Mikroplastik in antarktischem Zooplankton gefunden | Polarjournal
In Antarktischem Krill wurden durchschnittlich 2,4 Mikroplastikpartikel pro Individuum nachgewiesen. Foto: Pete Lens, British Antarctic Survey

Im Südlichen Ozean fand ein Forscherinnenteam unter der Leitung des British Antarctic Survey Mikroplastik in zwei Arten von Zooplankton: in Antarktischem Krill (Euphausia superba) und in Salpen (Salpa thompsoni), gelatinöse wirbellose Organismen. Am häufigsten fanden die Forscherinnen Mikrofasern aus Nylon. Die Studie wurde heute in der Fachzeitschrift Royal Society Open Science veröffentlicht.

In früheren Untersuchungen wurde im Labor bereits nachgewiesen, dass Antarktischer Krill Mikroplastik (Plastikpartikel mit einer Größe von weniger als 5 Millimetern) aufnimmt. Die aktuelle Studie liefert nun den Beweis dafür, dass zwei der im Südlichen Ozean am häufigsten vorkommenden Zooplanktonarten, Krill und Salpen, in ihrem natürlichen Lebensraum Mikroplastik aufnehmen. 

«Wir haben die schädlichen Auswirkungen, die die Aufnahme von Plastik auf das antarktische Zooplankton haben kann, bereits im Labor gesehen. In dieser Studie zeigen wir, wie anfällig diese Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum für Plastik sind», sagt Dr. Emily Rowlands, Meeresbiologin beim British Antarctic Survey und Co-Autorin der Studie, in einer Pressemitteilung des BAS. «Die Forschung ist besonders wichtig, da sie die Laborexperimente unterstützt und neue Erkenntnisse über die Mengen und Arten von Kunststoffen liefert, denen Krill und Salpen im Südpolarmeer ausgesetzt sind.»

Die Proben für die Studie wurden nördlich von Coronation Island und nördlich von Südgeorgien gesammelt. Die Karte zeigt zudem die durchschnittlichen monatlichen Chlorophyll-Konzentrationen, also die Menge an Phytoplankton. Karte: Wilkie Johnston et al. 2023

Angesichts der Tatsache, dass Mikroplastik auch im Südlichen Ozean omnipräsent ist, von der Meeresoberfläche bis zum Meeresboden, sind die Ergebnisse kaum überraschend. Antarktischer Krill verwechselt die Mikroplastikpartikel wahrscheinlich mit seiner natürlichen Nahrung. Anders als Salpen selektiert Krill seine Nahrung, die zu einem großen Teil aus Diatomeen (Kieselalgen) besteht und in der Regel eine Größe zwischen 40 und 300 Mikrometern hat. Salpen hingegen sind nicht wählerisch und nehmen alles auf, was zwischen 1 und 1000 Mikrometer groß ist.

Die Forscherinnen wählten diese beiden Arten für ihre Untersuchungen, da sie eine entscheidende Rolle im Nahrungsnetz des Südlichen Ozeans spielen. Der Antarktische Krill ist die Hauptnahrungsquelle für Wale, Robben und Pinguine, während Salpen die Nahrungsgrundlage für einige Fische und größere Seevögel sind.

«Der Nachweis des Verzehrs von Mikroplastik bei zwei sehr häufig vorkommenden Arten im Südpolarmeer ist besorgniserregend. Diese beiden Arten sind ein wesentlicher Bestandteil des Ökosystems des Südlichen Ozeans, und wir wissen noch nicht genau, welche Auswirkungen Mikroplastik in dieser Umgebung hat», sagt Laura Wilkie Johnston, Meeresbiologin am BAS und Hauptautorin der Studie.

Die Forschungsexpeditionen während derer die Krill- und Salpenproben gesammelt wurden, liegen bereits einige Jahre zurück: Im Jahr 2016 vor der Nordspitze der Antarktischen Halbinsel und im Jahr 2018 in der Nähe von Südgeorgien. Die Forscherinnen fanden in beiden Arten Mikroplastikpartikel, wobei sie in Krill eine größere Anzahl Partikel pro Individuum nachwiesen. Juveniler Krill nahm im Vergleich zu fast erwachsenen Tieren knapp 80 Prozent mehr Partikel auf, was die Forscherinnen darauf zurückführen, dass junger Krill während Phytoplanktonblüten schneller frisst. 

Bei beiden Arten bestanden die extrahierten Mikroplastikpartikel zum größten Teil aus Mikrofasern. Etwa 60 Prozent des Krills und der Salpen enthielten Nylon (Polyamid), das in Kleidung, Fischereigeräten, Leinen und zur Verstärkung von Autoreifen verwendet wird. Weitere synthetische Polymere, die das Team identifizierte, waren chloriertes Polyethylen und Gummi. Alle gefundenen Polymere haben eine größere Dichte als Meerwasser und verbleiben für gewöhnlich nur kurze Zeit an der Oberfläche, was darauf hindeutet, dass sie eher von lokalen Quellen stammen.

Die Grafik zeigt die Anzahl der natürlichen (oben links) und synthetischen Partikel (oben rechts), die in Krill und Salpen gefunden wurden, sowie die Größe der extrahierten Mikroplastikpartikel in den beiden Arten (unten). Grafik: Wilkie Johnston et al. 2023

Abschließend schreiben die Autorinnen, dass ihre Ergebnisse unterstreichen, wie empfindlich das marine Ökosystem der Antarktis auf Plastikverschmutzung reagiert. Da die Nahrungsketten in der Antarktis sehr kurz sind, ist eine Weitergabe von Mikroplastik auf größere Raubtiere wie Wale, Robben, Pinguine und andere Seevögel sehr wahrscheinlich. Darüberhinaus könnte sich die Aufnahme von Mikroplastik durch Krill und Salpen negativ auf den Südlichen Ozean als eine der größten natürlichen Kohlenstoffsenken der Erde auswirken.

«Krill und Salpen sind nicht nur wichtige Nahrungsquellen im antarktischen Meeresökosystem, sondern spielen auch eine wichtige Rolle bei der Verlangsamung des Klimawandels. Der Südliche Ozean ist eine äußerst wichtige Kohlenstoffsenke, und diese Tiere spielen eine wesentliche Rolle bei der Übertragung von atmosphärischem CO2 in die Tiefsee. Wechselwirkungen mit Mikroplastik können die Menge an Kohlenstoff, die diese Organismen aufnehmen und in der Tiefsee binden können, beeinträchtigen», sagt Dr. Clara Manno, Meeresökologin am BAS und leitende Wissenschaftlerin des CUPIDO-Projekts. 

Julia Hager, PolarJournal

Beitragsbild: Wikipedia/Uwe Kils

Link zur Studie: Wilkie Johnston L, Bergami E, Rowlands E, Manno C. Organic or junk food? Microplastic contamination in Antarctic krill and salps. Royal Society Open Science, 2023. https://doi.org/10.1098/rsos.221421

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