dürer meisterhaft abzeichnete und so den wissbegierigen Menschen Europas zum ersten Mal eine brauchbare Darstellung dieses „Ungeheuers“ lieferte.

Kopf eines Walrosses, gezeichnet von Albrecht Dürer im Jahr 1521. (Foto: Wikipedia)

Mit der Suche nach einem schnelleren Weg zu den Gewürzinseln im Fernen Osten stachen im 16. und 17. Jahrhundert immer mehr europäische Expeditionen in See und nahmen Kurs in die Arktis. Den ersehnten Durchschlupf nach Japan fanden sie allerdings dann noch nicht. Aber jede dieser oft tragisch verlaufenden Schiffsreisen lüftete den Schleier des Unbekannten über der Arktis mehr und mehr. Geschichten über neue Inseln, fremdartige Menschen und seltsame Tiere erreichten die Handelsherren in Europa. Und die ersten gefangenen „Walpferde“ fanden ihren Weg wiederholt und unfreiwillig zu den staunenden Aristokraten, das Erste nachweislich im Jahre 1608.

Damals jedoch versetzte nicht das Walross die Kommerzialräte, Navigatoren und Companien in Aufregung, sondern die Meldung von arktischen Meeren, in denen es vor lauter Wal-Leibern zu brodeln schien. Die Jagd auf Wale in Spitzbergen und Grönland galt damit als eröffnet, mit den bekannten tragischen Konsequenzen für die Walpopulationen, die wir heute, 400 Jahre später, immer noch deutlich wahrnehmen können. Erst als es bald keine Wale mehr zu erlegen gab, wandte man sich notgedrungen anderen Tierarten zu – und das Walross geriet ins Visier der erbarmungslosen Robbenjäger.

„Sie werden alleine um deren Zähne gefangen,“ gibt Friderich Martens in seiner Reisebeschreibung von 1671 zu. Und weiter schreibt er: „Wann der Wall Ross getötet ist, hauet man ihm den Kopf ab, den Leib lassen sie liegen oder lassen ihn im Wasser treiben. Den Kopf nehmen sie mit an das Schiff, da werden die Zähne aussgehauen, die zwei grossen Zahn gehören den Redern oder Kaufleuten des Schiffes, die kleinen Backen-Zähn werden wenig geachtet.“

Schnitzereien aus Walrosselfenbein haben in der Arktis eine weit zurück reichende künstlerische Tradition. Bis heute trägt vielerorts in der Arktis das Gestalten von Kunstwerken aus Walrosselfenbein zur Wertschöpfung bei, so in vielen Dörfern in Tschukotka (vor allem Uelen) und Alaska, sowie Nunavut, obwohl der internationale Handel mit Walrosselfenbein durch das Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen beschränkt wird. Auf dem Bild sind kunstvoll verarbeitete Walrosshauer welche in Uelen (Tschukotka) hergestellt wurden. Heute ist die Jagd nach Walrossen streng limitiert und kontrolliert (Foto: Heiner Kubny)

Der Zahnläufer als Zielscheibe

Die Gier nach diesen beiden hauerartig verlängerten oberen Eckzähne machten den Walrossen beinahe den Garaus. Diese Zähne lieferten das von alters her begehrte Elfenbein für Schnitzereien, welches über Jahrhunderte hinweg gesucht war, weshalb das Walross weit oben stehen blieb auf der Jagdliste europäischer und nordamerikanischer Geschäftsleute. Man schätzt, dass es in Nordamerika und dem europäischen Nordpolargebiet viele hunderttausend Walrosse gegeben haben musste, bevor die Europäer die Neue Welt entdeckten.

Im späten 18. Jahrhundert, als der Walfang zu Ende ging, begann die kommerzielle Jagd auf Walrosse. Nicht nur das Elfenbein der Hauer war begehrt. Walrosse mit ihrer bis zu zehn Zentimeter dicken Speckschicht lieferten Öl. Und auch die zwei bis vier Zentimeter starke Haut wurde verwertet; unter anderem stellte man daraus Treibriemen für Maschinen her; sechzig oder mehr Männer könnten an einem Walross-Lederriemen ziehen, ohne ihn zu zerreissen, heisst es in einem Dokument aus dem 13. Jahrhundert.

