Vogelfreunde kurbeln Alaskas Wirtschaft an | Polarjournal
Das Blaukehlchen (Luscinia svecica) ist eigentlich eine eurasische Art, kommt aber auch noch östlich des Beringmeers in Nord-Alaska vor. Foto: Seth Beaudreault/Toolik Field Station

Wildtiere ziehen rund um den Globus unzählige Naturliebhaber an, vor allem dort, wo deren Dichte besonders hoch ist. Wie beispielsweise in Alaska. Neben Bären, Elchen und Wölfen können dort auch mehrere hundert Vogelarten beobachtet werden. Kein Wunder also, dass jedes Jahr hunderttausende Vogelbegeisterte nach Alaska reisen — und dabei der lokalen Wirtschaft enorme Gewinne bescheren. Eine aktuelle Studie der University of Alaska Fairbanks und der Vogelschutzorganisation Audubon Alaska ermittelte, dass im Jahr 2016 fast 300.000 Vogelbeobachter kamen, die rund 378 Millionen US-Dollar ausgaben.

Alaska beherbergt die weltweit größte Konzentration von Küstenvögeln und ist ein globaler Hotspot für hunderte hier brütender Zugvogelarten — beste Bedingungen für (Hobby-) Ornithologen, die angezogen von seltenen und schwer zu findenden Vogelarten zahlreich kommen. Die Vogelbeobachtung gilt als einer der am schnellsten wachsenden naturorientierten Tourismuszweige der Welt.

Dennoch wurden Vogelbeobachter bislang ziemlich außer Acht gelassen, wenn es darum ging, die Einnahmen aus dem Tourismus zu berechnen. Der Fokus lag hier mehr auf Besuchern, die den größten US-Bundesstaat mit großen Unternehmen per Schiff, Zug oder Bus bereisen. Die Untersuchungen im Rahmen der neuen Studie, die im Fachjournal PLOS ONE erschien, ergaben, dass im Jahr 2016 die hunderttausenden Vogelfreunde mit ihren Ausgaben in Höhe von etwa 378 Millionen US-Dollar rund 4.300 Arbeitsplätze in Alaska unterstützten, was vergleichbar ist mit der Bergbau- und Telekommunikationsindustrie.

Im Vergleich zu anderen Touristen gaben die Vogelbeobachter pro Person über 50 Prozent mehr aus, zum größten Teil für geführte Touren und andere Aktivitäten. Zudem reisten  Vogelbeobachter eher in kleineren Gruppen, häufiger in abgelegene Regionen Alaskas und blieben durchschnittlich vier Tage länger. Zu den Hotspots unter den Ornithologen gehörten Südost-Alaska und Nome.

Vogelbeobachter sind meist recht gut zu erkennen: In der Regel mittleren Alters oder älter und mit guter Ausrüstung, wie Fernglas, Spektiv und/oder Kamera mit Super-Teleobjektiv. Foto: Lisa Hupp/U.S. Fish and Wildlife Service

Als Datengrundlage für die aktuelle Studie diente eine Erhebung des Alaska Visitors Statistics Program, in dessen Rahmen alle vier Jahre Besucher zu den von ihnen genutzten Transportmitteln von und nach Alaska und innerhalb des Bundesstaats, zur Höhe ihrer Ausgaben und zu ihren Aktivitäten befragt werden.

Gleichzeitig leistet die Vogelbeobachtung als nachhaltige Aktivität einen bisher unterschätzten Beitrag zum Erhalt von Lebensräumen. «Sobald Besucher nach Alaska kommen und Geld für die Beobachtung seltener Arten ausgeben, für die unsere Umgebung weltweit einen kritischen Lebensraum darstellt, ist dies ein Anreiz, diesen Lebensraum für Vögel in hoher Qualität zu erhalten», erklärt Tobias Schwoerer, Leiter der Studie und Wirtschaftswissenschaftler am International Arctic Research Center der University of Alaska Fairbanks.

Laut Schwoerer sind die zahlreichen Vogelfreunde eine bislang unzureichend genutzte Chance für die Entwicklung kleiner ökotouristischer Nischenbetriebe, insbesondere in ländlichen Gemeinden, in denen sehr begehrte Vogelarten zu finden sind.

«Unabhängige Reisende nehmen eher einen Flug zu den Pribilof Inseln oder fahren zu den Aleuten, um eine exotische Art zu sehen, die sie anderswo nicht finden können, oder buchen eine Reise bei einem kleinen Anbieter, der mit einem Sprinter von Fairbanks nach Prudhoe Bay fährt», so Schwoerer.

Vogelbeobachtungshotspots und «Important Bird Areas» gibt es in Alaska insbesondere entlang der Küste und auf den Inseln. Aber auch im Landesinneren lohnt es sich. Karte: Schwoerer & Dawson, 2022

Initiiert wurde die Studie von Natalie Dawson, die für Audubon Alaska im Haines Chilkat Bald Eagle Preserve vogelkundliche Wanderungen und Fahrradtouren leitete. Besucher, die ausgerüstet mit Ferngläsern die typischen Touristenpfade verließen, brachten sie auf die Idee. «Diese Studie gibt uns einen Eindruck davon, wie vielfältig der Tourismus in unserem Bundesstaat ist und in Zukunft sein kann und wie sehr unsere Gemeinden mit den Besuchern verflochten sind, wenn sie gemeinsam die Wunder der Vögel bestaunen», sagt Dawson.

«Nachhaltige und gut gemanagte Vogelbeobachtung ist ein Wachstumssektor. Vogelbeobachtung in Alaska ist eine Art von Tourismus, bei dem die Einheimischen von den intakten Landschaften und Gewässern der Region profitieren können», sagt David Krause, Audubon Alaskas Interimsgeschäftsführer und Direktor für Naturschutz. «Es ist ein aufregender Ort der Möglichkeiten, der unersetzliche und empfindliche Ökosysteme schützt und gleichzeitig Arbeitsplätze schafft.»

Julia Hager, PolarJournal 

Beitragsbild: Schneeammer (Plectrophenax nivalis), Andy Reago and Chrissy McClarren/Flickr (CC BY 2.0) 

Link zur Studie: Tobias Schwoerer, Natalie G. Dawson. Small sight—Big might: Economic impact of bird tourism shows opportunities for rural communities and biodiversity conservation. PLOS ONE, 2022; 17 (7): e0268594 DOI: 10.1371/journal.pone.0268594

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