LUNARK testet Weltraumstress in Nordgrönland | Polarjournal
Das Modul MARK-1 wurde von den beiden dänischen Architekten Sebastian Aristotelis und Karl-Johan Sørensen entwickelt und ihrem Team gebaut. Die beiden testeten das Modul während 61 Tagen im Norden Grönlands ab September 2020. Bild: Simon Kristensen / SAGA Space Architects

Die polaren Regionen sind nicht nur für Naturwissenschaftler interessant, die sich mit Forschung auf der Erde beschäftigen. Auch für die Raumfahrt sind Arktis und Antarktis ein wichtiger Ort. Denn die Bedingungen an vielen Stellen der beiden Polargebiete sind geeignet, um Fahrzeuge und Geräte im Feld zu testen. Zwei dänische Architekten haben im Norden von Grönland ebenfalls ideale Bedingungen genutzt, um ihr selbstentwickeltes Modul zu testen, mit sich selbst als Versuchspersonen. Dabei wurden auch die Einflüsse von sozialer Isolation auf die Psyche der beiden untersucht.

Insgesamt 61 Tage verbrachten die beiden Architekten Sebastian Aristotelis und Karl-Johan Sørensen in der Nähe von Morsiuaq in ihrem Modul mit dem Namen MARK-1. Dabei mussten sie unter realitätsnahen Bedingungen agieren und Arbeiten ausserhalb des Moduls in Raumanzügen durchführen. Auch im Inneren wurden Forschungsarbeiten, die im Vorfeld in Auftrag gegeben wurden, unternommen. Doch noch wichtiger war die Untersuchung des Einflusses von sozialer Isolation auf die psychische Verfassung der beiden Testpersonen. Diese Studie wurde von einem internationalen Forschungsteam der Universitäten Surrey und Milano-Biococca begleitet und in der Fachzeitschrift Acta Astronautica jetzt veröffentlicht.

Die Ergebnisse der psychologischen Tests, in Form von Fragebögen, Tagebüchern und Aktivitätsmessungen, zeigten dass negative Emotionen wie Depression, Hoffnungs- und Hilflosigkeit und Entfremdung von den Kollegen durch Gespräche über persönliche Angelegenheiten und gemeinsam Freizeitaktivitäten, aber auch physisches Training immer geringer auftraten. Gleichzeitig aber stieg der Drang der beiden Testpersonen, soziale Kontakte knüpfen zu wollen. Ausserdem konnten Aktivitäten die Wahrnehmung des Zeitflusses verbessern, das heisst, dass die Tage nicht endlos lang schienen. Gerade die Dunkelheit des Weltalls, getestet durch die einsetzende Polarnacht, die während der Testphase herrschte, und der Mangel an Sonnenlicht, sind diesbezüglich wichtige Faktoren, die eine starken Einfluss auf die psychologische Entwicklung von Raumfahrern haben. Auch die eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten mit der Erde ist ein Stressfaktor. Getestet wurde dies, indem die beiden Architekten lediglich mit einem Satellitentelefon Textnachrichten von 160 Zeichen verschicken durften.

Die Resultate der Studie waren gemäss Konstantin Chterev, Psychologiedoktorand an der Universität Surrey, sehr wichtig. «Die Forschung zur Bewältigung der technischen Herausforderungen bemannter Weltraummissionen wächst rasant. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir die sozialpsychologischen Aspekte der Erfahrungen des Einzelnen mit der Beschränkung in diesen Lebensräumen untersuchen», erklärt er. «Wir wissen, dass soziale Isolation einer der Hauptrisikofaktoren in diesen Umgebungen ist, aber wir müssen noch viel lernen. Arbeiten wie diese werden in der Lage sein, zukünftiges Training und die Planung von Zeitplänen bei Expeditionen in extremen Umgebungen und Mondmissionen zu informieren, bei denen es entscheidend ist, missionskritische Aufgaben und körperliches Wohlbefinden mit dem Schutz des psychischen Wohlbefindens und der Milderung der negativen Auswirkungen von Isolation langfristig in Einklang zu bringen.» Diese Studie ist nur ein von zahlreichen Arbeiten, die im Rahmen des LUNARK-Projektes erstellt worden sind.

Das Modul MARK-1 von SAGA Space Architects wurde in 1.5 Jahren entwickelt und gebaut. Das Modul ist gemäss den beiden Entwicklern erst der Anfang. Das Ziel: Wohn- und Lebensmodule für eine zukünftige Mondbasis zu entwickeln. Video: SAGA Space Architects.

Das Modul, das für die Studie verwendet worden ist, wurde von den beiden Architekten in den vergangenen 2 Jahren entwickelt und auch selbst gebaut. Das Design schauten sich Aristotelis und Sørensen in der Natur bei sich entwickelnden Blättern ab. «»Wir kreierten ein Origami-Habitat, welches sich aus einer engen Knospe in ein grosses ovalförmiges Gebäude mit einer stabilen Hülle aus Carbonfasern», schreibt das Team auf seiner Webseite. «Seine Aussenhülle ist so stark wie ein Panzer während das Innere einem gemütlichen Heim, ähnlich einer nordischen «Hygge» nachempfunden ist.» Gebaut wurde das Modul in einer Art Faltsystem, um ein möglichst effizientes Transportieren und Aufstellen zu gewährleisten.

Isoliert ist die Aussenwand, die aus Panels besteht, mit einer Art Schaumfüllung zwischen der Innen- und Aussenhülle. Die Panels selbst sind mit einem Verbundgummimaterial verbunden und die Streben bestehen aus Aluminium. Die Energie wird über Solarpanels gewonnen und in Batterien gespeichert. Das Innere wird mit einem speziellen Beleuchtungssystem «Circadian Lighting» ausgestattet, um den Bewohnern die Stimulierung durch das reduzierte Sonnenlicht zu gewährleisten. Mit an Bord des Moduls ist auch ein 3D-Drucker, um notwendige Werkzeuge und Dinge bei Bedarf schnell produzieren zu können. Kojen und ein Waschraum mit Toilette, plus ein Wassertank inklusive Aufbereitungsanlage und sogar ein Algen-basiertes Lebenserhaltungssystem sind Teil des Moduls.

Die Teststelle des LUNARK-Projektes liegt in der Nähe der nordgrönländischen Siedlung Moriusaq, rund 80 Kilometer südwestlich von Qaanaaq und 40 Kilometer nordwestlich der Thule Airbase. Nahe einer verlassenen Titaniummine fand das Projektteam ideale Bedingungen, um das Modul zu testen: genügend weit abgelegen von der Zivilisation und harsche klimatische Bedingungen, um die Materialien adäquat testen zu können. Was jedoch etwas mondunähnlich gewesen sein dürfte, waren mögliche Eisbärenbesuche am Modul.

Link zur Webseite von LUNARK

Link zur Studie: Riva et al (2022) Act Astro 195 Social isolation in space: An investigation of LUNARK, the first human mission in an Arctic Moon analog habitat

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