Schwimmende AKW’s sollen altes AKW in Tschukotka ersetzen | Polarjournal
Kiellegung des ersten schwimmenden Kraftwerks, welches später für den Bergbau am Kap Nagleyngyn stationiert werden soll. Drei weitere werden folgen. (Foto: Rosatom)

Auf einer Werft in Nantong/China fand eine feierliche Kiellegung des Rumpfes der ersten nuklearen schwimmenden Antriebseinheit (FPU) in der Arktis-Version auf Basis der RITM-200-Reaktoreinheiten statt. Die Länge der Plattform beträgt 140 m, die Breite 30 m. Das Gewicht des Rumpfes ohne Ausrüstung beträgt 9.549 Tonnen, mit Ausrüstung 19.088 Tonnen. Es ist geplant, dass der Rumpf bis Ende 2023 zur Fertigstellung und Installation der Antriebsausrüstung nach Russland geliefert wird. Eingesetzt werden soll das erste von vier Kernkraftwerken für den Bergbau im Osten Russlands.

Die «Akademik Lemonossov» liegt im Hafen von Pevek. Das als Prototyp für eine neuartige mobile Kernkraftwerksart gebaute Schiff begann am 19. Dezember 2019 mit der Stromlieferung an die Hafenstadt Pevek. Die «Akademik Lomonossow» dient als Ersatz für das Kernkraftwerk Bilibino, das über eine Hochspannungsleitung mit Pevek verbunden ist, sowie für das kohlebefeuerte Heizkraftwerk Tschaun. (Foto: Rosatom)

Dies ist das erste von vier schwimmenden Kernkraftwerken mit einer installierten elektrischen Leistung von jeweils 106 MW, die für den Betrieb in den Gewässern des Kaps Nagleyngyn im Autonomen Kreis Tschukotka ausgelegt sind. Der Vertrag über die Lieferung von vier FPUs wurde 2021 von der Maschinenbausparte von Rosatom unterzeichnet. Aufgrund der engen Fristen für die Umsetzung des Projekts und der hohen Arbeitsbelastung der inländischen Schiffbauunternehmen wurde beschlossen, die Rümpfe für die ersten beiden Kraftwerke auf einer ausländischen Werft herzustellen. Das Bauschema und der Werftbauer der Rümpfe der dritten und vierten Kraftwerke werden im vierten Quartal dieses Jahres festgelegt, da zuerst abgeklärt werden muss, welche Werft noch freie Kapazitäten hat.

Das erste schwimmende Kernkraftwerk liegt vor der Stadt Pevek. Vier weitere sollen am Kap Nagleyngyn zur Versorgung von Bergbaubetrieben folgen. (Grafik: Heiner Kubny)

Andrey Nikipelov, Generaldirektor von JSC Atomenergomash, bemerkte in diesem Zusammenhang: „Dies ist aus mehreren Gründen ein besonderes Projekt für uns:

Erstens: Weil Atomenergomash als Lieferant des Endproduktes darin eine neue Rolle spielt. Wir sind von Anfang bis Ende verantwortlich für den Bau der schwimmenden Kraftwerke.

Zweitens: Wir können sagen, dass wir bereit sind schwimmende Kraftwerke, die sich in Leistung und Zweck unterscheiden, auf dem Markt anzubieten, je nach Einsatz in der arktischen und tropischen Version. Zweifellos besteht ein Potenzial für die Implementierung großer Industrieprojekte und Exporte mit dem Beginn dieser Projekte.“

Gleichzeitig fertigt Russland bereits die Ausrüstung für alle vier schwimmenden Kraftwerke. Die darauf installierten RITM-200S-Reaktoren werden vollständig in den Unternehmen der Maschinenbauabteilung hergestellt. 

Kaum zu glauben, dies ist eine Strasse bei Pevek, über die Goldminen versorgt werden. (Foto: Heiner Kubny)

Energie für den Bergbau

Die Energie wird für die Entwicklung und den Betrieb mehrerer Minen in der Region verwendet, darunter das Gold- und Kupferprojekt Peschanka. Die Bergbauzone Baimskaya befindet sich im Gebiet Bilibino im westlichen Teil von Tschukotka und umfasst mehrere große Mineral- und Metallvorkommen.

Zuerst muss aber der Bau einer Hafeninfrastruktur am Kap Nagleyngyn und Strassenverbindungen in Angriff genommen werden. Das Kap liegt am Westufer der Chaunskaya-Bucht. In der Nähe liegt die Stadt Pevek, wo Rosatom bereits das schwimmende Atomkraftwerk «Akademik Lomonossov» betreibt.

Laut offiziellen Informationen könnte nach der Lieferung der Rümpfe aus China der Endausbau bereits im Jahr 2023 beginnen. Die ersten beiden Kernkraftwerke sollen, wenn alle Termine eingehalten werden, bereits im Laufe des Jahres 2026 vor Ort Energie liefern.

Rentierherde in Tschukotka. Die Tiere sind Lebensgrundlage für die indigene Bevölkerung. Nun befürchten diese, dass durch den Bau von Strassen und Infrastruktur die Tiere durch Lärm in Ihrer Ruhe gestört werden. (Foto: Heiner Kubny)

Umweltschützer äußern sich besorgt

Die Gegend rund um die Chaunskaya-Bucht ist kaum besiedelt und so fehlt eine ordentliche Infrastruktur. Neben den Hafenanlagen und den schwimmenden Kernkraftwerken für die Bergbauprojekte soll auch mit dem Bau einer großen, neuen Straßeninfrastruktur begonnen werden.

Umweltschützer äußerten sich besorgt über die Pläne. Im September 2020 protestierte eine Gruppe junger Einheimischer gegen das Vorhaben und sagte, dass die lokale Umwelt leiden würde und sich die Lebensbedingungen der Indigenen massiv verschlechtert. Zudem würden die Strassen die Zugwege der Rentiere durchqueren und die Tiere durch den Lärm der LKW womöglich vertrieben.

Im Jahr 1964 wurde von der ehemaligen Sowjetregierung beschlossen in Bilibino ein AKW zu bauen. 1970 wurden die Bauarbeiten in Angriff genommen und nach einer Bauzeit von vier Jahren ging am 11. Dezember 1973 Bilibino 1 ans Netz. Bis zum 12. Dezember 1976 folgten noch 3 weitere Blöcke. (Foto: Rosatom)

AKW Bilibino soll schrittweise stillgelegt werden

Der Block 1 des AKW Bilibino wurde im Zuge der Inbetriebnahme des schwimmenden AKW «Akademik Lomonossow» stillgelegt. Bis anhin wurde Pevek über eine 500 Kilometer lange Freileitung mit Energie versorgt. Block 1 wurde 2019 vom Netz genommen, die Brennstäbe wurden entfernt und im Abklingbecken eingelagert.

Nach früheren Planungen sollten die Blöcke 2 bis 4 bereits im Dezember 2021 stillgelegt werden. Im September 2020 wurde jedoch die Abschaltung auf Dezember 2023 verschoben. Hierfür erhielten die Blöcke 2 und 3 Laufzeitverlängerungen bis Ende 2025.

Die vier schwimmenden Kraftwerke würden nach der Inbetriebnahme genügend Energie liefern um die Bergbauprojekte und die Stadt Bilibino zu versorgen.

Heiner Kubny, PolarJournal

Mehr zum Thema

Print Friendly, PDF & Email
error: Content is protected !!
Share This