«Taste the Arctic» – Eiscrème mit arktischem Geschmack geplant | Polarjournal
In weiten Teilen der Arktis bietet die Tundra vor allem im Sommer und Herbst einen reich gedeckten Tisch an Beeren, Pilzen und essbaren Pflanzen, den die arktischen Völker schon immer nutzen konnten. Bild: Carlo Lukassen

Die Arktis wird gerne als ein lebensfeindlicher Ort dargestellt. Doch tatsächlich bietet die Region den dort lebenden Menschen seit jeher beinahe alles, was sie zum Leben benötigen. Neben Fisch und Fleisch findet man in der Tundra auch einige Pflanzenarten, die den Einzug in die indigene Küche gefunden hatten. Ein kleines Schweizer Start-Up-Unternehmen möchte nun diese Geschmacksvielfalt in Form von Eiscrème den Menschen näherbringen. Dabei fürchten sie sich auch nicht vor exotischeren Geschmacksrichtungen.

Unter dem Label «Taste the Arctic» plant das junge Unternehmen World Ice AG aus Zürich, mit seiner ersten Produktlinie «die Eiscrème-Welt im Sturm zu erobern», wie Gründer Peter Müller gegenüber PolarJournal erklärt. «Die Arktis begeistert Jung und Alt, Eiscrème ebenso. Das ist es nur logisch, zwei derart coole Dinge miteinander zu verbinden. » Geplant ist, zuerst eine Produktpalette von 6 Geschmacksrichtungen anzubieten, die alle in der Arktis ihren Ursprung haben. Dabei möchte Müller nicht auf bekannte Dinge wie Blau-, Moor- oder Preiselbeeren setzen, sondern auf echte Neuheiten wie beispielsweise Roter Steinbrech, Strandroggen oder Zwergbirkensaft. «Eis aus diesen Beeren kennt man überall im hohen Norden. Doch die Inuit, die Wikinger und andere Bewohner der Arktis hatten auch andere Pflanzen verwendet. Und die wollen wir den Leuten näherbringen», erklärt Müller weiter.

Der isländische Hákari, auch gemeinhin als «Gammelhai» bekannt, ist eine bekannte und berüchtigte Spezialität. Dabei wird in einem Fermentierungsprozess Fleisch von Grönland- und anderen Haiarten verarbeitet und mit isländischem Schnaps serviert. Dies war die Ausgangsidee für «Taste the Arctic». Bild: Chris 73 / Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Die Idee für «Taste the Arctic» kam Müller bei einer Reise in Island vor 4 Jahren. «Wir waren damals zu viert unterwegs und hatten auch «Hákari» probiert, zusammen mit «Brennivin». Und jemand meinte im Spass, dass man das doch als Eiscrème anbieten sollte», erklärt Müller. «Erst hatten wir alle gelacht. Doch je länger ich darüber nachdachte, desto spannender fand ich die Idee. Also beschäftigte ich mich mit den Essgewohnheiten der Inuit und fand heraus, dass die Arktis sehr viele Geschmacksrichtungen zu bieten hat.» Zurzeit tüftelt Müller mit Lebensmittelingenieuren an den Feinheiten, den Geschmack der Pflanzen in die Eiscrèmeproduktion übertragen zu können und an der Konsistenz. «Technisch wäre es nicht so schwierig. Aber wir wollen sicherstellen, dass der Geschmack in hohem Mass in der Eiscrème rüberkommt, ohne dass wir auf zu viele Verstärker zurückgreifen müssen. Wir wollen Authentizität auf möglichst natürliche Weise erreichen.» Deswegen hatte Müller auch mehrfach Grönland und Island besucht und sich mit Einheimischen, Köchen, Jägern und Fischern unterhalten. «Es war unglaublich zu sehen, wie viele verschiedene essbare Pflanzen, Pilze, Wurzeln und sogar Moose es gibt.»

Eiscrème ist so beliebt wie kaum ein zweites Nahrungsmittel weltweit. Die Ursprünge sind nicht genau bekannt, könnten aber bis ins alte Perserreich zurückreichen und werden als Form von Sorbet beschrieben. Eiscrème mit Geschmack selbst ist erst seit dem 17. Jahrhundert bekannt. Symbolbild: ElinorD, CC BY-SA 3.0 Wiki Commons

Neben dem Geschmack müssen die Köpfe hinter World Ice AG aber auch die gesetzlichen Bestimmungen, Hygienevorschriften für die Produktion und vieles weiteres beachten. Ausserdem setzen Müller und sein Team auf Nachhaltigkeit und auch eine vegane Variante seiner Produkte. «Wir wollen sicherstellen, dass unsere Produkte den heutigen Standards nicht nur entsprechen, sondern sie sogar übertreffen. Daher arbeiten wir mit Einheimischen zusammen, die uns die Rohstoffe liefern. Denn sie wissen am besten, wie man umweltverträglich und nachhaltig sammelt und liefert.» Auf die Frage, welche die eingangs erwähnten «exotischen» Geschmacksrichtungen sein werden, schmunzelt Müller. «Wir arbeiten im Moment tatsächlich daran, auch den «Brennivin» und den «Hákari» aus Island in eine Eiscrème zu kriegen. Das hört sich vielleicht schräg an. Doch schliesslich gibt es auch die Stinkfrucht Durian als Eiscrème und die ist sehr beliebt.»

Rentiere sind bei der arktischen Bevölkerung ein beliebtes Nahrungsmittel. Dies wollen die Macher von «Taste the Arctic» ebenfalls in Form einer Eiscrème liefern. Bild: Heiner Kubny

Eine weitere Geschmacksrichtung, so Müller, soll auch aus Extrakten von Rentier bestehen, das im Zusammenspiel mit bestimmten Beeren sehr süsslich schmeckt. Dabei wird nicht einfach Fleisch zu Eiscrème verarbeitet, sondern man arbeite mit Extrakten, erklärt Müller. Rentiere sind als Nahrungsmittel sehr beliebt und wird vielfältig verwendet in der arktischen Küche. «Wir sind uns bewusst, dass die Hemmschwelle bei der Bevölkerung ausserhalb der Arktis sehr hoch liegt, solche Produkte probieren zu wollen», meint Müller. «Doch wir glauben daran, dass die Neugier und das Vertrauen in die Schweizer Qualität den Leuten die Hemmungen etwas nehmen werden. Ausserdem testen wir im Vorfeld sämtliche Produkte auch selbst. Meine Frau und meine beiden Kinder sind unsere grössten Kritiker.» Müller und das World Ice-Team planen, in genau einem Jahr, also April 2023 ihr Produktsortiment lancieren zu können. Dabei setzen sie auf eine Mischung aus Eigenvertrieb und Zusammenarbeit mit Restaurants. Bei einem Erfolg der Produktpalette möchte Müller diese erweitern: «Es gibt so viele Möglichkeiten bei Eiscrème, Geschmäcker miteinander zu kombinieren. Die Ideen werden uns sicherlich nicht ausgehen.»

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

Beitragsbild: Hanna Klimovic via Wiki Commons CC BY SA-4.0

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