Das Abschlachten nahm ein ungeheuerliches Ausmass an. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts ist die gesamte Population des Atlantischen Walrosses (Odobenus rosmarus rosmarus) in jedem Winkel seines Verbreitungsgebietes beinahe völlig ausgerottet worden. Die Gesetze zum Schutz dieser charakteristischen Robbe in den verschiedenen Anrainerstaaten der Arktis kamen fast zu spät. Als erstes erkannten die Russen den Ernst der Lage und erliessen bereits 1921 Jagdvorschriften, welche 1956 noch ausgeweitet wurden, so dass seither nur noch die Ureinwohner Russlands, für welche die Jagd Lebensgrundlage ist, dort in beschränktem Masse Walrossen nachstellen dürfen.

Das Jagen von Walrossen ist nur noch in beschränkter Anzahl indigenen Völkern gestattet. Wie hier in Vankarem (Tschukotka), an der Küste des arktischen Ozeans, dient das Fleisch zur Ernährung der 200 Menschen zählenden Dorfgemeinschaft. (Foto: Heiner Kubny)

Ähnliches gilt auch für Grönland, an dessen wilder Ostküste 1956 ein vollständiges Jagdverbot für Walrosse verhängt wurde. Trotzdem werden jedes Jahr noch 20 bis 30 dieser Tiere erlegt. An der grönländischen Westküste hingegen ist eine nachhaltige Jagd für Einheimische erlaubt. Kanada zog anfangs der dreissiger Jahre nach, und in Alaska ist die Jagd heute den Ureinwohnern (Indianern, Aleuten und Inuit) vorbehalten.

In Spitzbergen sind diese Tiere seit 1952 vollständig geschützt, als klar wurde, dass damals dort gerade mal rund hundert Walrosse das Gemetzel überlebt hatten.

Abgesehen von denjenigen Walrossen, die heute noch Jagdopfer der indigenen Völker werden, kann sich der urtümliche „Zahnläufer“, wie Odobenus auf Griechisch heisst, heute endlich wieder unbekümmert an den Stränden der kalten Küsten ausruhen. Seit gut einem dreiviertel Jahrhundert stehen die Vertreter der beiden Walross-Unterarten, des Atlantischen und des Pazifischen, mehr oder minder unter Schutz.

Traditionelle Jäger nutzten alle Teile des Walrosses. Das Fleisch wird oft durch Fermentierung konserviert (im Bild) und ist eine wichtige Nahrungsquelle für den Winter. Einige Volksgruppen, vor allem die Küsten-Tschuktschen und die Yupik an der Beringsee, decken zum Teil noch heute bis zur Hälfte ihres Proteinbedarfs mit Walrossfleisch, aber auch mit dem Fleisch von Bartrobben, Ringelrobben und Walen. (Foto: Heiner Kubny)

Schwergewichtige Unterarten

Und jetzt bemerken wir Menschen, dass wir von diesem Tier, das so lange verfolgt wurde, noch gar nicht alles aus seinem spannenden Leben kennen. Dabei tummelten sich die ersten Walrosse bereits vor 18 Millionen Jahren in den Gewässern des frühen Miozäns. Noch vor etwa 2’000 Jahren gehörte das Walross zur ganz normalen Tierwelt der Nordsee, wohin es sich, nota bene, hin und wieder immer noch zurück verirrt: aus dem 20. Jahrhundert gibt es ein gutes halbes Dutzend gemeldeter Walross-Beobachtungen aus der Nordsee. Als bisher letzter Besucher aus der Arktis gilt ein junges Walross-Weibchen, das zuerst Anfang September 2021 auf der Insel Baltrum im niedersächsischen Wattenmeer entdeckt worden war und von dort aus ein regelrechtes „Inselhüpfen“ begann, denn das Jungwalross wurde allein im September auf noch vier weiteren Nordseeinseln gesichtet.

Während Zoologen – hätte es sie damals schon gegeben – in prähistorischer Zeit 13 Arten des Walrosses hätten unterscheiden können, so kommt heute nur mehr 1 Art vor, das Walross eben, oder Odobenus rosmarus. Allerdings unterscheiden Fachleute zwei Unterarten, deren Trennung gute 500’000 bis 785’000 Jahre zurück liegt und deren körperliche Unterschiede selbst für uns Laien erkennbar sind.

