Weltweit sind in Städten Museen in grosser Vielfalt anzutreffen, wie der Louvre in Paris, das Guggenheim Museum in New York und das Akropolis-Museum in Athen, nur um einige zu nennen. Einige davon zählen bis zu 2,8 Millionen (Louvre) Besucher.
Auch in der Antarktis ist gelegentlich Kunst anzutreffen. Die neuste Kunstinstallation der besonderen Art wurde bei der ukrainischen Vernadsky-Station errichtet. Ein alter nicht mehr benötigter Kraftstofftank musste dafür herhalten. Der Plan war das Erscheinungsbild und die Funktion des Kraftstofftanks neu zu erfinden, ihn in ein für Touristen attraktives Objekt zu verwandeln, das sich organisch in die antarktische Landschaft integriert.
Im November 2021 wurde das in Kiew ansässige Architekturbüro Balbek Bureau beauftragt, auf der ukrainischen Forschungsstation Vernadsky einen stillgelegten Kraftstofftank neu zu gestalten. Die vom «National Antarctic Research Center» mit Unterstützung der Einzelhandelskette Silpo in Auftrag gegebene Installation wurde als Attraktion für Touristen und als „Zuhause in der Ferne“ für Polarforscher konzipiert, die die Basis bewohnen. Der Auftrag erforderte eine unkomplizierte Montage, Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterbedingungen und eine sichere Koexistenz mit den 3’500 Pinguinen, die auf der Insel leben. Die Installation soll eine dauerhafte Einrichtung in der Landschaft sein, solange die Pinguine die Struktur weiterhin willkommen heissen.
Basierend auf einem zusammengesetzten Bild eines ländlichen ukrainischen Hauses entwarf das Bureau Balbek eine Installation, bei der sich ein filigraner Metallrahmen um den Tank wickelt. An den Aussenwänden des Tanks befindet sich eine Mini-Ausstellung mit Tafeln, die in Epoxidharz eingekapselte symbolische Erinnerungsstücke zeigen.
Am 28. Januar 2022 brach der ukrainische Eisbrecher «Noosfera» zusammen mit der Installation in Richtung Antarktis auf. Nach der Anlieferung an die Vernadsky-Station wurden die Teile eingelagert und nun, in den letzten Monaten, installiert. Zur Montage reiste der Architekt Slava Balbek und der für den Bau verantwortliche Dmytro Sinoviev mit zur Vernadsky-Station, um die Montage zu überwachen.
Bei der Planung der Installation mussten extreme Wetterbedingungen berücksichtigt werden. Die Hauptvoraussetzungen für den Bau sind Beständigkeit gegen niedrige Temperaturen von +5 bis -30 °C, starke Winde von bis zu 40 m/s und fast 300 Niederschlagstage pro Jahr.
Die Forschungsstation Vernadsky ist ein zweites Zuhause für die dort lebenden Polarforscher. Vor diesem Hintergrund schlugen die Architekten vor, eine Installation zu schaffen, die von einem typischen ukrainischen Haus inspiriert ist, eines, das mit Wärme, Komfort und Gemütlichkeit assoziiert wird. Für die Forscher ist es eine Erinnerung an die Heimat, für die rund 4’000 Touristen, welche Vernadsky jedes Jahr besuchen, soll es eine Inspiration sein, mehr über die Ukraine zu erfahren.
Neben den 12 Bewohnern der Station beherbergt die Insel mehr als 3’500 Pinguine. Die Installation musste sicher für die lokale Fauna sein, aber gleichzeitig robust genug, um den „Angriffen“ von Pinguinen standzuhalten, die gerne Teile der Station in Nester legen.
Auch das Thema Transport und Montage stellte eine Herausforderung dar. Die in Kiew hergestellte Installation sollte vor Ort ohne professionelle Ausrüstung und Bauunternehmen montiert werden, um die Umgebung so wenig wie möglich zu beeinflussen. Auch an die Wartung musste gedacht werden: Die Instandhaltung der Anlage, wie etwa das Entfernen von gefrorenem Schnee, sollte nicht zeitaufwändig sein. Die Anlange kann bei Bedarf beleuchtet werden, was aber in erster Linie während des Winters, wenn keine Pinguine dort sind und gestört werden, gilt. Denn besonders dann sollen sich die Stationsbewohner ihrer Heimat, gerade in diesen Zeiten, nahe fühlen.
Heiner Kubny, PolarJournal