Das marine Nahrungsnetz rund um die Falklandinseln mit zahlreichen Arten auf den unteren und oberen trophischen Ebenen wird nur von einigen wenigen Arten dazwischen kontrolliert. Diese stehen mehr oder weniger im Zentrum des Nahrungsnetzes und werden deshalb als Wespentaillen-Arten bezeichnet. Verschwinden sie aufgrund des Klimawandels, der Überfischung oder anderer Ursachen, hätte dies gravierende Auswirkungen auf die trophischen Ebenen über und unter ihnen. Eine Übersichtsstudie des South Atlantic Environmental Research Institute, die in der Fachzeitschrift Advances in Marine Biology erschien, fasst das bisherige Wissen zusammen.
Die Falklandinseln liegen inmitten nährstoffreicher Meeresströmungen und Auftriebsgebiete und bieten so ideale Bedingungen für gemäßigte und subantarktische Arten, insbesondere für große Populationen von Walen, Robben, Pinguinen und anderen Seevögeln. Schwarzbrauen-Albatrosse (Thalassarche melanophris), Felsenpinguine (Eudyptes c. chrysocome) und Südamerikanische Seebären (Arctocephalus australis) haben hier ihre größten Brutkolonien weltweit. Sie alle sind abhängig von relativ wenigen Arten von Fischen, Tintenfischen und Zooplankton.
«Nahrungsnetze können von unten nach oben (über Phytoplankton und Zooplankton als Beute) oder von oben nach unten (über die Raubtiere) kontrolliert werden, aber die Gewässer der Falklandinseln sind ein schönes Beispiel für die dritte Form: die Wespentaillen-Dynamik», erklärt Dr. Jesse van der Grient, Meeresökologin am South Atlantic Environmental Research Institute (SAERI) in Stanley, Falklandinseln, und Hauptautorin der Studie, gegenüber PolarJournal.
«In einem solchen System gibt es eine Vielzahl von Arten in den unteren (z.B. Zooplankton) und in den höheren trophischen Ebenen (z. B. Raubfische, Robben, Seevögel usw.), aber beide Seiten werden stark von kleinen Zooplankton-fressenden Arten beeinflusst. Rund um die Falklandinseln handelt es sich bei diesen Arten wahrscheinlich um den Tintenfisch Doryteuthis gahi (Patagonian longfin squid), Südlichen Wittling (Micromesistius australis australis), den Antarktisdorsch Patagonotothen ramsayi (Patagonian rock cod), die Falklandsprotte (Sprattus fuegensis), die Krillart Munida gregaria (Lobster krill) und möglicherweise den Flohkrebs Themisto gaudichaudii», so van der Grient weiter.
Der Studie zufolge weisen einige dieser Fisch- und Tintenfischarten im Laufe ihrer Entwicklung komplexe Wandermuster zwischen Laich-, Aufzucht- und Nahrungsgründen auf, die bei manchen Arten recht weit voneinander entfernt liegen. Durch diese räumliche und zeitliche Trennung der verschiedenen Entwicklungsstadien verbinden diese Arten Nahrungsnetze in einem großen Gebiet miteinander, das von Südchile bis vor die Küste Brasiliens reicht. Die Wespentaillen-Arten sind somit in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien praktisch in der gesamten Region verfügbar für Meeressäuger, Pinguine und andere Seevögel.
Van der Grient betont jedoch, dass noch viel mehr Forschung erforderlich ist, um den Einfluss dieser Arten auf das gesamte marine Nahrungsnetz zu verstehen. «Wespentaillen-Arten zum Beispiel sind mobil und können als Reaktion auf Umweltveränderungen wandern oder sogar in andere Gebiete abwandern. Da sich der Planet verändert, ist es möglich, dass solche Veränderungen auch auf den Falklandinseln stattfinden.»
In der Studie haben van der Grient und ihre Kollegen mehrere Lücken im Verständnis des marinen Ökosystems der Falklandinseln identifiziert. Unter anderem fehlen Daten über die saisonale Häufigkeit, Verbreitung und Ernährung wichtiger Nahrungsnetzkomponenten, darunter verschiedene Krill- und Fischarten, der Flohkrebs Themisto gaudichaudii, Munida sp. sowie am Meeresboden lebende Wirbellose. Darüberhinaus fehlen Kenntnisse über die verschiedenen Lebensräume am Meeresboden, die wichtige Kinderstuben und Nahrungsgründe sind. Obwohl Arten von kommerziellem Interesse am besten erforscht sind, fehlen Kenntnisse über deren Reaktionen auf den Klimawandel weitgehend.
Abschließend stellen van der Grient und ihre Kollegen fest, dass die Reaktionen bedeutender Arten auf Umwelteinflüsse wie z.B. den Anstieg der Wassertemperatur kaum bekannt sind. Dies wäre jedoch wichtig für die Identifizierung möglicher Gewinner und Verlierer des Klimawandels.
Julia Hager, PolarJournal