Älteste marine DNA in der Antarktis entdeckt | Polarjournal
Eisberge wie dieser werden durch die „Eisberg-Allee“ in der Scotia-See getrieben, wo das internationale Forschungsteam Sedimentproben für die sedaDNA-Analyse entnahm. Foto: Michael Wenger

In der Tiefsee, und vor allem in den Sedimenten liegen noch zahllose Geheimnisse verborgen. Im antarktischen Meeresboden in der Scotia-See hat ein internationales Forschungsteam jetzt die mit einer Million Jahren älteste marine DNA entdeckt. Für die Untersuchung langfristiger Reaktionen von Meeresökosystemen auf den Klimawandel eröffnen sich mit solch alter, sedimentärer DNA ganz neue Möglichkeiten. Gegenwärtige und künftige Veränderungen des marinen Lebens rund um die Antarktis können so besser bewertet werden. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Die Erforschung der früheren und gegenwärtigen Reaktionen des antarktischen Meeresökosystems auf Umwelt- und Klimaveränderungen ist von entscheidender Bedeutung, da die Antarktis eine der am stärksten durch den Klimawandel gefährdeten Regionen ist. Mit Hilfe der alten Sediment-DNA (sedaDNA — sedimentary ancient DNA) kann die Artenzusammensetzung entschlüsselt werden und wann die jeweiligen Arten im Meer gelebt haben. So können auch drastische Änderungen der Artenzusammensetzung mit Änderungen des Klimas in der Vergangenheit in Verbindung gebracht werden, was wiederum bei Vorhersagen über die Reaktionen der heutigen Meeresbewohner auf den derzeitigen und zukünftigen Klimawandel hilft.

Die „DNA-Crew“ bei der Entnahme der Proben aus dem Sedimentkern. Foto: Sarah Kachovich

Das internationale Forschungsteam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der University of Tasmania und der Universität Bonn entnahm im Jahr 2019 Sedimentproben in der Scotia-See und untersuchte mit Hilfe von sedaDNA die Veränderungen in der Struktur der Meeeresorganismen in den letzten eine Million Jahren. Nach einer Kontaminationskontrolle konnte das Team bis zu eine Million Jahre alte DNA nachweisen. In den Proben identifizierten sie auch DNA von Kieselalgen — wichtige Primärproduzenten im Ozean —, die 540.000 Jahre alt ist, und sogar eukaryotische DNA, die 2,5 Millionen Jahre alt zu sein scheint.

«Dies ist die mit Abstand älteste authentifizierte marine SedaDNA», sagt Dr. Linda Armbrecht, Leiterin der Studie von der University of Tasmania, Australien.

Anhand der alten sedaDNA konnten die Forschenden auch ablesen, dass Kieselalgen während warmer Klimaperioden durchweg reichlich vorhanden waren. Die letzte derartige Veränderung im Nahrungsnetz der Scotia-See fand vor etwa 14.500 Jahren statt. «Dies ist eine interessante und wichtige Veränderung, die mit einem weltweiten und schnellen Anstieg des Meeresspiegels und einem massiven Eisverlust in der Antarktis aufgrund der natürlichen Erwärmung zusammenhängt», erklärt Dr. Michael Weber von der Universität Bonn, Co-Autor der Studie. Die Erwärmung führte offenbar zu einem Anstieg der Meeresproduktivität um die Antarktis.

Für die Probennahme nutzte das Forschungsteam das Bohrschiff Joides Resolution. Foto: Joides Resolution

Laut der Studie ist sedaDNA in vielen verschiedenen Umgebungen zu finden, unter anderem in Erdhöhlen oder im arktischen Permafrost, wo das Material bis zu 650.000 Jahre zurückreicht. SedaDNA bleibt an Orten wie der Scotia-See solange intakt wegen der niedrigen Temperaturen, des geringen Sauerstoffgehalts und des Mangels an UV-Strahlung.

Julia Hager, PolarJournal

Link zur Studie: Armbrecht, L., Weber, M.E., Raymo, M.E. et al. Ancient marine sediment DNA reveals diatom transition in Antarctica. Nat Commun 13, 5787 (2022). https://doi.org/10.1038/s41467-022-33494-4

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