Wie Eisfische einen klaren Blick behalten | Polarjournal
Der FischChionodraco hamatus gehört zur Gruppe der Eisfische, auch Nothothenoide genannt. Dabei ahndelt es sich um eine Gruppe von Fischen, die 95 % der Biomasse der Antarktis zwischen 0 und 3’000 m Tiefe ausmachen. Bild: Marrabbio2 / Wikimedia

Der Eisfisch Chionodraco hamatus hat die extreme Fähigkeit erworben, unter dem Eis zu sehen, und zwar mit einer lichtempfindlichen Netzhaut, die trotz der Kälte der Umgebung (-1,9 °C) Licht im nahen Infrarotbereich einfängt..

Unter dem Eis ist es sehr dunkel und sehr kalt. Gianni Castiglione von der Vanderbilt University und Belinda Chang von der University of Toronto untersuchten, wie gut Eisfische unter solchen Bedingungen Licht aufnehmen können, und veröffentlichten diesen Monat in Molecular Biological Evolution überraschende Ergebnisse über die Physiologie dieser kaltblütigen Tiere. Ihre Augen sind mit sogenannten Rhodopsin-Rezeptoren ausgestattet, die empfindlich auf Infrarotstrahlung reagieren. Sie sind aktiv, während ihr Stoffwechsel durch die extrem niedrigen Temperaturen verlangsamt wird.

Bereits mit Frostschutzproteinen ausgestattet sind die Zellen der Eisfische geschützt. Dies erklärt jedoch nicht die Fähigkeit der Rezeptoren, auf Licht zu reagieren. Belinda Chang arbeitet normalerweise an „allen möglichen Wirbeltieren, wie Walen, Fledermäusen, aber auch Eidechsen, Schlangen und Vögeln … wir arbeiten an evolutionären Fragen und versuchen zu verstehen, wie diese Tiere ihre Sehkraft in den verschiedenen Umgebungen, in denen sie leben, verbessern. Gianni, einer der brillantesten Doktoranden, mit denen ich gearbeitet habe, kam mit diesem tollen Projekt, sich mit Eisfischen zu beschäftigen“. Die Idee kam ihnen, „nachdem sie in Peru in den Seen auf dem Gipfel der Anden die visuellen Fähigkeiten von Fischen untersucht hatten, die unter vergleichbaren Bedingungen wie in der Antarktis lebten“, ergänzt Gianni Castiglione.

Bilder: Andrei Lomize / GM. Woodward

„Rhodopsin ist häufig. Man findet es bei vielen Tieren und in vielen Organen. Es handelt sich dabei um eine Proteinfamilie, die Rezeptoren zusammenfasst. Sie durchdringen die Zellmembranen und baden in einer Mischung aus Lipiden,“ erklärt uns Julien Bous, Strukturbiologe für Proteine am Karolinska-Institut in Schweden. „Das Rhodopsin kann je nach seiner Funktion verschiedene Signale empfangen, z. B. Hormone, kleine Moleküle oder Licht. Es dient als Vermittler zwischen dem Äußeren und dem Inneren der Zelle.“

Bei Eisfischen kleidet Rhodopsin den Augenhintergrund aus. „Weit hinten sind die lichtempfindlichen Zellen komplett mit diesen Rezeptoren gefüllt, praktisch bis zum Rand. Die Fische versuchen, so viel Licht wie möglich einzufangen“, fügt Belinda Chang hinzu. „Dieses Rhodopsin wird bei Licht aktiviert, wenn ein Vitamin-A-Derivat bei Kontakt mit Photonen seine Position ändert, ähnlich wie ein Schalter. Das ist eine der empfindlichsten Reaktionen in der Tierwelt.“

Die Mutationen, die es diesen Fischen ermöglichten, in kalter Dunkelheit zu sehen, sind auf „eine Strukturveränderung zurückzuführen, die die Stabilität des Proteins verringert hat und es in dieser sich im Zeitlupentempo ablaufenden Umgebung empfindlicher macht“, erklärt Gianni Castiglione.

Camille Lin, PolarJournal

Link zur Studie : Castiglione, G.M., Hauser, F.E., Van Nynatten, A., Chang, B.S.W., 2023. Adaptation of Antarctic Icefish Vision to Extreme Environments. Molecular Biology and Evolution 40, msad030. https://doi.org/10.1093/molbev/msad030.

Mehr zu diesem Thema :

Print Friendly, PDF & Email
error: Content is protected !!
Share This