Zu den wohl bekanntesten Schiffen, die in den polaren Regionen unterwegs sind, gehört sicherlich der deutsche Forschungseisbrecher Polarstern. Das seit 1982 im Dienst des Alfred-Wegener-Instituts AWI stehende Schiff hat sich mit der MOSAiC-Expedition, als es als schwimmende Forschungsstation im Packeis der Arktis fungierte, Geschichte geschrieben. Doch die Zeit des blau-weissen Eisbrechers läuft langsam ab und das AWI hat bereits Pläne für den Bau eines neuen Eisbrechers. Diese Pläne haben am Donnerstag einen grossen Schritt vorwärts in Richtung Realität getan.
Der Haushaltsausschuss des deutschen Bundestages gab grünes Licht für zusätzliche Fördermittel in diesem Jahr in der Höhe von 2 Millionen Euro. Mit diesem Geld soll das Ausschreibeverfahren für den Bau des Nachfolgers Polarstern II in Gang gesetzt werden und den seit 2012 geplanten Neubau, der 2020 ins Stocken geraten war, schliesslich vorantreiben. Als nächstes muss das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF das Projekt offiziell freigeben. Das AWI als Betreiber des neuen Schiffes hat die Ausschreibung formuliert.
Für das AWI ist die Zusage für die neuen Fördermittel ein Grund zur Freude. AWI-Direktorin Professorin Dr. Antje Boetius erklärt in einem offiziellen Statement: «Wir haben in den vergangenen Monaten viel Unterstützung für unser Projekt aus der regionalen Politik und auch der Bundespolitik erfahren und danken allen Beteiligten sehr, dass sie sich in diesen schwierigen Zeiten damit weiterhin zur Relevanz der Klima-, Polar- und Ozeanforschung bekennen. Wir können Polar- und Meeresforschung nur mit einem leistungsfähigen Eisbrecher auf höchstem Niveau betreiben. Deshalb hat das BMBF im Februar 2020 erklärt, das AWI in die Lage zu versetzen, als öffentlicher Auftraggeber das Vergabeverfahren für den Bau des multifunktionalen eisbrechenden Polarforschungs- und Versorgungsschiffs Polarstern II durchzuführen. Dieses Versprechen wird nun eingelöst.»
Zu den Anforderungen an das neue Schiff schreibt das AWI, dass neben einer modernen interdisziplinären und Nachhaltigen Meeres- und Polarforschung und den Versorgungsfahrten in der Arktis und Antarktis auch geplante wissenschaftliche Überwinterungen und eventuelle Hilfseinsätze in polaren Gewässern geplant sind. Die MOSAiC-Expedition und die daraus resultierenden wissenschaftlichen Ergebnisse zeigen, dass die Nutzung eines Eisbrechers als Basis für eine Überwinterungsexpedition mit den heutigen Mitteln möglich ist und neue wichtige Erkenntnisse über den Klimawandel und seine Folgen in den polaren Regionen liefert. Auch die Nutzung bei Rettungseinsätzen hat durch den prognostizierten Anstieg des Schiffsverkehrs durch arktische Gewässer mehr Gewicht und eine grössere Realität erhalten. Ausserdem sieht das AWI im Bereich der Unterwasser-robotik und Umweltsensorik die Zukunft und will daher auf dem neuen Schiff «umfangreiche neue Systeme» einrichten, wie es in einer Mitteilung schreibt.
Die Pläne für den neuen Forschungseisbrecher Polarstern II sind seit 2012 bekannt. Doch das Vergabeverfahren für das neue Schiff wurde 2020 von der damaligen Regierung abgebrochen, da die Kosten für den Bau höher lagen als noch 2012 veranschlagt. Damals waren von rund 500 Millionen Euro die Rede. Doch die Anforderungen besonders im Bereich der Einsatzfähigkeit und der Umweltfreundlichkeit bzw. Nachhaltigkeit, waren seit den ersten Plänen stark gestiegen, was den Bau verteuerte. Dies ist auch dem AWI bewusst und man ist deshalb froh, dass die Politiker dies ebenfalls einsehen. «Nicht zuletzt setzen sie damit auch ein deutliches Zeichen für die Transformation in der maritimen Infrastruktur, da der Mittelbedarf für den Bau der Polarstern II durch klimafreundliche Technologien und innovative Elemente erheblich gestiegen ist», sagt Professorin Dr. Antje Boetius.
«Die Polarstern II ist essentiell für die Erforschung des Polarmeeres und die Grundlagenforschung zum Klimawandel und dessen Folgen.»
Dennis Rohde, Sven-Christian Kindler, Otto Fricke, Abgeordnete deutscher Bundestag
Auch Politiker des deutschen Bundestages sind sehr froh über die Zusage des Haushaltsausschusses, da sie den Bau eines neuen Eisbrechers, der den neuesten technischen und wissenschaftlichen Ansprüchen genügen soll, als dringlich für den Forschungsstandort Deutschland sehen. Gegenüber der deutschen Nachrichtenplattform n-TV erklären drei Abgeordnete: «Mit der Polarstern II wollen wir eines der modernsten und nachhaltigsten Forschungsschiffe der Welt aufs Wasser bringen, welches neue, innovative Technologien erprobt und wegweisende Grundlagenforschung ermöglicht. Die Polarstern II ist essentiell für die Erforschung des Polarmeeres und die Grundlagenforschung zum Klimawandel und dessen Folgen.»
Dr. Michael Wenger, PolarJournal
Beitragsbild: Polastern im Eis, Bild: T. Steuer, AWI