Ein Fund, viel spektakulärer als Gold: Bei Grabungen im Permafrost im kanadischen Yukon stieß am 21. Juni 2022 ein Goldsucher auf ein fast vollständiges, mumifiziertes Baby eines Wollhaarmammuts. Geologen vermuten, dass das Jungtier vor über 30.000 Jahren während der Eiszeit starb. Der Zustand des Mammutbabys ist sensationell — dank der Konservierung im Permafrostboden sind sogar Haut und Haare noch intakt.
Das nennt man wohl Anfängerglück. Travis Mudry hatte gerade einmal 30 Tage Erfahrung im Bergbau in den Klondike-Goldfeldern auf dem Territorium der Trʼondëk Hwëchʼin und staunte laut einer Meldung der Bergbaufirma Treadstone Gold nicht schlecht, als er im Schlamm kein Gold, sondern Augen, Haut und einen Rüssel sah.
Geologen des Yukon Geological Service und der University of Calgary bargen das gefrorene Mammutbaby in Zusammenarbeit mit den Trʼondëk Hwëchʼin, der Regierung von Yukon und Treadstone Gold. Sie vermuten, dass es während der Eiszeit starb und im Permafrostboden eingefroren wurde, wodurch es fast perfekt konserviert war. Es ist das erste, nahezu vollständige und am besten erhaltene mumifizierte Wollhaarmammut, das je in Nordamerika gefunden wurde. Laut den Geologen hat das Mammut mit 140 Zentimetern in etwa die gleiche Größe wie die 42.000 Jahre alte Mammutmumie «Lyuba», die 2007 in Sibirien entdeckt wurde.
Für den Stamm der Trʼondëk Hwëchʼin und die Regierung von Yukon ist dies ein sehr bedeutender Fund. Die Ältesten der Trʼondëk Hwëchʼin gaben dem weiblichen Mammutkalb den Namen «Nun cho ga», was in der Hän-Sprache «großes Tierbaby» bedeutet. Bei ihrem Tod soll Nun cho ga ersten Untersuchungen zufolge etwa einen Monat alt gewesen sein.
«Dies ist eine bemerkenswerte Entdeckung für unsere First Nation, und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit der Regierung von Yukon bei den nächsten Schritten, um mit den Überresten so umzugehen, dass unsere Traditionen, Kultur und Gesetze gewahrt bleiben. Wir sind dankbar für die Ältesten, die uns bisher geführt haben, und für den Namen, den sie uns gegeben haben. Wir verpflichten uns zu einem respektvollen Umgang mit Nun cho ga, da sie sich entschieden hat, sich uns allen zu offenbaren», so Roberta Joseph, Häuptling der Trʼondëk Hwëchʼin.
Im Permafrostboden des Yukon wurden schon viele weltbekannte Fossilien eiszeitlicher Tiere gefunden. Es ist jedoch extrem selten, dass mumifizierte Überreste mit Haut und Haaren entdeckt werden. «Als Eiszeit-Paläontologe war es einer meiner Lebensträume, einmal ein echtes Wollhaarmammut zu sehen. Dieser Traum ging heute in Erfüllung. Nun cho ga ist wunderschön und eines der unglaublichsten mumifizierten Eiszeittiere, die je auf der Welt entdeckt wurden. Ich bin gespannt darauf, mehr über sie zu erfahren», sagt Dr. Grant Zazula, Paläontologe bei der Regierung von Yukon.
Wie es in einer Mitteilung der Regierung von Yukon heißt, geben diese erstaunlichen eiszeitlichen Überreste einen äußerst detaillierten Einblick in eine Zeit, in der Nun cho ga zusammen mit Wildpferden, Höhlenlöwen und riesigen Steppenbisons den Yukon durchstreifte.
Kanadische Paläontologen werden Nun cho ga in den nächsten Monaten genau analysieren, während Forscher und Goldsucher nach weiteren Eiszeitrelikten an der Fundstelle bei Dawson City suchen.
Julia Hager, PolarJournal