Forschung vom Kajak aus: Expedition in Westgrönland | Polarjournal
Rund um Ilullissat wird Mike Keen wahrscheinlich Slalom um die zahlreichen Eisberge und -brocken paddeln müssen. Foto: Julia Hager

Der Engländer Mike Keen paddelt seit Ende April mit dem Kajak an der Küste Westgrönlands entlang. Ihn treibt nicht nur die Abenteuerlust an, sondern unter anderem auch der Wunsch, auf den Klimawandel in der Arktis aufmerksam zu machen. Gleichzeitig unterstützt er mehrere Forschungsprojekte.

Mike Keen — Koch, Kajakfahrer, Reisender und Abenteurer — ist vor wenigen Tagen zu einer ganz außergewöhnlichen Expedition aufgebrochen: Mit dem traditionellen grönländischen Fortbewegungsmittel, dem Kajak, wird er von Qaqortoq im Süden nach Qaanaaq (Thule) im Norden unterwegs sein. Ihm ist es wichtig, einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen. So möchte er nicht nur das Bewusstsein für den Klimawandel in der Arktis schärfen, sondern auch zu zwei wichtigen Forschungsprojekten beitragen.

Im Wesentlichen wird Mike Keen die Strecke von Qaqortoq nach Qaanaaq (Thule) allein im Kajak zurücklegen. Gelegentlich werden ihn jedoch Einheimische und bekannte Persönlichkeiten ein Stück begleiten. Karte: GoogleEarth

Die Verschmutzung der Ozeane mit Mikroplastik macht auch vor Grönland nicht halt und gefährdet die Nahrungsgrundlage der grönländischen Bevölkerung unmittelbar und damit auch ihre Gesundheit. Mike Keen wird für wissenschaftliche Untersuchungen Kotproben von Meeressäugern sammeln, die nach Nuuk und von dort aus zu verschiedenen Laboren geschickt werden zur Untersuchung der Mikroplastikbelastung der Tiere an der Spitze der Nahrungskette. So unterstützt er das Monitoring der Mikroplastikkonzentration entlang der Küste.

Sein Bestreben, den ökologischen Fußabdruck während dieser Expedition so gering wie möglich zu halten, spiegelt sich auch in seiner Ernährung wider. Als Koch bleibt Mike Keen seinem Grundsatz «Eat Your Environment», was soviel bedeutet wie «Ernähre dich von deiner Umwelt», auch während seiner Expedition treu. In Grönland stehen zum Beispiel fermentierte Eier von Eiderenten, Mattak (Walhaut und die darunter liegende Fettschicht) oder Kiviaq (traditionelles Wintergericht in Grönland: in Robbenhaut fermentierte Krabbentaucher) auf dem Speiseplan. Keen hat sich zum Ziel gesetzt, das Bewusstsein der Menschen dafür zu schärfen, wie unlogisch und zerstörerisch das derzeitige globale Ernährungssystem ist, so beschrieben auf seiner Webseite

Für den westlich geprägten Gaumen mögen die grönländischen Spezialitäten eine Herausforderung sein, aber kein Hindernis für Mike Keen. In diesem Video erklärt er, was Kiviaq ist, eine Spezialität aus Siorapaluk nördlich von Qaanaaq, und probiert natürlich einen der Krabbentaucher (in englischer Sprache, deutsche Untertitel verfügbar).

In dem zweiten Forschungsprojekt, zu dem Keen beiträgt, untersuchen Forschende das menschliche Darmmikrobiom. Ein Team von Mikrobiologen wird die Nahrung, die Keen zu sich nimmt, die darin enthaltenen Bakterien sowie Stuhlproben analysieren, um die Auswirkungen der Ernährung auf sein Darmmikrobiom, seine Physiologie sowie sein geistiges Wohlbefinden zu beleuchten. Unter anderem will das Forschungsteam ermitteln, wie sich eine überwiegend aus Fisch und Meeressäugern bestehende Ernährung auf den an westliche Kost gewöhnten Organismus auswirkt. Darüberhinaus soll untersucht werden, ob die Konzentration an Mikroplastik, Schadstoffen und Schwermetallen durch den nahezu ausschließlichen Verzehr von Meerestieren ansteigt.

Die 3.000 Kilometer lange Strecke will Keen innerhalb von zwei bis drei Monaten bewältigen, wobei Eisberge, Eisbären, Meereis, Wale, Wetter und Gezeiten sein Vorankommen maßgeblich bestimmen. Abgesehen von gelegentlichen Übernachtungen in Hütten oder bei Einheimischen, verbringt er die Nächte in der Wildnis im Zelt, nicht ohne diverse Vorsorgemaßnahmen gegen ungewollte Eisbärbegegnungen. 

Julia Hager, PolarJournal

Mike Keen’s Webseite:  https://www.mikekeen.co/ 

Mike Keen’s Instagram: https://www.instagram.com/mikekeencooks/ 

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