Wer in den vergangenen Jahren die Nachrichten aus der Arktis verfolgt hat, stiess praktisch regelmässig auf News über massive Busch- und Tundrabrände, die in fast allen Regionen der Arktis gemeldet worden waren. Besonders in weiten Teilen von Russlands zentralem und östlichen Landesteil, gemeinhin als Sibirien bekannt, loderten die Flammen fast den ganzen Sommer lang. Eine Studie hat sich die Gründe für diese langjährig wiederkehrenden Brände und deren Ausmass gewidmet und ist dabei auf eine Reihe von Faktoren gestossen.
Eine Verschiebung des polaren (auch als Arctic Front bekannten) Jetstreams nach Norden, gepaart mit einer immer früher eintretenden Schneeschmelze und stärkere und nach Norden verschobene Blitzaktivität sind die Gründe, warum es in den vergangenen fünf Jahren in den östlichen und zentralen Teil von Russland derart häufig und stark gebrannt hatte. Das ist das Ergebnis der Studie von Doktorandin Rebecca Scholten und Professor Sander Veraverberke von der Freien Universität Amsterdam, die gemeinsam mit weiteren Teammitgliedern die Ursachen und Faktoren für die Brände untersucht hatte. Die Arbeit wurde in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.
Das Forschungsteam untersuchte die Brände im östlichen Teil von Russland im Zeitraum zwischen 2001 und 2021. Gemäss den Ergebnissen waren dabei die Feuer, die in den letzten Jahren die Region heimgesucht hatten, die stärksten und machten rund 41 Prozent der gesamten verbrannten Fläche in den 20 Jahren aus. Angetrieben wurden sie meist durch den sich nach Norden verschiebenden polaren Jetstream, der für überdurchschnittlich hohe Temperaturen und Trockenheit in den Gebieten verantwortlich war. Diese entstanden, weil sich die Luftmassen durch die Verschiebung des Luftstromes nicht richtig bewegt hatten und der noch liegende Schnee in Sibirien schneller und früher auftaute. So war der Boden darunter länger der Sonneneinstrahlung ausgesetzt und anfälliger für Feuer. Die Brände, die teilweise auf natürliche Art wie Blitzeinschläge und teilweise durch Menschen verursacht worden waren, waren nicht nur verherrend für die Pflanzenwelt in der Region, sondern hatten auch grosse Mengen an Treibhausgasen wieder freigesetzt, die im Boden gespeichert waren. Ausserdem beeinträchtigten sie auch den Permafrostboden, der langfristig aufgetaut bleibt und nicht mehr als CO2-Senke dient, sondern zu einer Quelle für die Treibhausgase durch Abbauprozesse wird.
Andere Studien haben auch gezeigt, dass die Brände nicht nur die Pflanzenwelt und die wenigen dort lebenden Menschen stark beeinflussen. Auch die Tierwelt ist durch die steigende Zahl von Feuern bedroht. Denn gerade grosse und mobile Arten wie Bären, Rentiere oder Wölfe weichen den Bränden nach Norden aus (auch begünstigt durch die Erwärmung dieser Regionen) und treffen dadurch auf arktische Tierarten. Das fördert die Konkurrenz um Nahrung und Platz und ist ein zusätzlicher Stressfaktor für die von der Erwärmung gebeutelten Tiere.
Insgesamt, so glauben die Forschenden, werde sich in der Zukunft die Region noch häufiger stärkeren Feuern ausgesetzt sehen
Dr. Michael Wenger, PolarJournal