Atlantische Walrosse – männliche Walrosse (rechts) werden bis zu 1500 Kilogramm schwer, während die Weibchen nur 700 bis 900 Kilogramm auf die Waage bringen. (Foto: Heiner Kubny)

Da sind zum einen die 20’000 bis 30’000 Individuen des Atlantischen Walrosses (Odobenus rosmarus rosmarus) „unserer“ Region. Sein Lebensraum reicht von der zentralen kanadischen Arktis über Grönland und Spitzbergen bis zur russischen Karasee östlich von Nowaja Semlja. Während die 3,5 Meter langen Männchen bis 1’500 Kilogramm auf die Waage bringen, scheinen die Weibchen mit ihrer Körperlänge von 2,5 Metern und einem Gewicht von 700 bis 900 Kilogramm geradezu zierlich. Noch weiter östlich an der Nordküste Sibiriens stösst man auf das Laptev-Walross (Odobenus rosmarus laptevi), welches manchmal als dritte Unterart angeführt wird.

Zum anderen leben in der Region der Beringstrasse zwischen Russland und Alaska etwa 200’000 Tiere, die zur Unterart des Pazifischen Walrosses (Odobenus rosmarus divergens) gehören. Sie sind merklich grösser als ihre europäischen Artverwandten. Ein Männchen bringt dort schnell mal 1’700 Kilogramm auf die Waage und erreicht eine Körperlänge von 4 Metern. Auch die Zähne sind beim Pazifischen Walross länger und erscheinen deshalb schön auseinander gebogen oder weggedreht (lat. divergens). Typisch für diese Unterart sind die Fotos, die wir alle schon irgendwo einmal gesehen haben: Weite Strände, von denen man eigentlich gar nichts sieht – weil jeder Quadratmeter von einem dicken, rosaroten Walross belegt ist und sich tausende dieser Tiere ins Bild drängeln.

Pazifische Walrosse in Vankarem (Tschukotka), eine der grössten Kolonien mit bis zu 20’000 Walrosse. Bei den Einstiegstellen zum Wasser kommt es gelegentlich zu Staubildungen. (Foto: Heiner Kubny)

Wedeln beim Essen

Walrosse ernähren sich hauptsächlich von eher kleinen Lebewesen des Meeresgrundes (des Benthals). So stehen etwa benthische Wirbellose wie zweischalige Muscheln (zum Beispiel die Felsenbohrmuschel, auch Nordischer Steinbohrer genannt) ganz oben auf dem Menü. Für Abwechslung auf dem Speisezettel sorgen Tintenfische, Polardorsch, Würmer, Krabben und Flohkrebse, Seegurken – und ab und zu eine Ringelrobbe.

Nichts geht einem Walross aber über seine geliebten Muscheln. Schätzungen zufolge konsumiert ein Walross durchschnittlich 6,2 Prozent seines Körpergewichtes durch den Verzehr von wirbellosen Tieren des Meeresgrundes. Umgerechnet heisst das, dass ein 1’000 Kilogramm wiegendes Walross jeden Tag 180 bis 240 Kilogramm an Muscheln ausschlürfen muss, um an die notwendige tägliche Ration von 60 Kilogramm weichem Muschelfleisch zu gelangen. Zu diesem Zweck muss ein Walross zwischen 4’000 und 6’000 Muscheln pro Tag aufspüren. Führen wir dieses Unterwasserrechnen noch etwas weiter, so kommen wir auf die stolze Zahl von 8’900 Tonnen Nahrung, welche allein die gesamte Population des Pazifischen Walrosses in der Region des Beringmeeres jeden Tag verschlingt – oder 3,2 Millionen Tonnen pro Jahr.

Weil sich die Mahlzeiten in den obersten, schlammigen Schichten des Meeresbodens verstecken, muss ein Walross gehörig Staub aufwirbeln, um an sein Mittagessen zu gelangen. Die Nahrungssuche des Walrosses am Meeresgrund führt deshalb ganz nebenbei dazu, dass grosse Mengen der oberen Sedimentschicht stark umgepflügt werden. Dies wiederum könnte wesentlich dazu beitragen, dass die Produktivität in den Nahrungsgebieten der Walrosse mächtig angeheizt wird, weil durch das Pflügen Nährstoffe freigesetzt werden. Ohne das Zutun der Walrosse würden diese Stoffe im Bodenschlick eingeschlossen bleiben.

Für ein Walross heisst essen also gleichzeitig auch tauchen. Das Meer sollte aber nicht tiefer als rund 80 Meter sein. (Foto: Heiner Kubny)

Am Meeresgrund angekommen, bringt das Walross ein weiteres Merkmal seines urchigen Aussehens ins Spiel, die Tastborsten auf der Nase, auch Vibrissae genannt. 600 bis 700 solcher Nasenhaare – mehr als bei anderen Robbenarten – zieren eine Walrossschnauze und geben dem Tier sein typisch unrasiertes Äusseres.

