Grönlands Untergrund als möglicher CO2-Speicher | Polarjournal
Die Gletscher und der Permafrostboden in Grönland werden ein Opfer der steigenden CO2-Mengen in der Atmosphäre. Könnte Hilfe im Boden der Insel stecken? Bild: Michael Wenger

Grönland als Teil der Arktis leidet sehr stark unter dem globalen CO2-Ausstoss, der weiterhin trotz Klimaabkommen ungebremst weitergeht. Dabei ist es vor allem der Permafrostboden und der Eisschild mit seinen Gletschern, die beide durch die CO2- und andere Treibhausgase induzierte Erwärmung den Einwohnern unter den Füssen wegschmilzt. Um seinen Beitrag zur Reduktion von CO2 zu leisten, diskutiert die grönländische Regierung mit Experten darüber, ob aus Grönland statt eines CO2-Opfers eine CO2-Senke entstehen könnte.

Ein Sprichwort sagt, dass man sich mit seinem Feind verbinden sollte, wenn man ihn nicht besiegen kann. Diesem Credo möchte die grönländische Regierung wohl folgen, wenn sie jetzt mit Hilfe von Experten ihre Insel zu einer Kohlendioxidsenke machen will, in dem sie das CO2 einfach tief im Boden zu Stein erstarren lassen will. Das zumindest sind Pläne, die von der grönländischen Zeitung Sermitsiaq am Samstag veröffentlicht worden sind.

CO2 soll nach der Idee der isländischen Firma Carbfix direkt am Entstehungsort mit Wasser gebunden werden und danach in einem firmeneigenen Verfahren n einen basalthaltigen Boden gepresst werden, wo durch Druck und chemische Reaktion des Wassers mit dem Basalt das CO2 mineralisiert und so versteinert. In Island funktioniert das Verfahren dank dem vulkanischen Ursprung des Bodens. Video: Carbfix

Die Idee hatten der Leiter des Ministeriums for Mineralische Rohstoffe, Jørgen Hammeken-Holm, die Finanzministerin Naaja H. Nathanielsen und der bekannte Geologieprofessor Minik Rosinganlässlich ihrer Vorträge bei zwei Konferenzen in Grönland vorgestellt. Sie beziehen sich dabei eine in Island von der Firma Carbfix verwendete Methode, bei der Kohlendioxid vor Ort in Wasser gebunden wird und danach in spezifischen Anlagen in einen geeigneten Boden gepumpt wird. Dieser sollte gewisse geologische Kriterien erfüllen wie beispielsweise aus Basalt bestehen, so dass das kohlesäurehaltige Wasser im Gestein Kalzium, Magnesium und Eisen herauslöst und mit dem CO2 zu Karbonaten mineralisiert, die danach als Gesteinsformation tief im Boden das CO2 fixiert halten. «Junges Basaltgestein ist stark zerklüftet und porös, so dass Wasser leicht durch die miteinander verbundenen Risse und Hohlräume im Untergrund sickern kann», schreibt Carbfix auf seiner Webseite. «Im Rahmen des CarbFix-Pilotprojekts wurde festgestellt, dass mindestens 95 % des eingeleiteten CO2 innerhalb von zwei Jahren mineralisiert werden, also viel schneller als bisher angenommen.» Die Wirksamkeit ihrer Methode hat die Firma in einer Reihe von wissenschaftlichen Studien bewiesen.

Aufgrund dieses schnellen Prozesses betrachten die Experten die Methode von Carbfix als ein geeignetes Mittel, Grönland von einem CO2-Opfer in eine CO2-Senke zu verwandeln. Erste Untersuchungen sind bereits im Gange. Dabei nutzen die Experten von Carbfix gemeinsam mit grönländischen Geologen Bohrkerne aus dem Nordwesten von Grönland, die im Zuge einer Bewertung der Region Nuussuaq für die Erdölförderung erhalten worden waren. Gemäss den Experten weist die Region gewisse geologische Ähnlichkeiten zum isländischen Nesjavellir auf, wo Carbfix seine erste Anlage in Betrieb nehmen wird. Auch wirtschaftlich könnte sich das Projekt für Grönland als lohnend erweisen. Denn CO2-Fixierung wird als ein sehr geeignetes Mittel im Kampf gegen die Erderwärmung betrachtet und von vielen Institutionen auch finanziell gefördert.

Mit dabei sein will auch die grönländische Firma Nuna Oil, dank ihrer Expertise in Bezug auf die Bodenbohrungen, die sie im Zuge einer möglichen Ölförderung in Grönland durchgeführt hatten. Dessen Verwaltungsratspräsident Stine Bosse sagt gegenüber Sermitsiaq: «Sie schafft völlig neue Möglichkeiten für Grönland, aber sie ist auch eine Entwicklung, die so gesteuert werden muss, dass die Möglichkeiten Grönland und den Grönländern zugutekommen.» Statt also einen CO2-Emittenten zu fördern, möchte sie sich daran beteiligen, CO2 im Boden verschwinden zu lassen. Doch bis zur endgültigen Lagerung von schädlichem CO2 in Grönlands Boden wird noch einige Zeit vergehen und global gesehen wandeln sich nicht alle Firmen vom Saulus zum Paulus, wie veröffentlichte Daten anlässlich des Weltklimagipfels zeigen.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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