In der Medizinforschung ist man unablässig auf der Suche nach neuen Wirkstoffen beispielsweise zur Behandlung von Tumorerkrankungen oder bakteriellen Infektionen. Eine noch so gut wie unerforschte Schatzkammer für medizinische Wirkstoffe scheint die Antarktis zu sein. Insbesondere Mikroorganismen könnten aufgrund ihrer spezifischen physiologischen Anpassungen sekundäre Stoffwechselprodukte erzeugen, die in der Biotechnologie Anwendung finden könnten. Ein Forschungsteam aus Ecuador hat in einer aktuellen Studie, die im Fachmagazin Nature Scientific Reports veröffentlicht wurde, bei antarktischen Pilzen antibakterielle Aktivität entdeckt.
Das Reich der Pilze spielt eine große Rolle in der Biotechnologie. In zahlreichen Anwendungen in der Textil-, Lebensmittel- und Pharmaindustrie kommen Pilze bzw. deren Stoffwechselprodukte zum Einsatz. Auch in Pilzen aus der Antarktis fanden Forschende in früheren Studien wertvolle Verbindungen mit antitumoraler, antiparasitärer und antibakterieller Wirkung. Die genetische Vielfalt der antarktischen Mikroben ist jedoch weitgehend unerforscht.
Für die aktuelle Studie sammelte das Forschungsteam Bodenproben nahe der ecuadorianischen Antarktisstation Pedro Vicente Maldonado am Fort William Point auf Greenwich Island nördlich der Antarktischen Halbinsel und isolierte daraus vier Pilze, deren antibakterielle Aktivität gegen vier medizinisch relevante Bakterienstämme getestet wurde: Escherichia coli (Darmbakterium), Klebsiella pneumoniae (Auslöser von Harnwegsinfekten und Lungenentzündungen), Enterococcus faecalis (Darmbakterium) und Staphylococcus aureus (multiresistentes Bakterium).
Die Untersuchungen ergaben, dass zwei der vier Pilze, Cryptococcus gilvescens und Penicillium sp., gegen alle Bakterienstämme antibakterielle Aktivität zeigten, während Thelebolus sp. nur gegen E. coli potentielle antibakterielle Aktivität zeigte. Der vierte Pilz, Antarctomyces sp., hingegen zeigte gegen keinen der getesteten Bakterienstämme antibiotische Aktivität.
Möglicherweise helfen zumindest einige der untersuchten Pilze sogar gegen Tumorerkrankungen. Jedenfalls zeigten andere Penicillium-Arten aus polaren Ökosystemen eine zelltötende Wirkung gegen Krebszelllinien (gezüchtete menschliche Krebszellen) sowie eine entzündungshemmende, antiallergische und antimykotische Wirkung. Und die Autor*innen erklären in der Studie, dass das von ihnen verwendete Bio-Assay auch auf die Suche nach antiviralen und krebshemmenden Substanzen erweitert werden kann. In künftigen Studien sollen die mutmaßlich bioaktiven Verbindungen isoliert, identifiziert und charakterisiert werden. Abschließend unterstreichen sie die potenziellen biotechnologischen Anwendungen der Pilze und damit die Bedeutung der Erhaltung ihrer Umwelt.
Julia Hager, PolarJournal