Ukrainisches Antarktis-Büro durch Raketenangriff teilweise zerstört | Polarjournal
Besonders schmerzhaft sind die zerstörten Portraits der Forschungsteams im Büro des Direktors, können aber zum Glück wieder hergestellt werden. (Foto: Aleksandr Zakletsky, Yulia Kryvytska)

Am 10. Oktober wurde im Zuge massiver russischer Raketenangriffe auf ukrainische Städte auch das NASC-Büro im Zentrum von Kyiv beschädigt. Es wurden jedoch keine Mitarbeiter verletzt. Erst zwei Tage später konnte man erstmals die Räumlichkeiten betreten, um die Schäden zu begutachten. Alle Fenster und Glasscheiben wurden von einer mächtigen Druckwelle eingedrückt. Gemäss der Behörde war der Aufprall so stark, dass „Glasscherben wie Dolche in die Holztüren einschlugen“ und interne Betontrennwände Risse aufwiesen.

Ein auf einem Bücherregal aufgestelltes verrutschtes Porträt eines Wissenschaftlers, der Feldforschung im Schnee durchführt. Darüber ist die Decke eingestürzt. Ein Fensterrahmen ist in Stücke gerissen. Mit Holzplatten wurden die Fenster provisorisch repariert. (Foto: Aleksandr Zakletsky, Yulia Kryvytska)

Zum Glück keine Datenverluste

Alle unbezahlbaren Daten auf den Servern und einzigartigen Papierarchiven blieben erhalten. Der einzigartige Zwei-Meter-Pinguin hat ebenfalls überlebt, so dass man ihn mehr als einmal bei den zukünftigen Antarktis-Fotoausstellungen treffen kann.

Die NASC, die das Büro betreibt, schreibt weiter: „Schmerzhaft sind die zerbrochenen Gruppenporträts aller ukrainischen Antarktis-Expeditionen. Diese traditionellen Gruppenfotos aller Überwinterungsteams hingen an der Wand im Büro des Direktors. Insgesamt sind es 26 Bilder. Diese lassen sich zum Glück restaurieren.“ Das Gebäude, in dem das National Antarctic Scientific Center untergebracht ist, liegt mitten im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt, nahe der „Taras Schewtschenko“-Universität.

Am 10. Oktober hatten mehrere ballistische Flugkörper das Zentrum von Kyiv getroffen und dabei grosse Schäden angerichtet. Auf einer der Aufnahmen, die durch die Medien gingen, waren auch Treffer in unmittelbarer Nähe des Gebäudes, in dem die NASCI ihre Büros hat, zu sehen. Die dabei entstandene Druckwelle hatte zu den Schäden in den Räumlichkeiten geführt.

Unbeeindruckt haben die Mitarbeiter geschworen, nach den Raketenangriffen alles wieder aufzubauen. Neben einer Karte der Antarktis wird als Zeichen des Wiederstandes eine Flagge des «National Antarctic Scientific Center» der Ukraine über einem umgestürzten Monitor und Bürochaos gehalten. (Foto: Aleksandr Zakletsky, Yulia Kryvytska)

Die Polarforscher der Station «Akademik Vernadskyi» haben einen Informationsbrief an alle Antarktisstationen bezüglich der Zerstörung des NASC-Büros geschickt, um die internationale Gemeinschaft über die Vorkommnisse zu informieren. In der Botschaft heißt es insbesondere: „Dies ist ein Schlag nicht nur gegen die Zivilbevölkerung, sondern auch gegen die Wissenschaft als solche, einschließlich der Antarktisforschung, die Teil der globalen Forschung ist.“

Im Moment arbeiten die Mitarbeiter des Nationalen Zentrums für wissenschaftliche Forschung NASC online, um die den laufenden Betrieb des Programmes und der Vorbereitungen zur Antarktissaison sicherzustellen. Um die nächsten Expeditionen vorzubereiten, ging seither kein einziger Tag verloren.

Der ukrainische Forschungseisbrecher «Noosfera» steht seit August 2021 für das ukrainische «National Antarctic Scientific Centre» im Einsatz. Vorher war das Schiff währen 30 Jahren für das «British Antarctic Survey» unterwegs. (Foto: Wikipedia)

Eisbrecher «Noosfera» in Sicherheit

Das ukrainische Antarktis-Forschungsschiff «Noosfera» steht zurzeit im Hafen von Kapstadt und hat dort möglicherweise vorübergehend ein neues Heim gefunden. 

Der Forschungseisbrecher der «British Antarctic Survey», früher bekannt unter dem Namen «James Clark Ross», wurde nach der Inbetriebnahme der «Sir David Attenborough» im August 2021 an das ukrainische «National Antarctic Scientific Centre» verkauft. Das Schiff stand während 30 Jahren für die BAS im Einsatz.

Der neuer Name des unter die Flagge der Ukraine gebrachten Schiffes heisst «Noosfera». Es wird vom « National Antarctic Scientific Centre» weiter für die ukrainische Polarforschung sowie für die Versorgung der eigenen Vernadskyi-Station in der Antarktis eingesetzt.

Heiner Kubny, PolarJournal

Link: National Antarctic Scientific Centre

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