Sanfte Methode für Besenderung von Eisbären entwickelt | Polarjournal
Eisbären in den Weiten der Arktis zu entdecken, ist eine grosse Herausforderung. Doch um sie schützen zu können, muss man wissen, wo sie sich aufhalten und wie weit sie wandern. Studien haben dabei enorme Strecken entdeckt. Bild: Michael Wenger

Eisbären sind echte Wandervögel, das haben Studien in der Vergangenheit bereits gezeigt. Doch um solche Resultate überhaupt erhalten zu können und so mehr für ihren Schutz tun zu können, mussten Forschende die Tiere mit Satellitensendern ausrüsten, die in Halsbändern eingebaut waren. In einigen Fällen führte die zu massiven Beeinträchtigungen bis hin zum Tod der Tiere. Doch nun hat ein internationales Expertenteam bessere und vor allem sanftere Methoden entwickelt, um die Sender an Eisbären zu befestigen.

Am Fell statt am Hals die Sender anzubringen ist die Lösung für Professor Gregory Thiemann und eine Expertenteam bestehend aus Forschenden der Universität York, von Polar Bears International und der Firma 3M. Dazu hat das Team mehrere Typen von Halterungen entwickelt, auf denen die Satelliten-gestützten Sender angebracht wurden und orientierten sich dabei auch an der Natur von Klettpflanzen. Denn diese haben die Fähigkeit, sehr lange im Fell von Tieren festzuhängen und nicht bei der nächsten Gelegenheit wieder abzufallen. Die Methoden wurden von der bekannten Gadgetblog-Plattform Gizmodo nun mit dem ersten Preis an deren Wissenschaftswettbewerb ausgezeichnet.

Pentagonsender, Klettverschlüsse, Klemmnieten, in denen Fellhaare büschelweise eingeklemmt werden und sogar Ohrmarken mit eingebauten Satellitensender sind nach Ansicht des Expertenteams die viel sanfteren Methoden, um Eisbären mit Sendern zu versehen. Um die von 3M-Technikern und Eisbärenexperten entwickelten Befestigungsmethoden zu testen, arbeiteten mehrere Teams erst mit Zoologischen Gärten zusammen. Dabei setzte die von 3M-Technikern und Eisbärenexperten entwickelten Methoden vor allem auf Kletttechnologie («Burr in a fur»). In einem weiteren Schritt brachten danach mehrere Teams in der Region der südwestlichen Hudsonbay die neuen Halterungsmethoden bei Eisbären an und testeten sowohl die Halterungen wie auch die Leistung der Sender. Diese waren einerseits auf Iridium-Satelliten basiert oder mit einfacheren GPS-Sendern ausgestattet, die den Forschenden ihre Daten auf GIS oder Google Maps schickten. So konnten Experten wie Professor Gregory Thiemann genau erfassen, wo die Tiere sich aufhielten. Auch mit der Festigkeit der Halterungmethoden sind die Experten bisher zufrieden. Bis zu 100 Tagen konnten sich die kleinen Sender im Fell halten. Die Experten arbeiten nun an Möglichkeiten, die Halterungen noch zu verbessern, um sicherzustellen, dass auch bei extremen Bedingungen wie beispielsweise langem Schwimmen oder grosser Kälte die Sender am Tier haften bleiben.

Die bisher verwendete Methode mit den Halsbändern hat nach Ansicht der Experten gleich mehrere Nachteile. Einerseits können mit den Halsbändern nur erwachsenen Weibchen besendert werden, da nur ihre Kopfform und ihr Hals dafür geeignet sind. Jüngere Tiere wachsen zu schnell und könnten an den Halsbändern ersticken und der Kopf von männlichen Bären geht praktisch in den Hals über, so dass ein Halsband nicht am Hals bleiben würde. Ausserdem standen die Halsbänder in Verruf, den Tieren zu schaden und sogar für den Tod von einigen Weibchen verantwortlich zu sein. Doch mit den neuen Halterungsmethoden können Forschende nun auch Männchen verfolgen, über deren Wanderungen viel weniger bekannt ist. «Zu verstehen, wie Eisbären ihre Umwelt nutzen, ist äusserst wichtig, um sicherzustellen, dass wir diese Gebiete in Zukunft schützen können», erklärt beispielsweise JOn Kirschhoffer, der Leiter für Schutztechnologien bei Polar Bears International. Und auch Gregory Thiemann, der seit Jahren Eisbären und die Auswirkungen des Eisverlustes untersucht, meint: «Das Wissen um die Arten von Lebensräumen, die sie auf dem Eis und an Land nutzen, ist für die Ausweisung kritischer Lebensräume im Rahmen der Rechtsvorschriften für gefährdete Arten von wesentlicher Bedeutung.»

Sogar das Konfliktpotential mit Menschen könnte nach Ansicht der Experten, reduziert werden, wenn die Leute in den Orten wissen, wo sich ein Eisbär aufhält. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass genau dieses Wissen auch Jäger auf den Plan ruft, die den Aufenthaltsort entweder für sich oder für die in Kanada immer noch weitverbreitete Trophäenjagd verwenden. Sie weisen auch darauf hin, dass nicht nur die Halsbänder als solches ein Risiko für die Eisbären dargestellt haben, sondern auch die Umstände, wie sie angebracht werden müssen. Dazu ist es immer noch notwendig, die Tiere mit Hubschraubern zu suchen und zu betäuben. Gerade letzteres ist ihrer Meinung nach viel schlimmer als die Halsbänder und sollte durch andere Methoden ersetzt oder sogar ganz aufgegeben werden. Das zeigt, dass das Konfliktpotential nicht nur zwischen Eisbär und Mensch, sondern auch zwischen Tierschutz und Forschung, die eigentlich ihren Schutz verbessern will, besteht. Vielleicht liefert die neue Methode einen ersten Schritt auch in die Richtung zur Beilegung dieses Konflikts.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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