Britisches Forschungsschiff beendet Praxistests im Eis | Polarjournal
Die erste Antarktis-Saison der RSS Sir David Attenborough war auch gleichzeitig der erste Praxistest des neuen britischen Forschungsschiffes. Insgesamt sind sowohl der British Antarctic Survey wie auch die Eignerin NERC (National Environmental Research Council zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen. Video: British Antarctic Survey Youtube-Kanal

Grossbritannien hat, wie viele andere Polarnationen, in den vergangenen Jahren stark in seine polare Infrastruktur investiert. Dazu zählt auch der Bau des neuesten Polarforschungsschiffes RRS Sir David Attenborough. Gebaut nach neuesten Erkenntnissen und ausgestattet mit zahlreichen Werkzeugen und Instrumenten konnte das Schiff die vergangenen Monate seine Fähigkeiten in der Antarktis in der Praxis testen. Die Tests waren erfolgreich, zeigten aber auch die Grenzen der Leistungsfähigkeit.

Insgesamt, so die British Antarctic Survey BAS, habe die RRS Sir David Attenborough die Tests erfolgreich und innerhalb des erwarteten Rahmens abgeschlossen. Man habe auf jedem Stärkelevel im Eis die Leistung gemessen und sie mit den modellierten Resultaten verglichen. Ralph Stevens, der Kapitän des Schiffes, erklärte in einer Pressemitteilung der BAS: «Insgesamt sind wir sehr erfreut mit der Leistung des Schiffes während der Versuche im Eis. In einigen Versuchen war sie sogar besser als erwartet.» Das Schiff uns seine Besatzung ist nun auf dem Rückweg nach Grossbritannien und währenddessen werden die gesammelten Daten ausgewertet.

Die “Sir David Attenborough» wurde im Verlauf ihrer Versorgungsmissionen während 10 Tagen zwischen der britischen Station Rothera und dem Thwaites-Gletscher getestet. Auch während der Missionen wurden die Parameter und die Leistungen des Schiffes aufgenommen. Dabei zeigten sich die Grenzen des Schiffes. Karte: Michael Wenger via Google Earth

Die Attenborough wurde einerseits während zehn Tagen extensiv getestet. Dazu suchten die Experten an Bord mit Hilfe von Satellitendaten geeignete Bereiche zwischen der antarktischen Halbinsel und der Bellingshausensee. Hier hatte das Schiff auch seine meisten Missionen zu absolvieren. Dazu zählten die Versorgung der britischen Antarktisstationen und eine Versorgungsfahrt für die «International Thwaites Glacier Collaboration». Die herrschenden Bedingungen an den Testorten wurden minutiös registriert und die Leistung des Schiffes in Sachen Eisbrechen, Wendigkeit, Motorenleistung und einigen weiteren Sparten gemessen und mit den in Modellen vorherberechneten Werten verglichen. Um genaue Werte für die Eisbrecherleistung und die aufgewendete Energie genau berechnen zu können, wurde das Schiff vor allem im Festeis getestet. Dies ist derjenige Teil des Packeises, der an der Küste festgemacht ist und sich kaum bewegt. «Was uns am meisten überraschte war, wie komfortabel das Schiff war während es durch das Eis fuhr», erklärt Ralph Stevens. «Der Bug bricht das Eis in einer ganz anderen Art und Weise als unsere vorhergehenden Schiffe und ist viel ruhiger als erwartet.»

Trotz der Begeisterung und den positiven Testresultaten des Schiffes verliefen nicht alle Missionen nach Wunsch, ganz so wie es in der Antarktis schon beinahe Tradition hat. Denn als das Schiff und die Besatzung Material für die «International Thwaites Glacier Collaboration» in der Bellingshausensee hätte abliefern sollen, traf man im Stange-Sund auf eine grosse Fläche von zweijährigem Packeis mit einer dichten Schneedecke, das mehr als zwei Meter dick war. Die Attenborough kann als Polarklasse 5 (PC5)-Schiff in mittlerem, einjährigem Eis mit bis zu 3 Knoten (5.6 km/h) konstant fahren. Doch die Bedingungen im Stange-Sund erwiesen sich als zu schwer für das Schiff. Man konnte zwar rund 15 Kilometer hineinfahren und erhielt auch noch Hilfe von dem französischen Passagiereisbrecher Le Commandant Charcot. Doch am Ende gewann das Eis und das Team an Bord musste eine andere, weiter entfernte Stelle für die Versorgung der Forschungsgruppen ansteuern. Kapitän John Harper von der BAS, der das Schiff während der Tests kommandiert hatte, meint: «Obwohl es frustrierend war, dass wir unseren Landungspunkt nicht erreichen konnten, war das Treffen auf diese Bedingungen eine unglaubliche Lernerfahrung und bot uns die Gelegenheit, das Schiff an seine Grenzen zu bringen und zu sehen, wozu es wirklich fähig ist.»

Grossbritanniens Polarforschungflaggschiff gehört eigentlich dem britischen National Research Council und wird von der BAS betrieben. Das 129 Meter lange und 15’000 Tonnen schwere Schiff kann bis 60 Forscher beherbergen und ist mit den neuesten Messinstrumenten ausgestattet, um die britische Polarforschung voranzutreiben. Bild: BAS

Mit den gewonnenen Daten wird das Schiff bei seiner Rückkehr im Juni ausgebessert und die noch fehlenden wissenschaftlichen Geräte eingebaut. Diese sollen dann getestet werden, bevor das Schiff wieder seine Aufgaben als multidisziplinäre Forschungs- und Versorgungsplattform aufnehmen wird. In der kommenden Antarktissaison sollen weitere Praxistest durchgeführt werden und gleichzeitig auch erste Forschungsmissionen unterstützt werden. Denn hier will die BAS das Schiff besonders einsetzen. Dazu meint die Leiterin der BAS, Professor Dame Jane Francis: «Nach dem Klimagipfel in Glasgow im letzten Jahr ist man sich mehr denn je der dringenden Notwendigkeit bewusst, unsere sich verändernde Welt zu verstehen und die RRS Sir David Attenborough spielt dabei eine entscheidende Rolle.»

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

Beitragsbild: RRS Sir David Attenborough im Eis, (C) Jamie Anderson, BAS

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