Diese Borsten sind eigentliche empfindliche Organe, jede einzelne mit Nerven und Blutbahnen versorgt und an kleine Muskeln angehängt. Walrosse können sie also gruppenweise bewegen und mit Hilfe dieser Tasthaare Form und Grösse ihrer Beute erkennen. Dank Filmaufnahmen durch wissenschaftliche Taucher vor Ostgrönland konnte vor ein paar Jahren erstmals nachgewiesen werden, wie denn nun ein Walross an seine Nahrung gelangt.

Erstaunliches Ergebnis dieses Forschungsprojektes: Walrosse neigen dazu, während der Nahrungssuche vor allem die rechte Vorderflosse zu benutzen. Damit wedeln sie die Sedimentschicht weg und legen so die Muscheln frei. Diese Beobachtung wurde noch erhärtet durch Messungen an gut zwei Dutzend Walrossskeletten aus Museumssammlungen. Tatsächlich, bei allen waren die vorderen Gliedmassen (Schulterblatt, Oberarmknochen, Elle) rechts bedeutend länger als links.

Neben dieser bevorzugten Methode, ihre Nahrung freizulegen, benutzen Walrosse auch öfters mal die linke Vorderflosse, produzieren mit dem Mund einen extrem starken Wasserstrahl oder rutschen auf der Schnauze durchs Sediment (womit man den alten Griechen wieder Recht geben muss: Odobenus, der Zahnläufer…).

Und die Hauer? Die alte Meinung, Walrosse würden ihre Nahrung mit den mächtigen Eckzähnen ausgraben, ist falsch und längst widerlegt. Die Zähne dienen als Waffen, haben eine soziale Signalfunktion, sind dienlich beim Heraushieven auf eine Eisscholle, vergrössern im Nu ein Atemloch im Packeis, oder geben ein praktisches „Kopfkissen“ ab bei plötzlichen Müdigkeitsanfällen an Land.

Und dorthin kommt ein Walross nur, um sich auszuruhen, denn das Leben ausserhalb des Wassers ist für eine derart schwere, plumpe Robbe gar nicht lustig. Walross-Ruhepätze findet man denn auch nur an flachen arktischen Stränden, meist nahe bei guten Nahrungsgebieten in seichten Meeresregionen, und nur wenige dutzend Meter vom Meer entfernt.

Der Nachwuchs der Walrosse wird während zwei Jahren von der Mutter gestillt. Walross-Weibchen können deshalb nur alle 2-3 Jahre ein Junges gebären. (Foto: Heiner Kubny)

Lange Tragzeit und Aufzucht

Im Sommer kehren diese leistungsstarken Schwimmer nach einem opulenten Muschelmahl beinahe weisshäutig zu einem Ruheplatz zurück, wo sie dicht an dicht gedrängt, zu Dutzenden bis zu Tausenden friedlich an der arktischen Sonne dösen. Schon nach kurzer Zeit sind die dicken Speck- und Hautschichten wieder wohlig durchblutet, und die Tiere nehmen eine rosarote Farbe an. Im Winter allerdings leben Walrosse südlich ihrer dann vereisten Sommerplätze, weit im Meer, an der Grenze des Packeises.

Irgendwo dort draussen im Eismeer, während des düster-dämmrigen Polarwinters, paaren sich die Walrosse. Es dauert 15 bis 16 Monate, bis das Walrossbaby geboren wird, worauf es gute zwei Jahre gestillt wird – mit ein Grund, weshalb Walross-Weibchen nur alle 2 bis 3 Jahre ein Junges austragen können. Bei keiner anderen Robbenart ist die Fortpflanzungsrate derart tief.

Und wenn man nun einem Walross lange genug in seine kleinen, kurzsichtigen, roten Augen blickt, an seine traurige Geschichte und sein faszinierendes Leben denkt, dann wird man “diese ungeheuerlichste aller Robben“ (Brehms „Thierleben“) unwillkürlich in sein Herz schliessen.

Dichte-Stress in der Walrosskolonie. (Foto: Heiner Kubny)

Walross-Webtipp:

Zur Zeit kann im Internet unter www.biomedcentral.com/1472-6785/3/9, dort im Kapitel „Results“ unter Punkt 3, eine Filmsequenz im avi-Format herunter geladen werden, welche die eigentümliche Nahrungssuche eines Walrosses auf dem Meeresgrund vor Ostgrönland veranschaulicht.

Von Peter Balwin (Text)

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