Die Nachrichten um den Bergbau in Grönland reissen nicht ab, denn die Insel bietet einen grossen Vorrat an verschiedenen begehrten Rohstoffen. Und aufgrund des Klimawandels, der in Grönland sehr stark wirkt, werden Gebiete für den Abbau immer zugänglicher. Besonders Rohstoffe, die im Zusammenhang mit der Entwicklung und Nutzung des E-Verkehrs benötigt werden, stehen bei Investoren hoch im Kurs. Ein US-Startup-Unternehmen aus Kalifornien, das von verschiedenen US-Milliardären unterstützt wird, will in Westgrönland damit durchstarten.
Kupfer, Nickel und Kobalt, drei wichtige Materialien für den Bau und Nutzung von Batterien, wie sie in einem Tesla oder anderen elektrischen Fahrzeugen und elektronischen Geräten benötigt werden, möchte das US-Unternehmen KoBold Metals fördern. Aber nicht im Dschungel Zentralafrikas, sondern mitten an der Westküste von Grönland. «Wir suchen nach einer Lagerstätte, die die grösste oder zweitgrösste der bedeutendsten Nickel- und Kobaltlagerstätten der Welt sein wird», erklärt CEO und Gründer des Unternehmens, Kurt House in einem Interview mit dem US-amerikanischen Sender CNN. Und wenn alles nach Plan läuft, soll bereits im nächsten Jahr mit dem Abbau begonnen werden.
Das Gebiet, das die wertvollen und begehrten Rohstoffe enthalten soll, liegt auf der Halbinsel Nussuaq, nördlich der Disko-Insel, der zweitgrössten Insel Grönlands. Mit Hilfe von Probebohrungen, Bodenprobenentnahmen, Messungen des Erdmagnetfeldes durch Hubschrauber und Drohnen und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz will KoBold Metals die genaue Lage der Lagerstätten feststellen. So sollen unnötige Grabungen und damit Schäden an der Umwelt reduziert werden, ist House überzeugt. Die Arbeiten haben mittlerweile begonnen und ein Team von 30 Leuten ist an der Suche nach den Rohstoffen beteiligt. Durchgeführt werden die Arbeiten zusammen mit dem in London sitzenden Bergbauunternehmen BlueJay Mining, welches noch zwei weitere Projekte in Grönland betreibt. Die Materialien werden in Tiefen zwischen 150 – 400 Metern vermutet.
Der Abbau der Rohstoffe ist nicht unumstritten. Denn einerseits ist er möglich geworden, weil die klimatischen Veränderungen in Grönland weite Bereiche für Abbauprojekte freigemacht hat und genau solche Projekte aber auch die weitere Erwärmung mitfördern durch die Logistik, von den möglichen Schäden an der fragilen arktischen Umwelt ganz zu schweigen. Gleichzeitig aber will man mit den Rohstoffen die Herstellung von Batterien für elektrische Fahrzeuge vorantreiben, um so die Emissionsmengen von Treibhausgasen langfristig zu reduzieren und den Übergang zu einer «grüneren» Energienutzung zu beschleunigen. Durch den Krieg und den Sanktionen gegen Russland sind diese Rohstoffe schwieriger zu erhalten und damit auch teurer geworden. Ausserdem sind einige der Abbaugebiete vor allem in Afrika in Kritik geraten, da die dortigen Unternehmen Kinderarbeit fördern oder Konflikte befeuern, um eine staatliche Kontrolle zu vermeiden. Dies wird in Grönland kaum möglich sein, da die jetzige Regierung den Umweltschutz trotz der lockenden Devisen sehr ernst nimmt. Trotzdem ist man den Investoren und dem Projekt nicht abgeneigt und hat die Genehmigungen erteilt.
Das kalifornische Unternehmen KoBold Metals hatte sich im letzten Jahr rund 51 Prozent an dem Projekt gesichert und setzt dabei auf Investoren wie Amazon-Gründer Jeff Bezos, den Unternehmer und früheren Bürgermeister von New York Michael Bloomberg und den Microsoft-Gründer Bill Gates. Auch der norwegische Energiegigant Equinor und das Bergbauunternehmen BHP gehören zu den Investoren von KoBold Metals. Insgesamt über US$ 192 Millionen hat sich KoBold Metals für die Suche und die Förderung von Rohstoffen gesichert, die helfen sollen, später das Klima und die Umwelt Grönlands wieder zu entlasten. Doch scheinbar muss man erst einen Schritt zurück machen für zwei nach vorne.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal