Argentinien legt Grundstein für neue Basis und plant neues Polarschiff | Polarjournal
Argentiniens einziger Eisbrecher, die «Almirante Irizar» im Hafen von Ushuaia. Von hier aus versorgt das Schiff die argentinischen Stationen und führt Forschungsfahrten durch. Jetzt erhält das Schiff bald Unterstützung. Bild: Argentinische Regierung via Wikicommons CC-BY 2.5

Einige Antarktisvertragsstaaten haben in den vergangenen Jahren ihre Strukturprogramme stark vorangetrieben und Stationen entweder neu geplant oder renoviert, neue Schiffe gebaut und ihre Logistikpunkte ausgebaut. Auch Argentinien macht grosse Schritte in seinen Plänen für die Antarktis. Nun wurden gleich zwei Meilensteine innert weniger Wochen erreicht.

Einerseits verkündete vor einigen Tagen die argentinische Werft Tandanor, dass sie mit der finnischen Schiffsbaufirm Aker Arctic einen Vertrag über den Bau eines neuen Polarschiffes zur Verstärkung des einzigen argentinischen Eisbrechers Almirante Irizar abgeschlossen habe. Desweiteren wurde am 4. März in Ushuaia offiziell der Grundstein für das neue Marinebasis / Logistikzentrum durch den Verteidigungsminister Jorge Taiana gelegt. Beide Projekte werden von der argentinischen Regierung finanziert und soll nach deren Willen Versorgung der dreizehn argentinischen Stationen in der Antarktis verbessern und gleichzeitig den Anspruch Argentiniens als eine der führenden Antarktisnationen in der Region unterstreichen.

Seit langer Zeit will Argentinien wieder ein eigenes Polartaugliches Schiff bauen. Dazu unterzeichnete Tandanor-Chef Miguel Tudino einen Kooperationsvertrag mit der finnische Schiffsbaufirma Aker Arctic. Bild: Tandanor

Seit 2014 hatte Argentinien bereits geplant, ein neues Schiff für die Antarktis zu bauen. Doch die Wirtschaftskrise und der Regierungswechsel verzögerten das Projekt. Darum hatte Argentinien seinen Eisbrecher modernisiert und aufgerüstet. Doch nun hat die argentinische Regierung umgerechnet rund 6 Millionen Euro (6.5 Millionen US$) bereitgestellt, um gemeinsam mit der finnischen Firma Aker Arctic das Schiff zu bauen. Im Vertrag wurde nun festgelegt, dass das Schiff in der Werft von Tandanor gebaut werden soll und dass Aker Arctic die grundsätzliche Technik mit Tandanor entwickeln wird. An der Unterzeichnung, die aufgrund der COVID-Pandemie als Online-Event durchgeführt worden war, erklärte Tandanor-Chef Miguel Tudino: «Die finnische Beraterfirma ist verantwortliche für das Design von rund 85 Prozent aller Polarschiffe. Deswegen haben wir mit ihnen abgemacht, dass wir gemeinsam die grundsätzlichen Arbeiten entwickeln werden und bei Tandanor werden wir die elektrischen und elektronischen Arbeiten des Projekts angehen.» Die bei der Unterzeichnung anwesende finnische Botschafterin in Argentinien, Kirsi Vanamo-Santacruz, erklärte: «Wir sind sehr glücklich, dass Tandanor und Argentinien die finnische Firma Aker Arctic ausgewählt haben. Ein konkretes Zeichen für die Stärkung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern.» Für die Entwicklung und den Bau des Schiffes hat Tandanor insgesamt knapp 7.5 Jahre veranschlagt, rund 29 Monate für die Entwicklung und 5 Jahre für den Bau.

Auf der Ushuaia-Halbinsel ist der Grundstein für das geplante Megaprojekt eines Antarktis-Hubs und Marinebasis gelegt worden. Verteidigungsminister Jorge Taiana eröffnete die Bauarbeiten im Beisein von Behörden und Militär in Ushuaia. Bild: Pressebüro Argentinische Regierung

Kurz darauf wurde in Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt, im Beisein des argentinischen Verteidigungsministers Jorge Taiana, lokaler Behördenvertreter und Militärs der Grundstein für die neue Marine- und Logistikanlage gelegt. Dabei erklärte er, dass mit dem neuen Zentrum und der neuen Basis die nationale Anwesenheit in Tierra del Fuego gestärkt und die Entwicklungs- und Logistikmöglichkeiten Argentiniens in der Antarktis und im Südatlantik ausgeweitet werden sollen. «Wir müssen den Zugang zur Antarktis stärken und bessere Möglichkeiten bieten. Aus diesem Grund arbeiten wir neben anderen Verbesserungen an der Wiederherstellung der Petrel-Station, die Argentiniens siebte permanente Basis auf dem weissen Kontinent werden soll», erklärte Minister Taiana. Auch am Bau der Basis wird Tandanor beteiligt sein. Denn das Projekt soll in mehreren Schritten realisiert werden: Zuerst sollen zwei schwimmende Industriegebäude installiert werden, die für die Infrastrukturentwicklung verantwortlich sind. Danach sollen Pier und Administrationsgebäude gebaut werden, danach die Quartiere für Service und Militärangehörige. Die Kosten für das Mammutprojekt belaufen sich gegenwärtig auf über 270 Millionen Euro (300 Millionen US$) und soll neben dem Hafen auch einen Hangar für Transportflugzeuge vom Typ Hercules C130 und Treibstofflager beinhalten.

In den vergangenen Monaten hatte die Regierung in Buenos Aires die Rhetorik rund um die Falklands/Malvinas wieder verschärft. Auch die Grundsteinlegung wurde mit viel militärischen Ehren und Hinweisen auf die neue argentinische Verteidigungsstrategie im Südatlantik und Antarktis zelebriert. Bild: Pressebüro Argentinische Regierung

Der Ausbau des Stützpunktes in Ushuaia, die Modernisierung und Aufrüstung des Eisbrechers und auch der Bau des neuen Polarschiffes sind ein Teil des Auftrages von Präsident Alberto Fernandez an das Verteidigungsministerium zur Entwicklung einer neuen Strategie für den Bereich im Südatlantik und die Antarktis. Und sowohl Verteidigungsminister Taiana wie auch Tierra del Fuego Gouverneur Melella wiesen bei ihren Reden auf die Verteidigungsbereitschaft Argentiniens hin und erwähnten auch das Dauerbrennerthema Falkland/Malvinas. Damit stiegen sie auf die verschärfte Rhetorik der Regierung in Buenos Aires in den vergangenen Monaten um den Status der Falklands/Malvinas mit ein. Doch hoben beide auch die Bedeutung des neuen Zentrums für Ushuaia als Tor zur Antarktis hervor. «Wir haben mit der Bundesregierung einen Konsens erzielt, dass wir mit der Gemeinde Ushuaia und dem Privatsektor zusammenarbeiten werden, damit dieses Gelände nicht Eigentum des Militärs ist oder von diesem verwaltet wird, da sonst keine Ausländer kommen werden, die ihre Ausrüstung und Sachen auf einem Militärgelände lassen werden», erklärte Melella gegenüber der Presse.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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