Full House am Tor zur Antarktis | Polarjournal
Noch ist es ruhig im Hafen von Ushuaia wie diese Webcam-Aufnahme zeigt. Doch schon in ein paar Wochen wird die Antarktissaison gestartet und die ersten Kreuzfahrtschiffe werden die südlichste Stadt der Welt ansteuern. Bild: Screenshot Skycam.com

Wie sehr polaraffine Menschen das Ende der Lockdowns weltweit und eine Wiederaufnahme von Reisen in die Antarktis herbeigesehnt hatten, zeigte sich letztes Jahr. Die Schiffe waren voll, die Anbieter freuten sich und sahen Licht am Ende einer zweijährigen Durststrecke. Doch am Ende siegte wieder die Pandemie und die Saison endete weniger glorreich für viele der Anbieter. Doch jetzt will man den richtigen Neustart wagen und die Hafenbehörden von Ushuaia werden alle Hände voll zu tun haben in dieser Saison. Zumindest ist das die Hoffnung.

Angemeldet sind insgesamt 64 Schiffe, die rund 500 Besuche in der südlichsten Stadt der Welt unternehmen wollen, meldet das Tierra del Fuego Tourismusinstitut Infuetur in einer Mitteilung. In Passagieren umgerechnet bedeutet das eine Rekordzahl von mehr als 170’000 Gästen, ein Zuwachs von rund 300 Prozent gegenüber der letzten Saison. «Wir freuen uns über die Erholung der Kreuzfahrtaktivität, die sich stark auf die lokale Wirtschaft auswirken wird», erklärte Dante Querciali von Infuetur. «Wir erwarten eine geschäftige Sommersaison mit einem bedeutenden Zustrom von Passagieren, wie es das ganze Jahr hindurch mit den staatlichen Anreizprogrammen für Argentinier, ihr eigenes Land zu besuchen, der Fall war.»

Die Behörden von Tierra del Fuego haben mit dem Ausbau des Hafens begonnen, um der steigenden Nachfrage von Antarktisreisen nachzukommen. Mehr als 400 der Schiffsbesuche haben die antarktische Region zwischen den Falklands/Malvinas und der antarktischen Halbinsel zum Ziel. Bild: Michael Wenger

Ursprünglich waren mit über 250’000 Gästen gerechnet worden, die ab dem 29. September nach Ushuaia reisen sollten. Gestartet wird mit der Ankunft des chilenischen Schiffes Ventus Australis, eines 200-Passagiere-Schiffes, welches Fahrten in die patagonischen Fjorde anbietet, gefolgt von der National Geographic Resolution Anfang Oktober. Ab Ende Oktober beginnt es dann richtig hektisch zu werden, wenn Quark Expeditions, Viking Cruises, Antarpply und weitere Anbieter ihre Schiffe nach Ushuaia bringen werden, um dort die erwartungsfrohen Antarktisreisenden in Empfang zu nehmen. Von den rund 500 Schiffsbesuchen werden über 400 in Richtung Antarktis losfahren, erklärt Infuetur. Dabei hoffen die Hafenbehörden auf den bereits zu 80 Meter längere Anlegesteg als zusätzliche Hilfe, die Schiffsflut bewältigen zu können. Ob auch die weiteren Parteien wie Busbetriebe und Unterkünfte für diese gewaltige Zahl an Besuchern bereit sind, wird sich im Laufe der Saison zeigen.

Auch von der Luftseite her werden mehr Besucher für die antarktische Halbinsel gemeldet. Dabei ist der chilenische Anbieter Aerovías DAP der Hauptprotagonist, da die Firma die meisten Flüge nach King-George-Island unternimmt (Archivbild). Bild: LBM1948 via Wikicommons CC BY-SA 4.0

Nicht nur die Schiffszahlen sollen in dieser Antarktissaison steigen, sondern auch die Zahl der Flugpassagiere, die von Chile aus nach King George Island fliegen, ist höher als noch letztes Jahr. Die Fluggesellschaft Aerovías DAP, die den Hauptanteil der Flüge anbietet, meldet gegenüber den Medien mehr als 150 Flüge nach Antarktika. Das entspricht einer Zunahme von 30 Prozent gegenüber dem vergangenen Jahr. «Jetzt geht es wieder bergauf, vor allem wegen der guten Impfquoten», erklärt Nicolás Paulsen, der Charter Manager von DAP. «Diese Verbindung bringt für Chile nicht nur komparative Vorteile mit sich, sondern auch Wettbewerbsvorteile, da das Volumen der Operationen für viele Länder eine wirtschaftliche Machbarkeit bedeutet.» Einer der wichtigsten Partner dabei ist die chilenische Gesellschaft Antarctica XXI, die ihre Gäste erst ab King George Island per Schiff tiefer in die Antarktis bringt.

Letztes Jahr waren zumindest zu Beginn der Saison die Landestellen entlang der antarktischen Halbinsel sehr gut besetzt. Wie es wohl in dieser Saison mit noch mehr Schiffen aussehen wird? Karte (Archiv): Marine Traffic

Mehr als 400 Schiffsbesuche von und nach Antarktika dürfte auch für die Region einen massiven Zustrom von Schiffen bedeuten. Damit dies in einigermassen geordneten Bahnen abläuft (kurzfristige Planänderungen sind ja Teil einer Expedition), laufen die Vorbereitungen bei der IAATO (International Association of Antarctic Tour Operators) auf Hochtouren. Das wichtigste Werkzeug dabei ist der Schedule Planner, der die Besuche der Schiffe an den einzelnen Landestellen festhält. Damit soll eine gleichmässigere Verteilung der Schiffe und der Besucher und Entlastung der sensiblen Gebiete erreicht werden, etwas das sich in der Vergangenheit relativ gut bewährt hat. Eine Entlastung der Infrastrukturen am Start- und Zielhafen wird noch nicht zu erwarten sein, denn die Bundesregierung in Buenos Aires muss erst noch die Gelder für den fertigen Ausbau des Hafens gewähren.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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