Grönländischer Gletscher nach Konrad Steffen benannt | Polarjournal
Der Sermeq Konrad Steffen, wie der neu benannte Gletscher heisst, ist ein in den arktischen Ozean fliessender Endgletscher und steht auch sinnbildlich für Konrad Steffen, der mit dem Inlandeis Grönlands eng verbunden war und dort auch bei einem Unfall starb. Bild: Michael Wenger, via Google Earth

Seit den 1990er-Jahren war der Schweizer Gletscher- und Klimaforscher Konrad «Koni» Steffen mit Grönland und der dänischen geologischen Forschungsanstalt GEUS eng verbunden. Seine wissenschaftliche Tätigkeit erlaubte es ihm, viel Zeit auf der grössten Insel der Welt zu verbringen und so seine Verbundenheit zu vertiefen. Nun wurde dem beliebten und bekannten Wissenschaftler posthum eine grosse und bislang einzigartige Ehre erwiesen: ein Gletscher auf Grönland erhielt seinen Namen.

Am 9. Juni wurde der Vorschlag, drei Gletscher nach Personen zu benennen, vom grönländischen Komitee für Ortsnamen offiziell angenommen. Die Entscheidung wurde nach einer gründlichen Untersuchung des Komitees, ob es in den Regionen der Gletscher nicht bereits andere, inoffizielle grönländische Namen gibt, getroffen. Neben dem Schweizer Forscher, der im August 2020 bei einem Unfall nahe des mittlerweile stillgelegten Swiss Camps ums Leben gekommen war, wurden auch die beiden dänischen Forscher Niels Reeh und Anker Weidick mit einer Benennung von Gletschern im Norden bzw. im Südwesten von Grönland für ihre Arbeiten geehrt.

Mit der Entscheidung des Komitees endet ein Prozess, der zu Beginn von 2021 seinen Anfang genommen hatte. Damals hatte William Colgan vom GEUS, der unter Konrad Steffen seinen Doktortitel erlangt hatte, den Vorschlag initiiert, den Schweizer und die beiden dänischen Forscher, die mit dem GEUS verbunden waren, für ihre Leistungen und Arbeiten rund um Grönlands Gletscher und die Kultur damit zu ehren. Unterstützung erhielt er vom Leiter von Steffens früherem Institut, Waleed Abdalati vom Institut für Umweltwissenschaften CIRES der Universität Colorado in Boulder, von Gian-Kaspar Plattner von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL und von Eva Mätzler von der Forschungsanstalt ASIAQ Greenland Survey, die damals im Komitee war (und für die Zeit bis zur Entscheidung ihren Platz freigegeben hatte). «Dies ist ein unglaublich einzigartiges Ereignis, eine buchstäblich „einmalige“ kulturelle Ehre, die vom grönländischen Komitee für Ortsnamen für drei sehr verdiente Glaziologen mit grossen Verbindungen zur grönländischen Wissenschaft und Gesellschaft autorisiert wurde», erklärt der Initiant William Colgan vom GEUS. Und Eva Mätzler erklärt: «Neben der Ehrung dieser drei aussergewöhnlichen Kandidaten fördert diese Initiative die Diskussion über das grönländische Kulturerbe der Ortsnamen in der breiten Öffentlichkeit.»

Seit 1993 hatte Konrad Steffen (rechts aussen) beinahe jedes Jahr den Sommer auf Grönland verbracht, baute ein Schweizer Forschungscamp auf, errichtete mit GEUS ein weites, international anerkanntes Messnetzwerk für Klimadaten und leitete zahlreiche Studenten in der Cryosphärenforschung an. Grönland hatte immer einen wichtigen Platz in seinem Herzen. Bild: WSL

Die Gletscher wurden nicht willkürlich gewählt, sondern repräsentieren die Arbeiten der jeweiligen Forscher: Der im Meer endende Sermeq Konrad Steffen mit seiner Verbindung Inlandeis-Meer-Klima; der am Land endende Sermeq Niels Reeh mit seinem ältesten Eis aus der letzten Eiszeit; der kleine Talgletscher Sermeq Anker Weidick mit seinen komplizierten Moränen- und Eismustern, welche die Komplexität des Klimawandels im Süden reflektiert. Gemäss dem Komitee wurden neben diesen technischen Eigenschaften aber auch die Beiträge der Wissenschaftler für die Forschung und die grönländische Gesellschaft betrachtet. Alle drei hatten sich nämlich Zeit ihres Lebens für ein besseres Verständnis Grönlands in der Gesellschaft stark gemacht. Gerade für Konrad Steffen, den «Nicht-Dänen» in der Gruppe, war Grönland nicht nur ein Forschungsort. Unermüdlich machte der Schweizer immer wieder auf die Auswirkungen des Klimawandels, die er praktisch direkt vor Ort mass und erlebte, aufmerksam. Gian-Kaspar Plattner erklärt in einer Mitteilung: «Die Entscheidung, einen der atemberaubenden Gletscher Grönlands nach dem ehemaligen WSL-Direktor ‹Koni› Steffen zu benennen, ist eine aussergewöhnliche Ehre und Auszeichnung durch das grönländische Volk und die Regierung für seine Beiträge zur grönländischen Wissenschaft und Gesellschaft. Grönland – Kalaallit Nunaat, wie es auf Grönländisch heisst – war für Koni ein ganz besonderer Ort. Er wäre zutiefst gerührt.»

Die Namensgebung ist eine weitere Ehrbezeugung für den sympathischen und beliebten Klimaforscher. In seinem Namen wurde auch ein Forschungsgrant für die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Grönland vor kurzem durch das Swiss Polar Insitute SPI eingerichtet. Ausserdem wird nur einige Tage nach Bekanntmachung der Ehrung in Davos ein Gedenksymposium für Koni Steffen stattfinden wird, an welchem sowohl der Wissenschaftler wie auch der Mensch Koni Steffen gefeiert werden wird. Wir werden darüber berichten.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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