Grönland mit Vertreterin im NATO-Hauptquartier | Polarjournal
Das neue Hauptquartier des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses in Brüssel wird bald um eine grönländische Vertreterin reicher sein, obwohl die Insel keine eigene Vertretung haben wird. Bild: NATO via Flickr

Schon seit längerem hat sich die grönländische Regierung für mehr Mitspracherecht bei der Verteidigung seines Gebietes ausgesprochen. Bis anhin liegt diese traditionell bei Dänemark. Gemeinsam hatten aber Nuuk und Kopenhagen vor einiger Zeit beschlossen, dass in Zukunft Entscheide in jede Richtung nur noch unter Einbezug Grönlands getroffen werden dürfen. Nun haben die beiden Regierungen eine wichtige Wahl in Sachen Sicherheitspolitik getroffen, was die NATO betrifft: Grönland schickt eine eigene Vertreterin.

Zur dänischen Vertretung beim Verteidigungsbündnis wird Lida Skifte Lennert dazustossen, wie die grönländische Regierung letzten Montag in einer Pressemitteilung bekanntgab. Sie wird mit den restlichen Abgesandten des Aussenministerium Dänemarks die Nato in der Sicherheitspolitik beraten und mit ihrer Expertise in Sachen arktischer Bedingungen dem Verteidigungsbündnis zur Seite stehen. Dabei soll sie, so die Regierung in Nuuk, auch grönländische Anliegen und die besonderen Bedingungen der Insel in der Nato vertreten. «Es ist auch wichtig, dass die Nato ihr Verständnis für die besonderen Bedingungen in unserer Region und unserer Gesellschaft verbessert und mit unseren Interessen, Werten und Prioritäten vertraut ist», schreibt die Regierung in ihrer Pressemitteilung.

Lida Skifte Lennert (51) hat einen ausgezeichneten Ruf in Sachen internationaler Beziehungen Grönlands und ist auch in Brüssel keine Unbekannte. Bild: Arctic Circle via Flickr

Die ausgewählte Vertreterin Lida Skifte Lennert ist in Brüssel keine Unbekannte. Denn die Juristin und Expertin in Fragen internationaler Beziehungen arbeitete bereits ab 2004 als Botschaftsassistentin und zwischen 2009 und 2016 Repräsentationsleiterin bei der grönländischen Vertretung in der belgischen Hauptstadt. Ausserdem war sie im Departement für Sicherheitspolitik des dänischen Aussenministeriums bei der Interessenvertretung des Landes in der Nato beschäftigt und leitete auch während fünf Jahren die grönländische Vertretung in Dänemark. Entsprechend freudig blickt sie ihrer neuen Aufgabe entgegen. «Dies ist eine äußerst spannende und herausfordernde Position und ich freue mich darauf, an der Arbeit mit den sicherheitspolitischen Herausforderungen mitzuwirken,» erklärt sie gegenüber der Zeitung Sermitisiaq.

Die Entsendung von Lida Skifte Lennert ins Nato-Hauptquartier ist eine Win-Win-Situation für alle drei Seiten. Für die Nato ist eine Expertin aus der Arktis eine wichtige Quelle, wenn es darum geht die Bedingungen im hohen Norden für eine adäquate Sicherheitspolitik richtig einschätzen zu können. Dies besonders im Hinblick auf die gegenwärtige geopolitische Lage. Denn seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine fokussiert das nordatlantische Verteidigungsbündnis seinen Blick besonders auf die nördlichen Grenzen.

Für Dänemark ist die Entsendung ein Gewinn, weil das Land damit seinen Anspruch als arktischer Partner innerhalb der Nato einmal mehr unterstreichen kann, gleichzeitig Grönland einen grossen Schritt entgegengekommen ist und trotzdem immer noch die Oberhoheit in Sachen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik behält. ««Die tägliche grönländische Stimme ist in der Zusammenarbeit der Ständigen Vertretung des Königreichs Dänemark bei der Nato sowohl eine Erweiterung als auch eine Stärkung der Verteidigung der arktischen Prioritäten des Königreichs innerhalb der Nato,» meint Lida Skifte Lennert.

Es ist daher wichtig, dass Grönland seinen Einblick in die sicherheitspolitische Entwicklung im hohen Norden und die Ausrichtung der NATO auf die Region verbessert

Vivian Motzfeldt, Aussenministerin Grönland

Und für Grönland ist mit der eigenen Vertreterin ein wichtiger Schritt getan, seinen besonderen Status im Verteidigungsbündnis zu verstärken. Denn gemäss der Regierung in Nuuk hat sich die Sicherheitslage seit dem 24. Februar 2022 auch für Grönland verändert. Noch mehr sogar mit dem Entscheid der UN-Schelfkommission, dem Anspruch Russlands auf das Gebiet bis zum Nordpol stattzugeben. Damit steht Russland praktisch an der grönländischen Türschwelle. «Für Grönland und Naalakkersuisut (die Regierung) wird diese Entwicklung in den kommenden Jahren immer wichtiger werden. Es ist daher wichtig, dass Grönland seinen Einblick in die sicherheitspolitische Entwicklung im hohen Norden und die Ausrichtung der NATO auf die Region verbessert,» sagt Grönlands Aussenministerin Vivian Motzfeldt.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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