Die Gewässer rund um Antarktika gelten als enorm wichtige Kohlendioxidsenke dank dem Phytoplankton. Ohne diese kleinen Organismen wäre die Menge an CO2 in der Atmosphäre noch viel höher als sie ohnehin schon ist. Doch die Frage stellt sich, ob das bereits immer so war. Ein internationales Forschungsteam ist dem nachgegangen und untersuchte den Düngeeffekt von Staubeintrag, der nachweislich der grösste Treiber der Produktion im antarktischen Ozean ist. Dabei kam das Team zu einem überraschenden Ergebnis.
Eisenhaltiger Staub, der vom Festland durch Winde ins Meer getragen wird, hatte während der Eiszeiten keinen nachweislichen Düngeeffekt auf das Phytoplankton im antarktischen Ozean, obwohl die Mengen an Staub gewaltig gewesen waren. Dafür waren aber in den Warmzeiten dazwischen die Mengen an pflanzlichem Plankton viel höher und damit die Speicherung von Kohlendioxid durch die kleinen pflanzlichen Organismen. Dies ist das Resultat der Untersuchungen des 38-köpfigen Forschungsteams, welches unter der Leitung von Dr. Michael Weber von der Universität Bonn Sedimentbohrkerne aus dem Scotia-Bogen untersucht hatte. «Es gibt zwar Hinweise auf einen Düngeeffekt während der Eiszeiten in Bohrkernen ausserhalb der antarktischen Zone», erklärt Dr. Weber, «Unsere Studie zeigt jedoch, dass die atmosphärischen CO2-Schwankungen nicht allein von der Eisendüngung durch die Staubablagerungen abhängen.»
Die Studie wurde im Rahmen des «Integrated Ocean Discovery Program» (IODP) durchgeführt, an welchem neben deutschen Forschern der Uni Bonn und des Alfred-Wegener-Instituts AWI auch Forscher des Schweizer Oeschger Zentrum für Klimawandelforschung und der ETH Zürich und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 14 weiteren Ländern beteiligt gewesen waren. Um die Daten zu erhalten, unternahm das Team Sedimentbohrungen im Bereich des Scotia-Bogens zwischen Südamerika und Antarktika und holte die Proben aus 3’000 – 4’000 Meter Tiefe hoch. Damit erhielten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen einmaligen Einblick in rund 1.5 Millionen Jahre Klimageschichte. Zum Vergleich: Aktuell bieten Eisbohrkerne aus Antarktika «nur» einen Blick in die letzten 800’000 Jahre. Die Suche nach noch länger zurückreichende Eisbohrkerne läuft zurzeit.
Mit Hilfe von Modellierung der Schichtungen an der Bohrstelle, chemischen und physikalischen Analysen, dem Vergleich von Sedimentkernen ausserhalb der Antarktis und Identifizierung der Phytorückstände in den Sedimentschichten konnte das Forschungsteam eine sehr genaue Abfolge der Staubeinträge und des damit verbundenen Düngeeffekts in dem Bereich des antarktischen Ozeans erstellen. Es zeigte sich, dass trotz eines 5 – 15 mal höheren Staubeintrags die Produktivität geringer war als in den Warmzeiten.
Im antarktischen Ozean sind die atmosphärischen CO-Schwankungen vielmehr ein komplexes Zusammenspiel aus Westwindsystem, Produktivität und Rückkopplung mit dem Meereis.
Dr. Michael Weber, Hauptautor, Universität Bonn
Dadurch, so meint das Team, war auch die Fixierung von CO2 durch das Phytoplankton geringer und andere Prozesse wie geringe Strömungsdynamiken und bessere Schichtungen des Ozeans waren an der Senkung des CO2-Gehaltes in der eiszeitlichen Atmosphäre beteiligt. «Die gegenläufige Entwicklung der Staubablagerung und der ozeanischen Produktivität während der Eis- und Warmzeiten des Pleistozäns werden von langfristigen, schrittweisen Veränderungen des Klimasystems im Südpolargebiet begleitet» schreibt die Universität Bonn zum Thema. Und Dr. Weber fügt an: «Im antarktischen Ozean sind die atmosphärischen CO-Schwankungen vielmehr ein komplexes Zusammenspiel aus Westwindsystem, Produktivität und Rückkopplung mit dem Meereis. Diese Beziehung ist über die letzten 1,5 Millionen Jahre hinweg beständig gewesen.»
Dr. Michael Wenger, PolarJournal