Das gesteigerte mediale und gesellschaftliche Interesse an den Polarregionen ist nicht zuletzt auch durch das stärkere Forschungsinteresse zu erklären. Dank neuer technischer Möglichkeiten und einem besseren Verständnis über die Wichtigkeit der Arktis und Antarktis wurden immer mehr Projekte durchgeführt. Das wiederum bedingt mehr Nachwuchs bei den Forschenden, der dann auch noch entsprechend vorbereitet werden muss. Die deutsche Gesellschaft für Polarforschung DGP hat in diesem Jahr zwei Leute geehrt, die sich der Nachwuchsförderung gewidmet haben.
Die eine Auszeichnung geht an Dr. Gerlis Fugmann vom International Arctic Science Committee IASC für ihre Unterstützung von Nachwuchsforscherinnen und -forschern und deren internationale Vernetzung, wie die DGP in einer Pressemitteilung schreibt. Sie erhält als erste weibliche Person die von der DGP verliehene «Carl-Weyprecht-Medaille». Gerlis Fugmann erklärt: «Das ist eine grosse Ehrung für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Polarforschung. Denn mit dieser Medaille wird ein grosser Schritt nach vorne in der Förderung von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler getan. Und auch für mich persönlich ist es eine grosse Ehre und Anerkennung, da ich einerseits die erste Frau bin, die diese Auszeichnung erhält. Und andererseits habe ich bisher eher im Hintergrund von APECS (Association of Polar Early Career Scientists) gearbeitet. Die Medaille zeigt, dass diese Arbeit durchaus wahrgenommen und anerkannt wird.»
Auch der zweite Preisträger, Professor Hugues Lantuilt von der Universität Potsdam erhielt die Medaille für sein Engagement zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Polarforschung. Er gründete das «Permafrost Young Researchers Network» und leitet eine Helmholtz-Nachwuchsforscher-Gruppe beim AWI Potsdam zum Thema «Arktische Küstenerosion». Auch er freut sich sehr über diese Auszeichnung und die Anerkennung für den wissenschaftlichen Nachwuchs im Bereich Polarforschung, «obwohl wir selbst nicht mehr zum wissenschaftlichen Nachwuchs gehören», meinte er schmunzelnd bei seiner Dankesrede anlässlich der Verleihung Anfang Mai an der internationalen Polartagung. Doch beide Preisträger sind der Meinung, dass die Vernetzung von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine der wichtigsten Aspekte in der Polarforschung darstellt. Beide waren auch langjährige Mitglieder bei der APECS, dem Verband polarer Jungforschenden, und halfen damit, eine internationale Plattform für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Polarforschung zu etablieren. Die APECS ist eine internationale und interdisziplinäre Organisation, in der 29 nationale Komitees vereint sind und jungen Forscherinnen und Forscher ein Netzwerk und Hilfestellungen bei ihrer Karriere in den Polarwissenschaften liefert.
Die Carl-Weyprecht-Medaille wird von der DGP an Personen verliehen, die im Zusammenhang mit Polarwissenschaften besondere Leistungen erbracht haben. Dabei wird die Medaille nicht jedes Jahr verliehen, sondern unregelmässig. Die erste Auszeichnung erhielt 1967 der französische Polarforscher Paul-Émile Victor. Benannt und gewidmet ist die Medaille dem deutschen Polarforscher Carl Weyprecht. Dieser hatte in den Jahren 1872 – 74 gemeinsam mit Julius Payer die österreichisch-ungarische Nordpol-Expedition geleitet (Tegethoff-Expedition), die den Franz-Josef-Land-Archipel nördlich von Russland entdeckt und kartographiert hatte. Basierend auf den Erfahrungen von Weyprecht und Payer wurden die Internationalen Polarjahre initiiert, in deren Verlauf eben auch die APECS 2007/08 gegründet wurde. Mit der Auszeichnung von Dr. Fugmann und Professor Lantuilt schliesst sich somit wieder der Kreis.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal