Wie Seeleoparden in der Antarktis überleben | Polarjournal
Zwei Seeleoparden, die sich gegenseitig begrüßen. Bei einem der beiden ist gut sichtbar der aufgeklebte Satelliten-/GPS-Sender zur Übermittlung von Daten. (Foto: Baylor University)

Forscher und Mitarbeiter der Texanischen Baylor University haben nach Antworten auf die Frage gesucht, wie Seeleoparden unter extremen polaren Bedingungen überleben können. Die Kombination aus dem extremen Klima der Antarktis und der abgeschiedenen Lebensweise dieser Art macht den Seeleoparden zu einem der am schwierigsten zu erforschenden Top-Raubtiere der Erde. Das Forscherteam sammelte Daten über die Physiologie von 22 Seeleoparden, denn dieses rätselhafte antarktische Raubtier wurde bisher noch nie so detailliert untersucht.

Sarah Kienle, leitende Forscherin und Meeresbiologin an der Baylor University, begrüßt Violet, eine der 22 Seeleoparden, die an der Studie teilnahmen. (Foto: Baylor University)  

Unbestritten ist, dass sich das Klima der Antarktischen Halbinsel erwärmt, was zu weniger Meereis und damit zu weniger Lebensraum für Raubtiere und Beute führt. Diese Veränderungen könnten viele antarktische Organismen in Schwierigkeiten bringen. Wissenschaftler wissen erschreckend wenig über das Verhalten und die grundlegende Physiologie von Seeleoparden. Bekannt ist aber, dass diese äußerst anpassungsfähige Robbe ein breites Spektrum an Beute frisst.

Bei der ersten Studie, die von der ‘National Science Foundation’ finanziert wurde, hatten die Biologen ein gemeinsames Ziel, mehr über den Seeleoparden zu erfahren. Zwei Jahre lang untersuchte das Forscherteam 22 Seeleoparden vor dem westlichen Teil der Antarktischen Halbinsel, in einem Gebiet, das sich schnell erwärmt und verändert. Sie wogen und maßen jede einzelne Robbe und überwachten ihre Handlungen und Tauchmuster mit Hilfe von Satelliten-/GPS-Tags.

In einer in ‘Frontiers of Marine Science’ veröffentlichten Studie dokumentierten Sarah Kienle und ihr Team das flexible Verhalten und die Eigenschaften der Art, die dem Seeleoparden möglicherweise die nötige Widerstandsfähigkeit verleihen, um unter den extremen klimatischen und ökologischen Bedingungen der Antarktis zu überleben.

Sarah Kienle: „Wir zeigen, dass Seeleoparden eine hohe Variabilität, oder Flexibilität in verschiedenen Merkmalen aufweisen. Im gesamten Tierreich ist Variabilität für Tiere lebenswichtig, damit sie sich anpassen und auf Veränderungen in der Umwelt reagieren können. Daher freuen wir uns, dass wir bei diesem antarktischen Raubtier eine hohe Variabilität feststellen konnten“. (Foto: Baylor University)

Eine der Schlussfolgerungen, die die Biologen gezogen haben, ist, dass erwachsene weibliche Seeleoparden viel größer sind als erwachsene Männchen. Tatsächlich sind die Weibchen 1,5 mal größer und länger. Das Team vermaß einen der größten Seeleoparden, ein erwachsenes Weibchen mit dem Spitznamen «Begonia», welches 540 kg wog. Weibchenzentrierter Sexualdimorphismus, bei dem die Weibchen größer sind, ist bei Meeressäugern ungewöhnlich, aber der Seeleopard ist unter 130 Arten das beste Beispiel für ein deutlich unterschiedlich Erscheinungsvorkommen bei derselben Art.

Nach den Bewegungsdaten zu urteilen, verbrachten weibliche Seeleoparden mehr Zeit damit, das Wasser zu verlassen, um sich auf dem Eis oder an Land auszuruhen, als die Männchen. Die beiden erwachsenen weiblichen Seeleoparden in dieser Studie verbrachten zwei Wochen auf einer Eisscholle mitten im Ozean, ohne zu fressen oder ins Wasser zu gehen. Kienle und ihre Kollegen vermuten, dass weibliche Seeleoparden während dieser zweiwöchigen Ruhezeit ihre Jungen zur Welt bringen und säugen.

«Begonia» ist mit einem Gewicht von 540 kg der größte Seeleopard, der jemals von der Baylor-Meeresbiologin Sarah Kienle und ihrem Forschungsteam erfasst wurde. Gut zu erkennen ist der Satelliten-/GPS-Sender auf dem Rücken der Robbe.  (Foto: Baylor University)

Männliche und weibliche Seeleoparden schwimmen kurze und lange Strecken sowohl in Küstengebieten als auch im offenen Meer. Ein Seeleopard schwamm nur 46 km von dem Ort entfernt, an dem das Team mit der Robbe arbeitete, und blieb in und um die Inseln der Antarktischen Halbinsel. Eine andere Robbe hingegen schwamm im selben Zeitraum 1’700 km vom Ort der Markierung weg und erreichte Südgeorgien, mehr als eintausend Kilometer entfernt.

Vergleich der Bewegungsmuster von am Kap Shirreff mit Sendern ausgestatteten Seeleoparden. (A) GPS-Tracks von 22 Seeleoparden, die 139 ± 71 (Mittelwert ± Standardabweichung) Tage gesendet haben. Jede Farbe steht für eine andere Robbe. Warme Farben (Rot, Orange, Gelb) stehen für weibliche Robben. Kühlere Farben (Blau) repräsentieren männliche Robben. Der gelbe Stern steht für Cape Shirreff. (B) GPS-Spur der Robbe (erwachsenes Weibchen Nr. 57), die die weiteste maximale Entfernung (1.669 km) von Cape Shirreff nach Südgeorgien zurücklegte. (Grafik: Baylor University)

Robben wie Seeelefanten können über eintausend Meter tief tauchen und mehr als 40 Minuten lang die Luft anhalten. Das Forschungsteam verzeichnete jedoch den längsten und tiefsten Tauchgang, der jemals von einem Seeleoparden aufgezeichnet wurde, bei einem Männchen mit dem Spitznamen «Deadpool», welches in 25 Minuten auf 1’256 Meter abtauchte.

Heiner Kubny, PolarJournal

Link zur Studie von ‘Frontiers of Marine Science’

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