Fremde Arten im Meer bedrohen Südgeorgien stärker | Polarjournal
Die rund 165 Kilometer lange und 35 Kilometer breite Insel gilt als ein Hotspot der Artenvielfalt weltweit und umfasst ein riesiges Schutzgebiet, welche auch die Meeresregionen bis zu den Südsandwichinseln umfasst. Doch neue Organismen, die im Rahmen der Meereserwärmung sich nach Süden ausbreiten, bedrohen die einheimische Artenvielfalt. Bild: Michael Wenger

Südgeorgien gehört im Bereich der Antarktis sicherlich zu den artenreichsten Plätzen. Das britische Überseegebiet mitten im Südlichen Ozean fasziniert sowohl an Land wie auch unter Wasser mit einer enormen Vielfalt an verschiedenen Tieren und Pflanzen, die teilweise auch nur hier zu finden sind. Doch das Naturparadies ist durch das Einwandern fremder Arten in seiner Vielfalt bedroht. Nachdem massive Anstrengungen unternommen worden waren, Arten wie Ratten, Mäuse und Rentiere wieder von der Insel zu entfernen, hat eine aktuelle Studie nun eine neue Bedrohungslage für die Artenvielfalt identifiziert.

Schiffsrümpfe, Gepäck und Container und andere mit Schiffstransport verbundene Wege bieten die Möglichkeiten für rund 20 identifizierte Arten, in Südgeorgien einzufallen. Dabei sind es vor allem marine Tierarten, die den grössten Teil der Bedrohung für die subantarktische Insel ausmachen. Das ist das Ergebnis einer Studie über potentielle invasive Arten in britischen Überseegebieten, die unter der Leitung von Professorin Helen Roy vom britischen Zentrum für Ökologie und Hydrologie UKCEH und der Durham Universität durchgeführt und vor kurzem in der Fachzeitschrift Conservation Letters veröffentlicht wurde.

Die britischen Überseegebiete wie die karibischen Inseln, St. Helena, die Falklandinseln und eben Südgeorgien und die Südsandwichinseln (SGSSI) gelten als sehr artenreiche Lebensräume mit einer Vielzahl an endemischen Arten. Die Arbeit untersuchte die potentiellen invasiven Arten in diese Gebiete und identifizierte dabei, welche Arten ein besonders hohes Risiko darstellen und wie sie potentiell eingeschleppt werden. Dazu nutzten Erstautor Dr. Wayne Watson von der Durham Universität einen sogenannten Horizont-Scan, bei dem Experten befragt werden und die Literatur entsprechend zitiert wird. «Es ermöglicht eine rasche Bewertung und Einstufung der Fähigkeit invasiver Arten, sich anzusiedeln, sich zu etablieren und Auswirkungen zu verursachen», schreibt das Team in seiner Arbeit. Dabei betrachteten sie einerseits den Zeitraum der nächsten zehn Jahre und andererseits nicht nur die Auswirkungen auf die Biodiversität und die Ökosysteme, sondern auch diejenigen auf die menschliche Gesundheit und die Wirtschaft des jeweiligen Gebietes.

Die Studie bewertete insgesamt vierzehn Überseegebiete identifizierte 231 Organismen als Hochrisikoarten, die in den nächsten zehn Jahren in einem oder mehreren Gebieten auftauchen könnte. Für Südgeorgien wurden von der Studie 20 Arten aufgelistet, darunter die bereits von der Insel entfernten Wanderratte und Hausmaus. Den grössten Anteil an möglichen Invasoren aber sah die Studie bei den marinen Organismen. Insgesamt zwölf Arten wie verschiedene Miesmuschelarten, Krebse und Manteltiere listet die Studie als Hochrisikoarten auf, die in der Zukunft die Biodiversität in den Gewässern des Gebietes negativ beeinflussen könnte. Der Haupttransportmodus ist dabei die Schiffshülle gemäss dem Studienteam. Da viele Schiffe im Laufe ihrer Reisen durch zahlreiche Gewässer fahren und sich damit auch die unterschiedlichsten Organismen an den Schiffsrümpfen anhaften können, besonders, wenn sie im etwas zäheren Larvenstadium sind, werden sie mühelos in neue Gebiete wie eben die Gewässer von Südgeorgien geschleppt. Stimmen die Umweltbedingungen, können sich diese Arten dann aufgrund fehlender Fressfeinde relativ ungehemmt ausbreiten und die bisherigen Arten verdrängen.

Dass dies sich bereits in anderen antarktischen Regionen wie beispielsweise der antarktischen Halbinsel zugetragen hat, zeigen frühere Studien. Länder wie Australien und Neuseeland haben bereits reagiert und erlauben Schiffen die Einreise in ihre Gewässer nur noch, wenn sie den Nachweis einer umfangreichen Rumpfreinigung erbringen können. Ob dies dereinst auch eine verpflichtende Massnahme für alle Schiffe in die Antarktis ist, wird sich in den nächsten Jahren wohl zeigen.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

Link zur Studie: Watson et al. (2023) Conserv Let Epub Horizon scanning for potential invasive non-native species across the United Kingdom Overseas Territories; doi.org/10.1111/conl.12928

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