In dieser antarktischen Region noch nie zuvor beobachtet bedeutet dies ein massiver Populationseinbruch für Vögel, die sich zu Hunderttausenden von Paaren in Kolonien zusammenfinden. Eine Reihe von Stürmen begrub die Nester unter Schnee oder hinderte die Vögel daran, ihren Brutzyklus abzuschließen.
Drei antarktische Seevogelarten, der Schneesturmvogel, der antarktische Sturmvogel und ihr Räuber, die McCormick-Raubmöwe, nisten 200 km landeinwärts des Königin-Mauf-Landes (Ostantarktis) in den Ausläufern des Svarthamaren- und des Jutulsessen-Gebirges. „Die Kolonien befinden sich in Buchten, die vor katabatischen Winden geschützt sind und zwei Drittel des Tages der Sonne zugewandt sind. Die beiden Sturmvogelarten fliegen regelmäßig zum Fressen aufs Meer und die Skuas fangen Eier und Küken der Sturmvögel, sie sind die lokalen Jäger“, erklärt uns der Ornithologe Sébastien Descamps.
Dieser berichtet in der Zeitschrift Current Biology am 13. März zusammen mit seinen Kollegen aus Frankreich, Norwegen und England über das massive Ausbleiben der Bruterfolge bei diesen Vögeln. Im Südsommer 2021-2022 fegte eine Reihe von Stürmen,darunter ein besonders starker, zwischen Mitte November und Dezember 2021 über die Brutgebiete hinweg. Die stärksten davon – Stärke 11 aufder Beaufort-Skala, die nur 12 Stufen hat – dauerten insgesamt zwischen 4 und 5 Tagen während dieses Zeitraums.
„Im Jahr 2022 waren es null Küken und das war ziemlich unglaublich. Wir hatten schon schlechte Brutjahre, wir hatten schon Stürme, aber nie derart heftige“, meint Sébastien Descamps. Der Ornithologe begann seine Karriere zwischen 1999 und 2001 auf den Crozet- und Kerguelen-Archipeln, bevor er zum Norwegischen Polarinstitut wechselte.
Norwegische Forschungsteams untersuchen Hunderttausende antarktische Sturmvogelpaare und Tausende Schneesturmvögel und einhundert Skuas. „Im Vorjahr hatten wir 20.000 Küken bei den Antarktissturmvögel, dieses Jahr haben wir drei gefunden. Bei den Skuas kein einziges und bei den Schneesturmvögeln waren nur 4 Prozent der Nester besetzt“, präzisiert der Ornithologe.
Alle drei Vogelarten sind ihrem Brutort absolut treu. „Es kommt auf jeden Kieselstein an“, fügt er hinzu, „Wenn sie eine Legesaison verpassen, ist das nicht schlimm, sie warten eifnach bis zum nächsten Jahr, wechseln aber nicht die Kolonie.“ Wenn aber solche Verschiebungen zu häufig vorkommen, sinkt die Zahl der Populationen und bedroht die Existenz der Art.
Die Teams trafen erst nach der Katastrophe am Ort des Geschehens ein. Während der Stürme waren die Forschungsteams in den Stationen. Sie konnten zwar die Stärke des Ausfalls dokumentieren, wissen aber nicht, ob die Vögel überhaupt Eier legen konnten oder ob die Jungen starben. Es gibt zwei Hypothesen, die einen solchen Ausfall erklären können. „Einerseits haben die starken Winde sie vielleicht geschwächt und sie haben zu viel Energie für die Aufrechterhaltung der Körperwärme verbraucht. Auf der anderen Seite hat die Schneeansammlung sie wahrscheinlich daran gehindert, zu den Nestern zu gelangen, da sie auf dem Boden nisten“, erklärt uns der Forscher.
Die Schneemenge ist schwer zu messen. Im Gegensatz zu Wasser, das durch eine Röhre fällt, sammelt sich der Schnee mit dem Wind. „Man kann an einer Stelle 4 Meter auf einmal haben und gleich daneben bei demselben Ereignis nichts“, ergänzt er. Der Wasserkreislauf in der Antarktis ist einer der aufstrebenden Forschungsschwerpunkte. „Das ist ein wichtiger Parameter, denn Schmelzwassereinbrüche können auch einen Teil der Küken ertränken“, verrät der Ornithologe.
„Ich war dieses Jahr (2023) wieder dort und die Vögel sind in ziemlich großer Zahl zurückgekehrt, nahe dem Normalniveau der letzten zehn Jahre. Zu Beginn der Saison gab es 80’000 Paare antarktischer Sturmvögel“, schlussfolgert der Ornithologe.
Camille Lin, PolarJournal
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