Riesiger Rückgang an Svalbard-Gletscher beobachtet | Polarjournal
Der Kongsbreen (Königsgletscher) ist eine zweigeteilte Eiszunge am hinteren Ende des Kongsfjord im Westen von Svalbard. Weiter westlich liegt die nördlichste Siedlung Svalbards, Ny Ålesund auf der südlichen Seite des Fjords und die touristisch beliebte Insel Blomstrandhalvøya auf der nördlichen Seite. Das rote Quadrat markiert den Ort der Abbrüche. Karte: Screenshot Topo Svalbard Norsk Polarinstitutt

Neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass sich die Arktis um ein vierfaches schneller erwärmt, als der Rest der Welt. Das hat auch massiven Einfluss auf die Gletscher in Svalbard, die sich immer weiter zurückziehen. Meist ist dies vor allem auf Satellitenaufnahmen über einen längeren Zeitraum ersichtlich. Doch nun hat einer der grossen Gletscher an der Westküste einen gewaltigen Sprung rückwärts gemacht.

Rund 800 Meter ging der nördliche Arm des Kongsbreen zwischen dem 5. Juli und dem 23. August 2022 zurück, nach Angaben des norwegischen Eisservice des nationalen meteorologischen Instituts. Die Experten meldeten diesen Rückgang auf den sozialen Medien. Der Kongsbreen liegt am hinteren Ende des gleichnamigen Fjords an der Westküste von Svalbard. Im gleichen Fjord liegt auch die nördlichste Siedlung des Archipels, Ny Ålesund. Der Kongsbreen ist einer der grössten Gletscher in der Region und ist im hinteren Teil mit dem Holtedahlfonna-Eisschild verbunden.

Auf dem Instagram-Beitrag des norwegischen Eisservices ist die Gletscherkante am 5. Juli und diejenige am 22. August zu sehen. Der Rückgang beträgt zwischen 600 und 800 Meter und erstreckt sich über Zweidrittel der 2 Kilometer langen Gletscherkante.

Die Experten des Eisservices konnten mithilfe von Satellitendaten den massiven Rückgang der Gletscherkante dokumentieren. «Die Satellitenbilder sind ziemlich bemerkenswert und zeigen einen signifikanten Rückzug über einen relativ kurzen Zeitraum», schreiben sie in ihrem Instagram-Beitrag. Die Gletscherkante des Kongsbreen ist an dieser Stell rund 2 Kilometer breit, wovon mehr als zweidrittel sich innert sechs Wochen abgebrochen sind. Die Kongsbrebukta, in der sich der Gletscher ergiesst, ist mit Eis gefüllt, wie auf den Satellitenbildern zu sehen ist.

An sich ist der Rückzug des Kongsbreen schon seit längerem zu beobachten. Vergleicht man aber die eine Satellitenaufnahme mit den Abbruchkanten der vergangenen Wochen, erkennt man schnell, wie stark sich der Gletscher in den letzten sechs Wochen zurückgezogen hat, In den vergangene Jahren haben Glaziologen an vielen Orten weltweit massive Kalbungsereignisse und starke Rückgänge von Gletscherkanten innert kurzer Zeit beobachtet. Auch auf Svalbard ziehen sich die Gletscher zurück. Doch bisher wurden nur wenige derart grosse und schnelle Rückgänge gemeldet. Eine Anfrage bei Glaziologen über die möglichen Gründe für den raschen und massiven Rückgang des Gletschers wurde gestartet, aber zum Zeitpunkt der Artikelveröffentlichung noch keine Antwort erhalten.

Wenn Gletscher auf Svalbard kalben, entstehen selten grosse Eisberge. Meist sind es Unmengen an verschieden grossen Eisbrocken, die im Fjord treiben. Einige von ihnen sind gross genug, um auch Bartrobben oder zahlreichen Seevögeln einen Pausenplatz zu bieten. Für Schiffe, sind die Teile gefährlicher. Bild: Michael Wenger

Die Kalbungen haben zu einer grossen Menge an Treibeis im Kongsfjord geführt, was nicht nur einen enormen Süsswassereintrag in den knapp 30 Kubikkilometer grossen Fjord bedeutet. Auch für die Schiffe sind die zahlreichen Eisbrocken in den verschiedensten Grössen ein echtes Hindernis und eine Gefahr, trotz der eisverstärkten Hüllen. Darum warnt der norwegische Eisservice vor Fahrten im Kongsfjord und ruft zu äusserster Vorsicht bei Fahrten in dem touristisch und wissenschaftlich beliebten Fjord auf. Zwar ist der Hauptanteil der Touristensaison auf Svalbard vorbei. Doch noch sind einige kleine Expeditionsschiffe im Archipel unterwegs. «Eisbergstücke und Growlers (Eisbrocken knapp unter Wasser) dringen weiter in den Kongsfjord vor und stellen eine Gefahr für Schiffe in diesem Gebiet dar», schreibt der Service in seinem Instagram-Post.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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