Rein weibliches Expeditionsteam untersucht Meeressäuger in der Arktis | Polarjournal
Sea Women Expeditions ist eine kanadische Organisation, die indigenen und nicht-indigenen Frauen die Möglichkeit bietet, sowohl vor Ort Klimaauswirkungen in der Arktis zu erforschen und gleichzeitig ihre Führungsqualitäten weiter auszubauen. Bild: Aya Walraven / Sea Women Expeditions

In der heutigen Zeit sind drei Themen besonders wichtig in der öffentlichen Meinung: Klimawandel, Polarregionen und Geschlechtergleichstellung. Doch alle drei Bereiche unter einen Hut bringen zu wollen, ist schon keine einfache Sache. Will man dabei auch noch Forschung betreiben, wird es sehr komplex. Doch genau das tun die Frauen von Sea Women Expeditions auf ihrer neuesten Expedition in die nordnorwegischen Fjordwelten.

Das rein weibliche Expeditionsteam von Sea Women Expeditions wird in Nordnorwegen Orcas und andere Wale beobachten und Daten zu Verhalten und Kommunikation aufnehmen. Daneben werden auch Umweltdaten zum Vergleich gesammelt, um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Meeressäuger untersuchen zu können. Das insgesamt 34-köpfige Team unter der Leitung von Susan R. Eaton und Sarah Neill wird dazu in den kommenden Wochen viel Zeit im und auf dem Wasser der Fjorde mit dem Forschungsschiff MV Vestland Explorer verbringen. Neben drei Forschungsprogrammen in den Fjorden werden die Teilnehmerinnen aber auch drei Führungsprogramme für Frauen in Tromsø durchführen und so die Rollen der Frauen in der Gesellschaft stärken. «Frauen spielen eine entscheidende Rolle bei der Anpassung an den Klimawandel und bei dessen Eindämmung und stehen an der Spitze von Umwelt- und Klimagerechtigkeitsbewegungen, die innovative und wirksame Ansätze vorantreiben,» erklärt die Leiterin des UN-Frauen-Gleichstellungsprogrammes Sima Bahous.

Wissenschaftlich widmet sich die Expedition den Orcas und Buckelwalen, die im Moment durch den Winter-Hering-Run in den nordnorwegischen Fjorden sich dort aufhalten und auf die begehrten Fische Jagd machen. Durch Schnorchelgänge will das Team das Verhalten der Tiere auf die menschliche Anwesenheit dokumentieren. Seit einigen Jahren hat diese Form des Whalewatchings in der Region geboomt. Doch es werden immer mehr Stimmen laut, die vor den negativen Auswirkungen der Taucher und Schnorchler warnen. «Die Auswirkungen des Schnorchelns mit freilebenden Schwertwalen sind noch nicht ausreichend erforscht“, so Sarah Neill, britische Meeresbiologin und Mitleiterin der SWX-Expedition. „Es besteht die Notwendigkeit, die Basisdaten zu ergänzen, um das Schnorcheln mit Orcas zu dokumentieren, damit die Managementpolitik besser informiert wird und die Nachhaltigkeit dieser Ökotourismusprojekte gewährleistet werden kann.» Daneben sollen aber auch Umweltdaten gesammelt werden, welche die Auswirkungen des Klimawandels zeigen sollen. «Die Ozeane sind die Motoren des Klimawandels auf unserem Planeten. Wenn wir untersuchen, was in den arktischen Gewässern passiert, können wir besser vorhersagen, was auf globaler Ebene passieren könnte,» erklärt Susan R. Eaton, Geologin, Journalistin und Naturschützerin. Zusätzlich zu Bild- und Tonmaterial der Orcas und Buckelwale wird das Team auch Wasserproben für eDNA (environmental DNA)-Analysen sammeln, um mehr über die übrigen Tierarten, die in den Fjorden vorkommen.

Das Team besteht Frauen, die aus 15 Ländern und den verschiedensten Altersklassen stammen. Das Ziel von Sea Women Expeditions will auch ein multidisziplinärer Ansatz in Sachen Forschung und Geschlechtergleichstellung sein. Bild: Jo-Ann Wilkins

Doch nicht nur wissenschaftlich will die Expedition punkten, sondern sie will auch in Sachen Gleichstellung der Frau vorwärts gehen. «Frauen fehlen weitgehend in der zirkumpolaren Erforschung und Politikgestaltung, und wir müssen ihre Stimmen und ihr Wissen einbeziehen» sagt Susan R. Eaton. Deswegen besteht das Team auch aus Frauen aus den verschiedensten Fachbereichen, von Kunst bis Forschung, von Anwältinnen bis professionelle Taucherinnen und auch Hüterinnen traditionellen Wissens. Sie sollen in den nächsten Wochen auch in mehreren Programmen mehr über Führungsrollen und -qualitäten erfahren, ein wichtiges Ziel von Sea Women Expeditions. «Sea Women Expeditions baut eine Gemeinschaft von qualifizierten, vernetzten und interessierten Frauen auf, die bereit sind, sich an den Entscheidungsprozessen zu beteiligen,» erklärt Susan R. Eaton. Dass das Konzept von Sea Women Expeditions aufgeht, zeigt die Tatsache, dass die Organisation vom UN-Programm «Ozeanforschung für nachhaltige Entwicklung» anerkannt worden ist, eine hohe Auszeichnung. Dafür springt man gerne ins kalte Wasser der Arktis.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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