Dank Studenten entsteht neue Feldstation in der Antarktis | Polarjournal
Seit 1996 betreibt die NOAA auf Livingston Island eine Feldstation zur Erforschung der antarktischen Fauna und dem Einfluss der Fischerei auf die antarktische Umwelt. Nun werden neue, umweltfreundlichere Gebäude hier errichtet. Gleich daneben betreibt Chile ebenfalls eine Station. Bild: Joshua Stone, Wikicommons CC BY-SA 3.0

Forschung in der Antarktis bedeutet oft, längere Zeit im Feld zu sein, um wichtige Daten zur Beantwortung von Fragestellungen zu sammeln. Doch aufgrund der Witterungsbedingungen und zum Schutz von Mensch und Material nutzen Wissenschaftler Feldlager, die teilweise temporär, teilweise auch permanent errichtet werden. Eine solche permanente Feldstation, die von der National Ocean and Atmosphere Administration NOAA seit über 25 Jahren betrieben worden war, erhielt nun ein komplett neues Gesicht mit Hilfe von Architekturstudenten.

Dank einem Programm der Universität von Colorado Denver und der Zusammenarbeit mit dem Projektbüro Bespoke Project Solutions und OZ Architecture konnten mehrere Studenten ihr bisher nur theoretisches Wissen in die Entwicklung einer wissenschaftlichen Feldstation einbringen. Das Resultat der fünfmonatigen Arbeit sind zwei brandneue und nach neuesten Erkenntnissen in Sachen Umweltverträglichkeit und Energieeffizienz gebaute Gebäude. Leo Borasio, einer der beteiligten Studenten erklärt: «Auch wenn die Antarktis einschüchternd wirken kann, wenn man die Anforderungen versteht, die damit verbunden sind, waren alle gespannt darauf, wie man etwas für diese Umgebung bauen kann.»

Das rund 1.4 Millionen US-Dollar teure Projekt war für die NOAA wichtig. Denn die alten Gebäude der ursprünglichen Station waren durch die Bedingungen des antarktischen Wetters stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Ausserdem entsprachen sie nicht mehr den neuesten Umweltauflagen der Antarktisvertragsstaaten. In mehreren Treffen konnten die Forschenden der NOAA ihre Erfahrungen und Wünsche bezüglich der neuen Station einbringen. Neben vielen praktischen Aspekten, die den Forschenden die Arbeit in der Antarktis erleichtern sollten, wurden aber auch ein helles Design, widerstandsfähige, aber nachhaltige Materialien und eine maximale Energieeffizienz in das Projekt eingebaut. Beispielsweise wurde kaum Farbe für einen Anstrich verwendet und die Trinkwassergewinnungsanlage (die mit Regenwasser betrieben wird) wirkt auch als Gewicht, um die Station auf dem Boden zu verankern. Das Ergebnis der Arbeit der Studenten und Experten sind zwei Gebäude, ein Aufenthalts-/Arbeits-/Kochgebäude und ein Wohngebäude für insgesamt 8 Personen, welche den hohen Ansprüchen der antarktischen Umgebung und den Vorgaben der NOAA und der Umweltauflagen entsprechen. Strom liefert eine auf den Dächern installierte Solaranlage, die Aussenwände sind aus Edelstahl und die Wände, Böden und Decken sind extra dick und mit umweltverträglicher Isolation gefüllt. «Wir haben nach nachhaltigen Alternativen gesucht, die leicht zu warten und bei Bedarf zu reparieren sind», erklärt Leo Borasio. Insgesamt liefern die neuen Gebäude nicht nur mehr Komfort, sondern auch noch mehr Platz.

Die nächste Herausforderung für das Projekt war es, das gesamte Material (rund 3 40-Fuss Container voll) zum Zielpunkt zu bringen, nämlich nach Livingston Island, eine der Südshetlandinseln nahe der antarktischen Halbinsel. Hier auf der nördlichen Johannes Paul II-Halbinsel liegt südöstliche des Kap Shirreffs der Standort der Station, zwar gletscherfrei, dafür aber den Wetterbedingungen der Drake-Passage ausgeliefert. Weil der Küstenbereich dort sehr flach ist und es sowieso nur wenige geeignete Frachtschiffe für die Region gibt, sprang der Tourbetreiber und Maritimspezialist EYOS Expeditions und Nansen Polar Expeditions in die Bresche und transportierte das Material an Bord des Expeditionsschiffes Nansen Explorer nahe zur Landestelle. Das Schiff musste rund Seemeile vor der Küste bleiben, da der Bereich voller tückischer Felsen und unzureichend kartografiert ist. Vom Schiff aus wurde das Baumaterial und die Leute mit Zodiacs an Land gebracht, eine gewaltige logistische Herausforderung. «Um einen kleinen Einblick in die Grössenordnung des Projektes zu geben, muss man sich vorstellen, dass wir innert sieben Stunden 40 Zodiacladungen mit Material, Ausrüstung, Nahrung und Personal vom Schiff an Land transportiert hatten», schreibt EYOS. Der Aufwand macht die neue Station zum grössten jemals unternommenen Projekt der NOAA in der Antarktis. Und der Aufwand ist mit dem Bau der beiden Gebäude noch nicht beendet. Denn noch stehen Labor- und ein Notfallgebäude auf dem Plan. Und die dürfen dann von der nächsten Gruppe an hochmotivierten Studenten entwickelt und gebaut werden.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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