Genauere Wetterdaten aus Antarktika dank Schweiz und Belgien | Polarjournal
Solche automatische Wetterstationen AWS liefern seit Jahren wichtige lokale und regionale Wetter- und Klimadaten aus der Arktis und Antarktis an die Forschungsgruppen zuhause. Bild: International Polar Foundation

Wenn es um Wetter- und Klimadaten aus Antarktika geht, setzen Forschende nicht nur auf Satellitenbeobachtungen, sondern auch auf automatische Wetterstationen vor Ort. Diese liefern ihre Daten normalerweise via Satelliten an die Wissenschaft, was nicht immer ohne Probleme abläuft. Nun haben Forschende des Eidgenössischen Forschungsinstituts für Wald, Schnee und Landschaft WSL mit belgischen Forschenden des IPF ein neues Netzwerk von automatischen Wetterstationen entwickelt, dass wortwörtlich einen anderen Weg geht.

Von der Küste durch die belgische Antarktis-Station «Princess Elisabeth Antarctica» (PEA) bis auf die antarktische Hochebene verläuft ein 280 Kilometer langer Streifen, auf dem zurzeit fünf automatische Wetterstationen AWS in einem Netzwerk zusammengefasst sind und meteorologische und klimatologische Daten an ihren Standorten sammeln. Diese Daten werden danach an Forschende in der Schweiz, in Belgien und den USA zu weiteren Nutzung weitergeleitet. Und genau diese Weiterleitung ist das Novum von PEACE, dem Princess Elisabeth Antarctica Climate Experiment: Statt via Satellitensystem ARGOS erst an Server und dann an ihre Zielorte, senden die AWS ihre Daten kontinuierlich terrestrisch via einer Weiterleitungsstation zur belgischen Antarktisstation. Von hier aus können sie dann gleich via geostationärem Kommunikationssatellit nach Brüssel geschickt und von dort aus verteilt werden.

Das Herzstück des neuen Netzwerks ist eine Relay- oder Weiterleitungsstation, die von jeder AWS die Daten erhält und sie zur belgischen Antarktisstation weiterleitet. Obwohl die meisten Stationen mitten auf dem Eis stehen, mussten die Forschenden ihre Relaisstation ganz gezielt auf einem Berg errichten, denn die Erdkrümmung, die Distanz der AWS zur Antarktisstation und deren Lage müssen für eine kontinuierliche Kommunikation zwischen AWS und Station miteingerechnet werden. Die Wahl für die Lage der Relaisstation fiel auf die rund 2’700 Meter hohe neu benannten Van-Autenboer-Spitze. Hier installierten die Forschenden die Relaisstation. Mehrere 12-Volt-Batterien, die von einer kleinen Windturbine aufgeladen werden, sorgen für einen laufenden Funkkontakt mit der Station und den im Norden und Süden stehenden AWS. Weitere Stationen können und werden in der nahen Zukunft noch hinzugefügt, erklärt die IPF in einer Pressemitteilung.

Die Messstationen, deren Daten die Relaisstation auffängt und weiterleitet, sind teilweise schon seit Jahren rund um die Station PEA im Einsatz. Gemessen werden neben Temperatur, Druck und Feuchtigkeit auch Windgeschwindigkeit und -richtung, Strahlung, Schneemenge und/oder Eisverlust. Erstmals hatte der bekannte Schweizer Klimaforscher und ehemalige WSL-Leiter Professor Konrad «Koni» Steffen 2012 die ersten beiden Stationen im Rahmen von PEACE für die Universität von Colorado in Boulder (CU) errichtet, eine dritte folgte im Jahr darauf. Diese drei Stationen hat die CU mittlerweile an die International Polar Foundation übergeben. Zwei weitere stammen aus dem ehemaligen Swiss Camp auf Grönland, wo sie sich schon seit Jahrzehnten bewährt hatten. Das System besteht aus einer Reihe von Messinstrumenten, montiert auf einer hohen Stange auf unterschiedlichen Höhen. Solarpaneele sorgen für Stromzufuhr im Sommer. In Zukunft sollen speziell entwickelte kleine Windturbinen auch im Winter Strom liefern und ein automatisches Kontrollsystem die Instrumente und vor allem den Funkkontakt bei Strommangel auf ein Minimum beschränken.

Die belgische Station «Princess Elisabeth Antarctica» ist die erste Null-Emission-Station in Antarktika und wird nur im Sommer bewohnt. Im Winter sorgt ein ausgeklügeltes Überwachungssystem mit direkter Kommunikation nach Brüssel für einen reibungslosen Betrieb. Diese Kommunikation erlaubt es nun auch, kontinuierliche AWS-Daten zu erhalten. Bild: International Polar Foundation

Die Nutzung von automatischen Wetterstationen in Antarktika zur Erhebung von wichtigen lokalen und regionalen Echtzeitdaten geht auf eine Initiative der Universität von Wisconsin Madison und auf Professor Charles Stearns 1980 zurück. Mittlerweile stehen an zahlreichen Orten in Antarktika solche Stationen und liefern wichtige Daten für die Klimatologen und Meteorologen und deren Modelle über die Vorgänge in der Ostantarktis. Wenn das Projekt PEACE erfolgreich sein sollte, können sich die Forschenden vorstellen, dass weitere AWS, die auch für andere Projekte aufgestellt worden sind, hinzugefügt werden können. Schweizer Forschende der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne EPFL haben in der Nähe der belgischen Station ebenfalls AWS errichtet. Da die belgische Station im Winter via Satellitenkommunikation überwacht und gesteuert wird, könnten so wichtige Daten laufend aus einem Teil von Antarktika geliefert werden, welcher der Wissenschaft immer noch Rätsel in Bezug auf die Auswirkungen des Klimawandels auf die weisse Wildnis gibt.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

Beitragsbild: mit freundlicher Genehmigung der International Polar Foundation

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