Ukaleq Slettemark (im Bild) ist eine grönländischer Biathletin, die an den Olympischen Winterspielen in Peking teilnehmen wird. Sollte sie jedoch in einem der drei Rennen, für die sie sich qualifiziert hat, eine Medaille gewinnen, wird die 20-Jährige nicht ihre eigene Fahne wehen sehen. Stattdessen ist es die Nationalflagge Dänemarks, die nach den Regeln des Internationalen Olympischen Komitees gehisst werden muss.
Im Gegensatz zum Dachverband des Biathlons, wie auch zu den Dachverbänden aller anderen Sportarten, in denen Grönland international antritt, erkennt das Internationale Olympische Komitee (IOC) Grönland nicht an. Das bedeutet, dass Ukaleq Slettemark und andere grönländische Athleten zwar ihr Land bei allen möglichen Wettbewerben im Ausland vertreten dürfen. Doch wenn sie erfolgreich genug sind, um an den Olympischen Spielen teilzunehmen, dann nur im Namen Dänemarks.
Grönland ist nicht das einzige halbautonome Land, das sich in dieser Situation befindet: Die Färöer-Inseln beispielsweise müssen ihre Athleten ebenfalls in dänischen Trikots zu den Olympischen Spielen schicken; schottische und walisische Athleten sind Mitglieder der britischen Nationalmannschaft (nordirische Athleten können entweder das Vereinigte Königreich oder Irland vertreten). Die meisten Athleten akzeptieren dies und stellen den Sport über die Politik. Wären die historischen oder politischen Gegebenheiten oder sogar der Zeitpunkt anders, könnten ihre Länder zu den Nationen gehören, die einen ähnlichen politischen Status haben und zur Teilnahme zugelassen sind.
Dass Taiwan (offiziell „Chinesisch-Taipeh“), Palästina, Puerto Rico und acht weitere Länder Mannschaften aufstellen dürfen und Grönland nicht, liegt an einer Regeländerung aus dem Jahr 1996, die die Mitgliedschaft im IOC und damit das Recht, Athleten zu den Olympischen Spielen zu entsenden, auf „unabhängige, von der internationalen Gemeinschaft anerkannte Staaten“ (sprich: Mitglieder der UN) beschränkt. Bestehende Mitglieder, die diese Bedingung nicht erfüllten, hatten Bestandsschutz.
Die anschließende dänische Lobbyarbeit beim IOC im Namen Grönlands und der Färöer-Inseln blieb erfolglos, und es scheint, dass ihre olympischen Hoffnungen dahin sind, solange sie nicht ihre Unabhängigkeit erklären.
„Die Regeln besagen eindeutig, dass Länder von der UNO anerkannt werden müssen, also können wir nicht viel tun“, sagte Brian Mikkelsen, ein ehemaliger dänischer Sportminister, im Jahr 2006, nachdem er erfolglos beantragt hatte, Grönland in das IOC aufzunehmen. Eine Bewerbung des damaligen dänischen Ministerpräsidenten Lars Løkke Rasmussen aus dem Jahr 2018, die Färöer-Inseln für die Olympischen Sommerspiele 2020 zuzulassen, ging ebenfalls leer aus, obwohl sie von mehreren anderen Ländern unterstützt wurde.
Frau Slettemark sagte, dass der Wettbewerb das Wichtigste sei, und dass es zwar schön wäre, in einem grönländischen Team zu sein, sie aber zufrieden sei, dass jeder in Grönland wisse, für welches Land sie antrete. Es sei eine Ehre, das Land zu vertreten, dessen Staatsbürgerin sie sei, sagte sie, aber da sie eine grönländische Mutter und einen norwegischen Vater habe und den größten Teil ihrer Ausbildung in Norwegen absolviert habe, vergleiche sie die Forderung, für Dänemark anzutreten, mit der Forderung an einen Dänen, für Schweden anzutreten.
Obwohl sie die grönländische Flagge von ihrem normalen Rennanzug (siehe Bild unten) entfernen muss, darf sie das von den Inuit inspirierte Muster behalten, und sie hat sich darüber gefreut, dass das Team Dänemark ihre Aufwärmkleidung mit einem Muster versehen hat, das der grönländischen Flagge ähnelt, anstatt dem von der dänischen Flagge inspirierten Muster, das andere Teammitglieder tragen werden. Manchmal kommt es einfach auf das Äußere an.
Kevin McGwin, PolarJournal
Mehr über dieses Thema