Feste Aerosole könnten Klima in der Arktis beeinflussen | Polarjournal
Feste Aerosole entstehen, wenn Ammoniumsulfat, das vom Ozean abgegeben wird, mit flüssigen Partikeln kollidieren. Dadurch kann die Wolkenbildung und somit das Klima in der Arktis verändert werden. Abbildung: Andrew Ault & Matt Gunsch

Die Arktis ist von der globalen Erwärmung betroffen wie kein anderer Ort auf der Erde. Das Meereis schrumpft rapide und es gibt mehr offenes Wasser, was dazu führt, dass mehr Gase und Aerosole aus dem Ozean in die Atmosphäre abgegeben werden, wodurch diese sich weiter erwärmt und es zu mehr Wolkenbildung kommt. In einer aktuellen Studie, die in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde, entdeckten Forscher in Nord-Alaska feste Aerosole in der arktischen Atmosphäre, wo typischerweise nur flüssige Aerosole zu finden sein sollten.

Die Forscherinnen und Forscher der University of Michigan sammelten im Jahr 2015 Aerosolproben in Utqiaġvik an der Nordspitze Alaskas und waren sehr überrascht, als die damalige Doktorandin Rachel Kirpes, Haupt-Autorin der Studie, später im Labor aerosolisierte Ammoniumsulfatpartikel entdeckte, die nicht wie erwartet flüssig, sondern fest waren. 

Aerosolpartikel spielen eine wichtige Rolle in der Wolkenbildung, da sie als Kondensationskeime dienen. Allerdings verhalten sich feste und flüssige Partikel unterschiedlich und eine höherer Anteil fester Aerosolpartikel über dem Arktischen Ozean könnte die Wolkenbildung in der Arktis verändern, was sich wiederum auf das Klima auswirkt. Angesichts des Eisverlusts in der Arktis erwarten die Forscher, dass sich mehr dieser ungewöhnlichen Partikel aus ozeanischen Emissionen in Kombination mit Ammoniak aus Vogelkot bilden werden. Zudem ist das Verständnis der Eigenschaften von Aerosolen in der Atmosphäre von entscheidender Bedeutung für die Verbesserung von Klimamodellen.


Größe, Zusammensetzung und Phase der atmosphärischen Aerosole wirken sich durch Wasseraufnahme und Wolkenbildung auf den Klimawandel aus. Die in der Studie beobachteten Aerosole waren bis zu 400 Nanometer groß. Abbildung: Andrew Ault & Rachel Kirpes

«Die Arktis erwärmt sich schneller als jeder andere Ort auf der Welt. Da wir mehr Emissionen aus offenem Wasser in der Atmosphäre haben, könnten diese Arten von Partikeln an Bedeutung gewinnen», erklärt Kerri Pratt, Außerordentliche Professorin für Chemie und Erd- und Umweltwissenschaften und Co-Autorin der Studie. «Diese Art von Beobachtungen sind deshalb so wichtig, weil wir so wenige Beobachtungen haben, um die Genauigkeit der Modelle der arktischen Atmosphäre zu bewerten. Bei so wenigen Beobachtungen gibt es manchmal Überraschungen wie diese, wenn man Messungen durchführt. Diese Partikel sahen anders aus als alles, was wir je in der Literatur, in der Arktis oder irgendwo sonst auf der Welt gesehen haben.»

Aerosolpartikel werden flüssig, wenn die relative Luftfeuchtigkeit 80 Prozent erreicht. Trocknet man das Aerosol wieder, wird es erst bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 35 bis 40 Prozent wieder fest. Da die Luft über dem Ozean feucht ist, sind in der Atmosphäre darüber flüssige Aerosole zu erwarten.

«Aber was wir gesehen haben, ist ein ziemlich neues Phänomen, bei dem ein kleines Teilchen mit unseren Tröpfchen kollidiert, wenn die Luftfeuchtigkeit unter 80 Prozent, aber über 40 Prozent liegt. Dadurch entsteht eine Oberfläche, auf der sich das Aerosol verfestigt und bei einer höheren relativen Luftfeuchtigkeit als erwartet zu einem Feststoff wird», beschreibt Andrew Ault, Professor für Chemie an der University of Michigan und Co-Autor der Studie. «Diese Partikel ähnelten viel mehr einer Murmel als einem Tröpfchen. Das ist wirklich wichtig, vor allem in einer Region, in der bisher nicht viele Messungen durchgeführt wurden, denn diese Partikel können schließlich als Keime für Wolken dienen oder Reaktionen auslösen.»


Es ist ein Teufelskreis: Je stärker sich die Arktis erwärmt, umso mehr offenes Wasser entsteht, das mehr Wärme aufnimmt als weiße Eisflächen und so noch mehr Eis schmelzen lässt. Zudem emittieren mehr offene Wasserflächen mehr feste Aerosole, die die Wolkenbildung und das Klima beeinflussen. Foto: Julia Hager

«Es ist unsere Aufgabe, den Modellierern zu helfen, ihre Modelle zu verfeinern», betont Ault. «Es ist nicht so, dass die Modelle falsch sind, aber sie brauchen immer mehr neue Informationen, wenn sich die Ereignisse am Boden ändern, und was wir gesehen haben, war etwas völlig Unerwartetes.»

Kerri Pratt ist überzeugt, dass die festen Aerosolpartikel vor mehreren Jahrzehnten, als es noch Eis in Küstennähe gab, noch nicht hätten beobachtet werden können und dass sie eine Folge des sich ändernden Klimas sind. «Wir müssen die Realität in Modellen erfassen, die Wolken und die Atmosphäre simulieren, die für das Verständnis des Energiehaushalts der arktischen Atmosphäre entscheidend sind, für diesen Ort, der sich schneller verändert als irgendwo sonst.»

Julia Hager, PolarJournal

Link zur Studie: Rachel M. Kirpes, Ziying Lei, Matthew Fraund et al. Solid organic-coated ammonium sulfate particles at high relative humidity in the summertime Arctic atmosphere. PNAS 119 (14) e2104496119, 2022. https://doi.org/10.1073/pnas.2104496119

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