Die Arktis unterscheidet sich nicht nur im geographischen Bereich von der Antarktis. Auch politisch sind die beiden Polargebiet völlig unterschiedlich. Der zurzeit augenscheinlichste Unterschied liegt in der Sicherheitspolitik, die in der Arktis besonders seit dem Krieg in der Ukraine an Bedeutung zugelegt hat. Einige Staaten haben dazu ihre Staatshaushalte umgekrempelt und mehr Geld für die Verteidigung eingeplant. Dänemark als eine der Arktisnationen soll nun ebenfalls mehr in seine Sicherheitspolitik und in seine Streitkräfte investieren, besonders in sein Arktiskommando.
Der Leiter des Joint Arctic Command, Konteradmiral Martin La Cour-Andersen, erklärte nach einer Rede des dänischen Verteidigungsministers Morten Bødskov letzte Woche über den Zustand der dänischen Streitkräfte, dass seine Abteilung ebenfalls einen Zuschuss zur Modernisierung seines Materials benötigen würde. «Das Joint Arctic Command macht wie der Rest der Streitkräfte die Erfahrung, dass neue Investitionen notwendig sind, wenn wir unsere Aufgaben auch in Zukunft auf gleichem Niveau lösen wollen», sagte er gegenüber der grönländischen Zeitung Sermitsiaq.
Die Diskussion um besseres und vor allem neueres Material für das Joint Arctic Command ist nicht neu. Das von Grönland und den Färöern gemeinsam mit Dänemark betriebene Organ hat, gemessen an seinen Aufgaben, einen schweren Stand. Denn sie ist neben der Sicherung der Souveränität zur Einheit des Königreiches (zu dem Grönland und die Färöer trotz ihrer weitreichenden Autonomien gehören) auch für die Kontrollen der Fischerei, Such- und Rettungsaufgaben, Umweltmonitoring, Hydrographische Vermessungen und Logistikunterstützung der Zivilgesellschaft in Grönland und den Färöern verantwortlich. Ein gewaltiger Aufgabenkatalog, der im grössten Teil des dänischen Hoheitsgebietes durchgeführt werden muss. Wo genau aber die Erhöhung der finanziellen und materiellen Mittel hinfliessen soll, liess der Konteradmiral in seinen Erklärungen aus und verhielt sich mehr wie ein Diplomat. «Das Joint Arctic Command ist Teil der Gesamtverteidigung für Dänemark, die Färöer und Grönland. Das bedeutet auch, dass die Wünsche, die das Joint Arctic Command haben mag, einige Teile sind, die in das Gesamtpuzzle passen müssen.»
Es ist kein Geheimnis, dass das Joint Arctic Command mehr Personal und mehr Material benötigen würde, um seine Aufgaben noch besser bewältigen zu können. Gegenwärtig sind rund 40 Leute beim Kommando sowohl in Nuuk wie auch im färöischen Thorshavn beschäftigt. Zwei Patrouillenschiffe der dänischen Marine versehen ihren Dienst zwischen Grönland und den Färöern und im Norden und Osten Grönlands ist die Sirius Patrol, eine Sondereinheit für die Grenzsicherung und die Kontrolle entlang der unbevölkerten Region von Grönland verantwortlich. Der Einheit sind 14 Leute eingeteilt, die für mehr als 16’000 Kilometer Küstenlinie verantwortlich sind. Formell untersteht das Kommando dem dänischen 1. Flottensquadron, welches für die Verteidigung der arktischen Bereiche Dänemarks verantwortlich und in Frederikshavn stationiert ist.
Der Leiter des Joint Arctic Command ist nicht allein mit seiner Forderung nach mehr und besseren Mitteln. Der dänische Verteidigungsminister Morten Bødskov hatte letzte Woche in einer Rede erklärt, dass die dänischen Streitkräfte mehreren Herausforderungen entgegentreten müssen, die mehr Mittel für technische Neuerungen und Personal benötigen. Zwar hatte man in einer Vereinbarung letztes Jahr bereits rund 200 Millionen Euro für eine bessere Überwachung des Nordatlantiks und der arktischen Region getroffen. Doch angesichts der Ereignisse seit Februar 2022 steht Dänemark wie die restlichen Arktisnationen unter einem gewissen Zugzwang, ihre Verteidigungsbudgets noch einmal neu zu überdenken und ihre Streitkräfte möglichst rasch der neuen Situation anzupassen. Die Tatsache, dass jetzt offiziell noch unbekannte Kräfte an den Gasleitungen Schäden verursacht haben, direkt unter der Nase des Verteidigungsministers, dürfte die Debatte um eine Erhöhung und Modernisierung beschleunigen. Und davon dürfte auch das Joint Arctic Command profitieren.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal