Eisbären ernähren sich immer öfter von Müll | Polarjournal
In einer Mülldeponie im russischen Chukotka durchwühlen Eisbären auf der Suche nach Nahrung die Überreste der menschlichen Zivilisation. (Foto: Pikabu)

Keine Gegend ist vom Klimawandel und der Erderwärmung mehr betroffen als die Arktis. Das hat gravierende Auswirkungen auf Fauna und Flora. Der eisige Lebensraum der Eisbären wird immer weniger und sie bleiben immer öfter für längere Zeit von ihren üblichen Nahrungsquellen fern. Anstatt sich von Robben zu ernähren, hat eine neue Studie herausgefunden, dass Eisbären ihre Ernährung mit Müll ergänzen. Dies dürfte voraussichtlich zu einer wachsenden Bedrohung für die Art werden.

Selbst vor brennenden Müllhalden machen Eisbären keinen Halt auf der Suche nach verwertbarem.  (Foto: Polar Bears International)

Neue Forschungsergebnisse haben gewarnt, dass Eisbären in der Arktis angesichts steigender Temperaturen mehr Müll als Nahrungsersatz verzehren. Berichten zufolge verbringen sie mehr Zeit damit, zu fasten oder Müllhaufen zu durchsuchen, anstatt Robben auf Meereis zu jagen. Dies führt auch zu zunehmenden Konflikten zwischen Menschen und Eisbären, so ein internationales Team von Wissenschaftlern.

Abhängigkeit von Müll ist für arktische Lebewesen schädlich

Das von der Cambridge University Press veröffentlichte Papier wurde von acht internationalen Wissenschaftlern mitverfasst. Es schlägt Alarm wegen der Auswirkungen von menschlichem Hausmüll auf Eisbären. Vom Hunger angetrieben werden Eisbären zunehmend zu seinem Verzehr angelockt.

Das veröffentlichte Dokument zeigt zudem die negativen ernährungsbedingten Wechselwirkungen, einschließlich der Todesfälle, zwischen Eisbären und Menschen in Russland, Alaska, Kanada und Spitzbergen.

Im Februar 2019 gab es Berichte, dass es im russischen Belushya Guba, auf Novaya Zemlya eine „Masseninvasion“ von Eisbären gebe, als 52 Eisbären in den Ort eindrangen, um eine offene Müllhalde zu durchzuwühlen. Außerdem versuchten die Bären in örtliche Gebäude einzudringen.

Weitere 60 Eisbären wurden im Dezember 2019 im 600-Seelen-Dorf Ryrkaypiy in Chukotka in der Mülldeponie gesichtet. Die Bären blieben in der Gegend, bis das Meereis im Herbst wieder gefroren war.

Andrew Derocher, Co-Autor und Professor an der University of Alberta: „In der ostkanadischen Arktis gab es einige menschliche Todesfälle. Überraschenderweise sehen sich viele Orte, an denen es keine ernsthaften Probleme gab, nun einer zunehmenden Zahl von Konflikten zwischen Menschen und Eisbärenpopulationen gegenüber“. (Foto: Andrew Derocher)

Anstieg der Temperaturen treibt Bären in menschliche Siedlungen

In der Vergangenheit sind Eisbären auf dem Meereis umhergewandert, um nach Robben, ihrer Hauptnahrungsquelle zu jagen. Da aber die Temperaturen im Arktischen Ozean viermal schneller steigen als anderswo, schmilzt das Eis jeden Frühling schneller und bildet sich im Herbst später. Dies wiederum treibt Bären dazu, entweder lange Zeit zu hungern oder in menschlichen Siedlungen sich in Müllhalden zu vertreiben, um Nahrung zu finden.

In diesem gefährlichen Trend nehmen Eisbären vermehrt Verpackungen aus Plastik, Metall, giftige Chemikalien und sogar Holz zu sich. Das Papier der Cambridge University weist auch darauf hin, dass Eisbären aufgrund von Bedenken hinsichtlich der öffentlichen Sicherheit häufig von Wildhütern eingeschläfert werden.

Verschliessbare Mülleimer sind für Bären kaum zu knacken. Was bei Braunbären funktioniert müsste auch bei Eisbären gehen. (Foto: unbekannt)

Abfall und Müllhalden sollen besser geschützt werden

Man rät den Regierungen, strengere Massnahmen zur Verbesserung der Abfallbewirtschaftung zu unternehmen, indem sie Zäune außerhalb von Deponien errichten. So soll das Bewusstsein für das Verbrennen von Müll verbessert und bärenresistente Mülleimer aufgestellt werden. Da Bären zu den Orten zurückkehren, an denen sie Nahrung fanden, rät das Papier, rasch Maßnahmen zu ergreifen, um nahrungsbedingte Eisbärenprobleme zu kontrollieren, indem ihnen der Zugang zum Müll versperrt wird.

Heiner Kubny, PolarJournal

Link zur Studie: Smith et al (2022) Oryx 1-10 Anthropogenic food: An emerging threat to polar bears; doi:10.1017/S0030605322000278

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