Seit einigen Jahren machen nicht nur schmelzender Permafrostboden oder schwindendes Meereis die Runden, wenn es um die Auswirkungen des Klimawandels in der Arktis geht. Auch die teilweise massiven Brände in den subarktischen und arktischen Regionen beunruhigen Experten immer mehr. Dabei geht es ihnen nicht nur um die Brände selbst, die Millionen von Hektaren vernichten und auch im Winter kaum mehr ausgehen, sondern auch um die möglichen Auswirkungen auf das regionale und globale Klima. Eine internationale, grossangelegte Studie hat sich dem Thema gewidmet und die Ergebnisse passend zum Beginn der Weltklimakonferenz veröffentlicht.
Mehr Brände in der Arktis, vor allem im russischen Teil, sind mit den steigenden Temperaturen in der Region verbunden und führten zu stärkeren CO2-Emissionen in die Atmosphäre durch das Verbrennen von kohlenstoffreichen Torfböden in der Arktis. Dies wird sich durch die Erwärmung weiter verstärken und die Brände noch stärker und häufiger auftreten lassen. Das sind zusammengefasst die Resultate der Studie von Adrià Descals vom Forschungszentrum für Ökologie und Forstarbeiten in Barcelona und seinen Kolleginnen und Kollegen. Nach deren Ergebnissen werden noch vor 2050 die verbrannten torfreichen Regionen in der Arktis exponentiell angestiegen sein. Die Arbeit wurde letzte Woche in der renommierten Fachzeitschrift veröffentlicht und kommentiert.
Seine Ergebnisse hat das Forschungsteam erhalten, nachdem sie die mehrere Satelliten-basierenden Schätzungen der verbrannten Gebiete in der sibirischen Arktis untersucht hatten. Dabei konnten sie auf ein Datenarchiv bis ins Jahr 1982 zurückgreifen. Die Daten zeigten einen gewaltigen Anstieg der Brände in den letzten zwei Jahren der Studie 2019 und 2020. Damals verbrannte fast die Hälfte des gesamten Bodens, der in den 39 Jahren der Studie von Feuer betroffen war und entliess etwa 150 Millionen Tonnen Kohlenstoff in die Atmosphäre. Nach Ansicht der Expertengruppe ist und war die steigende Erwärmung der Region dafür verantwortlich. Sie trocknete die Böden aus, die normalerweise feucht und kühl sind. Durch die Austrocknung kann einerseits nicht mehr so viel CO2 aufgenommen werden, andererseits verstärkt sich die Gefahr von stärkeren Gewittern und Blitzeinschlägen, die für häufigere und, dank dem trockenen Boden und Vegetation, stärkere Brände sorgen würden. Nach Berechnungen von Descals und seinem Team, würde eine durchschnittliche Sommertemperatur in Sibirien von über 10°C oder ein über 17°C liegende Durchschnittsbodentemperatur reichen, um genau dieses Szenario Realität werden zu lassen.
Die Studie zeigt, dass in den beiden Jahren in Sibirien mehr Kohlenstoff freigesetzt worden ist, als normalerweise von solchen Böden gespeichert wird. Damit könnte eine Zunahme solcher Brände ganz rasch für einen weiteren Antrieb der Erwärmung in der Arktis sorgen. Obwohl die Resultate für einen grossen Teil der Arktis berechnet worden sind, weil der russische Anteil der arktischen Landfläche am grössten ist, möchte das Team noch weitere Berechnungen und Untersuchungen durchführen, um eine bessere und gesichertere Aussage über die Entwicklung der Brandgefahr in der Arktis erstellen zu können. Besonders die durch die Erwärmung angetriebene Veränderung der Vegetationstypen und Pflanzenarten plus eine detailliertere Untersuchung anderer von Bränden betroffenen arktischen Regionen sollen weitere Erkenntnisse bringen. Doch Adrià Descals und das restliche Team sind sich sicher, dass die Zahl an schweren Tundrabränden weiter steigen wird und es nur eine Frage der Grössenordnung ist. Und auch die Tatsache, dass dadurch Torfböden, die bisher als Kohlenstoffsenken galten, stärker verbrennen werden und von einer Senke zu einer Kohlenstoffquelle werden, sehen sie als sicher an. Die Frage wird auch hier sein, wie stark.
Beitragsbild: (C) Screenshot NASA Youtube Video
Dr. Michael Wenger, PolarJournal
Link zur Studie: Descals et al (2022) Science 378 (6619) Unprecedented fire activity above the Arctic Circle linked to rising temperatures; DOI: 10.1126/science.abn9768