Grönlandhaie stehen unter Schutz vor Fischerei | Polarjournal
Grönlandhaie gehören zu den Schlafhaien oder Somniosidae, einer Gruppe von tiefseebewohnenden Haien, über die nur wenig bekannt ist. Studien haben ergeben, dass Grönlandhaie über 400 Jahre alt werden können, was bei Wirbeltieren einen Rekord darstellt. Bild: Hemming1952 via Wikicommons CC BY-SA 4.0

Die arktischen und subarktischen Gewässer im Atlantik sind einerseits sehr fischreich und darum wirtschaftlich enorm lukrativ. Doch in den kalten Tiefen existieren auch noch viele geheimnisvolle und unbekannte Lebewesen, die für die Forschung wichtig sind. Eines davon ist der Grönlandhai, das bisher langlebigste Wirbeltier der Welt. Diese Art wurde nun von einer der wichtigsten Fischereiorganisationen unter Schutz gestellt.

Die Northwest Atlantic Fisheries Organisation (NAFO) beschloss auf ihrer Tagung im September in Porto (POR) Massnahmen, um das Fangen und Behalten bei Beifängen von Grönlandhaien im gesamten NAFO-Geltungsbereich (Nordwestatlantik) zu verbieten. Eine Ausnahme besteht beim Zurückbehalten als Beifang, wenn das Land das Zurückwerfen von Fischbeifängen explizit verbieten. Meeresschutzorganisationen begrüssen die Erklärung der NAFO, die einen solchen Schutz für Fische überhaupt aussprechen. Damit sind die Knorpelfische in den Gewässern von Ostkanada bis in die USA, Grönland, Island, die Färöer und Norwegen zumindest vor dem spezifischen Fang geschützt.  Als Beifang dürfen sie in Grönland, Island, Norwegen und den Färöern weiterhin beibehalten werden, da diese Länder das Auswerfen von Beifang explizit verbieten.

Grönlandhai wurde traditionell von einigen Nationen gejagt. Besonders auf Island ist der Fisch als «Hákarl» beliebt. Schätzungen zufolge verlieren tausende von Haien jedes Jahr ihr Leben und enden auf den Trocknungsgestellen. Bilder: Wikicommons CC BY-SA 4.0

Den ersten Vorstoss für einen Schutz der Grönlandhaie wurde 2018 bei der NAFO vorgenommen. Der wissenschaftliche Beirat empfahl den Mitgliedern der zwischenstaatlichen Organisation, Grönlandhaie unter Schutz zu stellen. Die Empfehlung basierte auf der Tatsache, dass viele dieser tiefseebewohnenden Haie nicht nur direkt gefangen werden, sondern wahrscheinlich als Beifang in Schleppnetzen bei der Jagd auf Heilbutt und andere wirtschaftlich relevante Fischarten enden. Für ein Tier, das nach neuesten Erkenntnissen mit über 400 Jahren das langlebigste Wirbeltier der Welt ist und sich wahrscheinlich erst mit rund 150 Jahren das erste Mal fortpflanzen kann, bedeutet dies ein grosses Risiko, rasch an den Rand der Ausrottung zu gelangen. Pro Jahr, so schätzen Experten, enden mehrere tausend Tiere als Beifang, wobei gesicherte Zahlen bisher gefehlt haben. Denn wirtschaftlich spielen die Haie nur eine Nebenrolle, sind aber in einigen nordischen Ländern eine Delikatesse. Besonders bekannt sind sie in Island, wo sie als Hákarl zusammen mit isländischem Brennivin angeboten werden. Die Herstellung ist jedoch schwierig und langwierig, da das Fleisch erst von sämtlicher Harnsäure befreit werden und fermentieren muss. Am Ende wird das Fleisch getrocknet vor dem Verkauf.

Über Grönlandhaie weiss man noch sehr wenig, denn die Tiere leben in grossen Tiefen und sind wahrscheinlich noch nie häufig gewesen. Hin und wieder kommen sie aber an die Oberfläche für die Jagd. Eigentlich in den kalten Gewässern des Nordatlantiks und der arktischen Zonen beheimatet, wurde der südlichste Vertreter vor Belize entdeckt. Bild: NOAA Photo Library

Grönlandhaie sind für die Wissenschaft immer noch ein Mysterium, über das man nur sehr wenig weiss. Neben der Tatsache, dass die Tiere die wahrscheinlich langlebigsten Wirbeltiere sind, weiss man auch, dass sie nicht reine Tiefseebewohner sind, sondern in einer JoJo-Tauchbewegung immer wieder an die Oberfläche kommen, um dort zu jagen. Ihr Nahrungsspektrum ist breit. Aufgrund ihrer Lebensweise ist jedoch ihr Stoffwechsel sehr langsam und können darum lange ohne Nahrung auskommen. Doch über ihre Fortpflanzungsstrategien und darüber, wie viele Junge sie haben können, wo ihre Fortpflanzungsorte sind und andere für den Erhalt der Art wichtigen Informationen, weiss man kaum was. Ökologen meinen, dass Tiere, die so lange leben können, erst nach 100 Jahren ihre ersten Fortpflanzungsversuche unternehmen und ab 150 Jahren dann erfolgreich sein könnten. Auch über ihre Anzahl weiss man nichts Spezifisches. All dies macht die Etablierung von Schutzmassnahmen zu einer Herausforderung. Doch zumindest von Seiten der Fischerei wurde ein erster wichtiger Schritt gemacht. Mehr dürften folgen und bei der Langlebigkeit der Fische sogar noch zu deren Lebzeiten.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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