Tourismus in die Antarktis boomt, was an der Zahl der Besucher und der Schiffe, die erstere in die südliche Polarregion bringen, ersichtlich ist. Doch häufig wird bei der Diskussion um den Tourismus dorthin das Argument angeführt, dass genau diese Art des Transports, nämlich mit Schiffen und Flugzeugen, plus der Gebrauch von Schlauchbooten und Hubschraubern, um die zahlreichen Touristen an die abgelegenen Landestellen zu bringen, grosse negative Umweltauswirkungen haben. Der Internationale Verband antarktischer Reisebetreiber IAATO will nun mit einer neuen Klimastrategie für antarktischen Tourismus für noch mehr Nachhaltigkeit und Umweltsicherheit sorgen und unternimmt einen ersten grossen Schritt.
Die Mitglieder des Verbandes werden in dieser kommenden Antarktissaison ihre Zahlen und Fakten zum Treibstoffverbrauch aller ihrer Transportmittel an das IAATO-Sekretariat übermitteln. Dabei handelt es sich um die Angaben von Schiffen, Flugzeugen, Zodiacs (Schlauchbooten), Hubschraubern, Autos und alle anderen Transportmittel, die in der Saison für die touristischen Aktivitäten verwendet werden. Mit den Angaben soll der Treibhausgasabdruck von IAATO-Tätigkeiten in der Antarktis ermittelt werden, um in einem nächsten Schritt dann intern Massnahmen zur Überwachung und Verfeinerung von Emissionszielen der IAATO zu unternehmen. Das hat der Verband in einer Pressemitteilung bekanntgegeben.
Das ultimative Ziel dieser Massnahme ist es, die Emissionen von Treibhausgasen und in der Folge auch von Partikeln gemäss dem Ziel der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO anzupassen. So soll bis 2050 der Ausstoss von Treibhausgasen auf 50 Prozent der Mengen von 2008 (ein Peak in der Geschichte des Antarktistourismus) reduziert werden. Und auf globaler Ebene soll noch vor 2050 ein Netto-Null Ziel angestrebt werden. Netto-Null bedeutet nach Angaben des Weltklimarates IPCC, dass die durch Menschen verursachten Emissionen von Treibhausgasen in die Atmosphäre durch ebenfalls von Menschen unternommene Abbaumassnahmen über einen bestimmten Zeitraum ausgeglichen werden. Um diese Ziele zu erreichen, werden die Mitglieder der IAATO auch eigene Klimastrategien und -ziele formulieren und umsetzen. All dies wurde an der letzten Versammlung der IAATO im April in Providence, USA, einstimmig beschlossen.
Die Branche steht, wie fast alle Zweige, in denen Transport wichtig ist, vor einer schwierigen Zukunft. Denn einerseits steht man in Sachen Nachhaltigkeit bei Treibstoffen vor grossen Herausforderungen; Andererseits will die IAATO aber proaktiv und gerüstet für die Zukunft bleiben. Für die IAATO-Mitglieder ist daher das Sammeln und die Weitergabe der Treibstoffdaten ein grosser und wichtiger Schritt und das Erreichen der Ziele der neuen Klimastrategie von grosser Bedeutung. Die Leiterin des Klimawandel-Komitees der IAATO, Pam Le Noury, erklärt dazu: «Die jüngste Zusage unserer Mitglieder, dem IAATO-Sekretariat ihre Treibstoffdaten zur Analyse zu übermitteln, bedeutet, dass wir, sobald wir die Entwicklung nachhaltiger Kraftstoffe und anderer Technologien beschleunigt haben, in einer starken Position sein werden, um Massnahmen zur weiteren Reduzierung der Emissionen zu ergreifen.»
Die Thematik rund um mehr Nachhaltigkeit und Umweltsicherheit hat in der Industrie schon längst ihren Platz. Denn die IAATO setzt sich seit ihrer Gründung 1991 für diese Themen beim Antarktistourismus ein. Und in den vergangenen Jahren machte die Branche grosse Schritte vorwärts, besonders beim Bau neuerer und leistungsfähigerer Schiffe, nicht zuletzt dank der Entwicklung neuer Materialien und Technologien und der Implementierung des Polar Code. Früher wurden vor allem die sehr eisgängigen russischen Schiffe verwendet, um Gästen die Antarktis näherzubringen. Doch im Laufe der Jahre stieg einerseits der Anspruch der Passagiere und gleichzeitig auch derjenige vieler IAATO-Mitglieder, sich noch stärker bei den Themen Nachhaltigkeit und Auswirkungen des Klimawandels zu engagieren und proaktiv zu bleiben. In der Folge wurden diese Aspekte beim Bau neuer Schiffe von IAATO-Mitgliedern aktiv miteinbezogen und umgesetzt. Auch bei den Operationen in der Antarktis wurden und werden diese Aspekte und Themen immer stärker gewichtet. Amanda Lynnes, die Leiterin der Koordinationsstelle für Umwelt und Wissenschaft bei der IAATO sagt dazu: «Eine der Stärken der IAATO ist die Fähigkeit ihrer vielfältigen Mitglieder, kollektive Massnahmen zu ergreifen, die oft über das hinausgehen, was von globalen Regulierungsbehörden gefordert wird. Unsere Mitglieder reagieren flexibel auf neue Technologien und globale Empfehlungen zum Klimawandel und sind entschlossen, kraftvolle Schritte für die Antarktis zu unternehmen.»
Dr. Michael Wenger, PolarJournal