NILAS — Neues interaktives Tool für die Antarktisforschung | Polarjournal
Anton Steketee (links), Sean Chua und Dr. Petra Heil entwickelten NILAS, die neue Kartenplattform für den Südlichen Ozean. Foto: Wendy Pyper

Wie ist die typische Meereiskonzentration östlich der Antarktischen Halbinsel im Februar oder wie hoch war die Chlorophyllkonzentration im Dezember 2015 im Rossmeer? Diese und andere Fragen beantwortet jetzt das von Forschenden der Australian Antarctic Division neu entwickelte, interaktive Tool NILAS, das verschiedenste Eis- und Ozeanparameter rund um die Antarktis auch kombiniert betrachten lässt. Sogar das Hochladen eigener Daten ist möglich. Auch Nicht-Wissenschaftler können auf NILAS zugreifen und beispielsweise die Meereisbedeckung verfolgen.

Auf Eis- und Meeresdaten aus dem Südlichen Ozean wie die Tag-genaue oder monatliche Meereiskonzentration, seine langjährige Ausdehnung, die Chlorophyllkonzentration (ein Indikator für die Phytoplanktondichte), die Meeresoberflächentemperatur etc. können Antarktisforschende leicht zugreifen und diese für ihre Forschung verwenden. Bisher waren diese Daten jedoch nur einzeln verfügbar. Mit dem neuen, frei verfügbaren Tool NILAS ist es jetzt möglich, all diese Parameter kombiniert zu betrachten, aus der Vergangenheit und in Echtzeit. Darüberhinaus können eigene Messdaten oder geplante bzw. vergangene Schiffskurse über die in NILAS integrierten Daten gelegt werden. Damit erhalten Forschende ein leistungsstarkes Instrument für die Planung von Expeditionen, die Analyse gesammelter Daten und für künftige Forschungsvorhaben, wie Dr. Petra Heil, Meereiswissenschaftlerin in der Australian Antarctic Division, in einer Pressemitteilung der AAD erklärt.

NILAS beinhaltet sowohl aktuelle als auch historische Daten, die für das Meereis bis 1980, für die Meeresoberflächentemperaturen bis 1981 und für die Chlorophyllkonzentration bis 1998 zurückreichen. Neben der Meereisausdehnung und -konzentration enthält NILAS auch Daten zum sogenannten Meereisfreibord, das die Höhe des Eises über der Meeresoberfläche angibt. Dr. Heil zufolge ist die Verfügbarkeit verschiedener Meereisvariablen innerhalb einer Anwendung wichtig, um die Meereisbedingungen herauszufinden. Zum Beispiel könnte ein Gebiet von Interesse eine 100%ige Meereiskonzentration aufweisen. Doch durch die Einbeziehung der Meereisfreibord-Variable könnten Gebiete mit dickerem oder dünnerem Eis identifiziert werden.

«Wir haben dieses Tool zur Planung einer meereswissenschaftlichen Reise verwendet und nutzen es derzeit, um Einsatzorte für autonome Instrumente zur Untersuchung von Prozessen am Meereisrand, wie z. B. welleninduziertem Eisabbruch, zu bestimmen», so Dr. Heil. «Mit diesem Instrument können wir die Meereiskonzentration und -ausdehnung der letzten Jahre verfolgen, um ein Verständnis für die wahrscheinlichen Meereisbedingungen im Monat unserer Reise zu gewinnen. So können wir die am besten geeignete Stelle für die Entnahme von Proben und den Einsatz von Instrumenten ermitteln.»

Sie fügt hinzu: «Das Tool ermöglicht es uns auch, die Eisbedingungen an Orten zu prüfen, an denen wir nur wenig oder gar keine Erfahrung mit der Navigation im Eisgebiet haben, und Entscheidungen über die beste Jahreszeit zu treffen, um unser Vorhaben zu verwirklichen.»

Sean Chua, ebenfalls Meereiswissenschaftler der AAD, stellt heraus, dass die Möglichkeiten, die NILAS bietet, neue Forschungsideen hervorbringen oder es den Wissenschaftlern ermöglichen könnte, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Komponenten des Erdsystems zu untersuchen. 

In NILAS können Daten wie beispielsweise die Meereiskonzentration mit dem Meereisfreibord (Eishöhe über der Meeresoberfläche) kombiniert werden. Die Nutzer können so Regionen mit dünnerem und dickerem Eis identifizieren und diese anhand der flächenmäßigen Meereisbedeckung bewerten. Diese Informationen helfen zum Beispiel bei der Auswahl von Einsatzorten für Instrumente oder bei der Planung der Navigation in einem unbekannten eisbedeckten Ozean. Bild: NILAS

Die in NILAS integrierten Datensätze wurden aus Satellitenbeobachtungen gewonnen und stammen aus verschiedenen Quellen wie dem National Snow and Ice Data Center, der Universität Bremen, dem Met Office und der Ocean Colour Climate Change Initiative.

«In Absprache mit den Antarktis-Wissenschaftlern haben wir Quelldaten und Produkte ausgewählt, die für die Betrachtung der langfristigen Klimaaufzeichnungen am nützlichsten sind», sagt Meereiswissenschaftler Anton Steketee. «Wir haben diese Daten standardisiert, einige Funktionen hinzugefügt und sie auf einer Plattform präsentiert, für deren Nutzung keine technischen Kenntnisse erforderlich sind. Dieses Tool erfordert keine Software oder Downloads, es kann so konfiguriert werden, dass es ohne Internetverbindung läuft, und es zeigt mehrere Variablen auf verschiedenen Zeitskalen an.»

Dem Entwicklerteam zufolge könnte die Kartenplattform auch von Studenten verwendet werden, um Klimaschwankungen zu konzeptualisieren, oder Klimamodellierern ein einfach zugängliches, visuelles Mittel zum Vergleich von Modellergebnissen mit tatsächlichen Beobachtungen bieten.

Ihr neues Tool hat das Team nach einem Stadium der Meereisbildung benannt: Als Nilas wird eine dünne, elastische Schicht aus Meereis bezeichnet, die sich bei Wellen und Seegang sowie unter Druck leicht verbiegt.

Julia Hager, PolarJournal

Link zu NILAS: nilas.org 

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